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Der Raecher

Titel: Der Raecher
Autoren: Frederick Forsyth
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über die Bäume.
    »Man hat mich in aller Frühe telefonisch geweckt und informiert. Seitdem bin ich hier und frage mich: Wie hat er es nur angestellt, dieser Rächer, dieser verfluchte Mistkerl?«
    McBride schwieg und behielt seine Sympathie für sich.

    »Der Mann ist nicht auf den Kopf gefallen, Kevin. Ich könnte es nicht ertragen, gegen einen Dummkopf den Kürzeren zu ziehen. Er ist cleverer, als ich ahnen konnte. War mir immer einen Schritt voraus... Er muss gewusst haben, dass er es mit mir zu tun hatte. Und das kann ihm nur ein Mann verraten haben. Und wissen Sie, wer, Kevin?«
    »Keine Ahnung, Paul.«
    »Ein frömmelnder Bastard vom FBI namens Colin Fleming. Aber selbst wenn er gewarnt war, wie hat er mich ausgetrickst? Er muss erraten haben, dass wir uns an die hiesige surinamesische Botschaft wenden würden. Deshalb hat er Professor Medvers Watson ins Spiel gebracht, den verschrobenen Schmetterlingssammler. Eine Fantasiegestalt. Und ein Lockvogel. Ich hätte den Braten riechen müssen, Kevin. Der Professor war nicht echt und sollte entdeckt werden. Vor zwei Tagen habe ich Nachricht von unseren Leuten in Surinam erhalten. Wissen Sie, was die sagen?«
    »Nein, Paul.«
    »Dass der Engländer Henry Nash sich sein Visum in Amsterdam besorgt hat. Nash, das war seine eigentliche Tarnung. An Amsterdam haben wir überhaupt nicht gedacht. Ein cleverer Hund. Medvers Watson ist eingereist und im Dschungel umgekommen. Wie geplant. Und wir haben sechs Tage gebraucht, um dahinter zu kommen, dass alles nur ein Schwindel war. Da war unser Mann längst drin und hat vom Berg aus die Hazienda beobachtet. Dann sind Sie hingeflogen.«
    »Aber ich habe ihn auch nicht erwischt, Paul.«
    »Nur weil dieser Idiot von einem Südafrikaner nicht auf Sie gehört hat. Natürlich sollte der chloroformierte Peon am Morgen entdeckt werden. Natürlich sollte Alarm geschlagen werden. Die Hunde mussten freigelassen werden, damit der dritte Trick funktionieren konnte. Wir sollten glauben, er habe einen Wachmann ermordet und seinen Platz eingenommen.«
    »Aber auch ich habe mich getäuscht, Paul. Ich glaubte wirklich,
ich hätte am Abend einen Wachmann zu viel auf das Grundstück der Villa laufen sehen. Offensichtlich ein Irrtum. Am Morgen wurden alle überprüft.«
    »Da war es bereits zu spät. Er hatte das Flugzeug entführt.«
    Devereaux wandte sich vom Fenster ab und trat zu seinem Stellvertreter. Er streckte die Hand aus.
    »Kevin, wir alle haben Fehler gemacht. Er hat gewonnen, ich habe verloren. Trotzdem danke ich Ihnen für Ihre Bemühungen und für alles, was Sie getan haben. Aber mit diesem Fleming, diesem Moralprediger, der ihn gewarnt hat, werde ich zu gegebener Zeit noch ein Hühnchen rupfen. Wir müssen jetzt wieder bei null anfangen. UBL läuft da draußen immer noch frei herum. Und plant Anschläge. Ich möchte das gesamte Team morgen um acht hier haben. Bei Kaffee und Gebäck. Wir sehen uns die CNN-Nachrichten an, danach halten wir eine längere Sitzung ab. Kritische Analyse und Zukunftsplanung. Wie machen wir weiter.«
    McBride wandte sich zum Gehen.
    »Wissen Sie«, sagte Devereaux, als er an der Tür war, »wenn ich in meinen dreißig Jahren bei der Firma eins gelernt habe, dann das: Es gibt gewisse Formen von Loyalität, von denen wir uns noch mehr leiten lassen als von unserem Pflichtgefühl.«

Epilog
    Die Loyalität
    K evin McBride ging den Flur hinunter und betrat die Toilette für das Führungspersonal. Er fühlte sich ausgelaugt. Die tagelange Reise, die Anspannung und der Schlafmangel hatten an seinen Kräften gezehrt.
    Er blickte in das müde Gesicht im Spiegel über dem Waschbecken und fragte sich, was Devereaux mit seiner letzten rätselhaften Bemerkung wohl gemeint hatte. Hätte das Projekt Peregrine geklappt? Wäre der saudische Terroristenchef darauf hereingefallen? Wären seine Gefolgsleute in zehn Tagen in Peshawar aufgetaucht? Hätten sie das entscheidende Telefonat geführt, das die mithörende NSA abgefangen hätte?
    Zu spät. Zilić würde nirgendwo mehr hingehen, außer in einen US-Gerichtssaal und von dort in ein Hochsicherheitsgefängnis. Was geschehen war, war nicht mehr zu ändern.
    Ein Dutzend Mal spritzte er sich Wasser ins Gesicht und betrachtete den Mann im Spiegel. Sechsundfünfzig, bald siebenundfünfzig. Ein Mann, der nach dreißig Dienstjahren Ende Dezember in Pension gehen sollte.
    Im Frühjahr würden Molly und er das tun, was er ihr schon vor langer Zeit versprochen hatte. Sohn und
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