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Der Raecher

Titel: Der Raecher
Autoren: Frederick Forsyth
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nahm an, der Besitzer sei nach vorn gekommen, um sich zu erkundigen, wie weit sie schon seien. Der Lauf einer Pistole berührte seine Schläfe.
    »Sie sind Kapitän Stepanović, stimmt’s?«, fragte eine Stimme.
    Den Namen hatte er von Washington Lee, der die E-Mail aus Wichita abgefangen hatte.
    »Ich habe nichts gegen Sie persönlich«, sagte der Rächer. »Sie und Ihr Kollege tun nur Ihre Arbeit. Genau wie ich. Belassen wir es dabei. Profis machen keine Dummheiten, wenn es sich vermeiden lässt. Finden Sie nicht auch?«
    Der Kapitän nickte. Er versuchte, nach hinten in die Kabine zu spähen.
    »Ihr Chef und sein Gorilla sind entwaffnet und an einen Sessel gefesselt. Sie haben keine Hilfe zu erwarten. Tun Sie bitte, was ich Ihnen sage.«
    »Was wollen Sie?«
    »Ändern Sie den Kurs.« Er blickte auf die Bildschirme des Electronic Flight Instrument System direkt über den Leistungshebeln
für die Triebwerke. »Ich denke, drei-eins-fünf Grad Steuerkurs dürfte ungefähr hinkommen. Fliegen Sie dicht an der Ostspitze Kubas vorbei, da wir keinen Flugplan haben.«
    »Und wohin fliegen wir?«
    »Nach Key West, Florida.«
    »In die USA?«
    »Ins Land meiner Väter«, sagte der Mann mit der Pistole.

32
    Die Auslieferung
    D exter hatte sich die Route von San Martin nach Key West eingeprägt, doch das wäre gar nicht nötig gewesen. Die Bordelektronik der Hawker war so klar, dass selbst ein Laie von den Displays den gewünschten Kurs und den Flugweg ablesen konnte.
    Vierzig Minuten vor Erreichen der Küste sah er die verschwommenen Lichter von Grenada unter der Steuerbordtragfläche verschwinden. Dann ging es zwei Stunden nur über Wasser, ehe der Südostzipfel der Dominikanischen Republik auftauchte.
    Abermals zwei Stunden später, als die Maschine sich zwischen der kubanischen Küste und Andros, der größten Bahamainsel, befand, lehnte er sich vor und tippte dem Franzosen mit dem Lauf der Pistole ans Ohr.
    »Schalten Sie den Transponder ab.«
    Der Kopilot warf einen Seitenblick auf den Jugoslawen, doch der zuckte nur mit den Schultern und nickte. Der Kopilot gehorchte. Der Transponder hatte unablässig eine Identizifierungsnummer gesendet, und als er abgeschaltet wurde, war die Hawker nur noch ein Pünktchen auf dem Radarschirm, vorausgesetzt, man sah sehr genau hin. Für jeden, der das nicht tat, hatte sie aufgehört zu existieren. Doch das Abschalten des Transponders machte sie auch zu einem verdächtigen Eindringling.
    Die Luftabwehridentifizierungszone, die den Südosten der USA auch vor den ständigen Attacken der Drogenschmuggler schützen soll, reicht von Südflorida weit ins Meer hinaus. Wer ohne Flugplan in diese Zone eindringt, treibt ein Versteckspiel.

    »Gehen Sie auf vierhundert Fuß über Meer«, befahl Dexter. »Runter mit der Maschine, und zwar sofort. Schalten Sie alle Navigationslichter und die Kabinenbeleuchtung aus.«
    »Das ist sehr tief«, erwiderte der Pilot, während die Nase dreißigtausend Fuß nach unten ging. Die Lichter erloschen.
    »Stellen Sie sich einfach vor, das hier wäre die Adria. Sie machen so etwas ja nicht zum ersten Mal.«
    Das stimmte. Als Kampfpilot der jugoslawischen Luftwaffe hatte Oberst Stepanović in einer Höhe von weniger als vierhundert Fuß Übungsangriffe gegen die kroatische Küste geflogen, um unter dem Radar hindurchzuschlüpfen. Trotzdem hatte er Recht.
    Das mondhelle nächtliche Meer übt eine hypnotische Anziehung aus. Es kann den tief fliegenden Piloten immer näher locken, bis er die Wellenkämme touchiert und ins Wasser stürzt. Bei Flughöhen unter fünfhundert Fuß muss der Höhenmesser hundertprozentig genau sein und ständig im Auge behalten werden. Neunzig Meilen südöstlich von Islamorada erreichte die Hawker vierhundert Fuß und jagte über die Santarenrinne in Richtung Florida Keys. Legte man die letzten neunzig Meilen bis zur Küste auf Meereshöhe zurück, konnte man das Radar vielleicht narren.
    »Flughafen Key West, Landebahn zwei-sieben«, sagte Dexter. Er hatte die Lage des Flughafens genau studiert. Er erstreckte sich von Osten nach Westen, und eine Landebahn lag auf dieser Achse. Alle Passagier- und Betriebsgebäude befanden sich am Ostende. Wenn die Hawker in Richtung Westen landete, mussten die Einsatzfahrzeuge daher über die gesamte Rollbahn rasen, um zu ihr zu gelangen. Landebahn zwei-sieben stand für Kompassrichtung zweihundertsiebzig Grad, und das hieß, dass sie genau nach Westen zeigte.
    Fünfzig Meilen vor dem Ziel wurden sie
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