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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise
Autoren: F.G. Klimmek
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erlegen, da er sich nun in einem Alter befand, in dem alle seine Glieder mehr und mehr ihre Gelenkigkeit verloren und sich zunehmend versteiften – bis auf das eine. Bei mir hingegen war es gottlob umgekehrt, sodass ich gegen die neue Bereicherung des bösmüllerschen Hausstandes verständlicherweise nichts einzuwenden hatte. Hinzu kam, dass mein kluger Friedbert sehr wohl fähig war, seine Lage treffend einzuschätzen, sodass seine neue Errungenschaft auch aus seiner Sicht eher dazu diente, seinen ehemaligen Geschäftsfreunden zu imponieren, als ihm im Winter auch nur den heißen Stein im Bett zu ersetzen.
    Was also soll ich noch lange erklären? Gott, das Schicksal oder die Natur – sucht es Euch aus, meine verständnisvollen Zuhörer – hat es so gewollt, dass sich mit Zenobia und mir zwei verwandte Seelen unter einem Dach gefunden hatten, die sich auch in anderer Hinsicht als der rein geistigen wunderbar ineinander fügten. Kann es ein segenbringenderes Arrangement geben als eines, das alle Beteiligten zufrieden stellt?
    Derartig tiefschürfende Betrachtungen beinahe philosophischer Nuanciertheit drückten mich so schwer, dass ich nicht die geringste Lust verspürte, mich aus meiner sitzenden Stellung zu erheben, und ich mich viel lieber wieder hingelegt hätte, als gen Wolbeck zu reiten, wo mein Herr und Meister gegenwärtig Quartier bezogen hatte. Um meinen Unmut zu vergrößern, musste es auch noch ausgerechnet Zenobia sein, die mich mühevoll auf die Beine zog und mich zur Eile antrieb, statt den Störenfried da draußen zu verjagen und sich wieder an meine Seite zu legen. Doch wie so oft hatte auch hier die Frau wieder den schärferen Sinn für die Realität, und so kam es, dass ich mich eine Viertelstunde später in voller Montur zwar schwankend, doch in korrekter Richtung sitzend auf meinem Pferd wiederfand und durch eine regenschwangere Nacht hinter dem Zerstörer meiner Träume herritt.

Der Auftrag
    In Wolbeck angekommen, war ich halbwegs ernüchtert. Das Schaukeln des Pferdes, das meinen Magen gezwungen hatte, zweimal für einen außerplanmäßigen Halt zu plädieren, um seine völlige Entleerung zu ermöglichen, und der mir ins Gesicht sprühende Regen hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. So war ich immerhin an Körper und Verstand so weit wiederhergestellt, dass ich die Nachricht verstehen konnte, die mir gleich, nachdem man unsere Pferde in den Stall geführt hatte, ein Gehilfe des geheimen fürstbischöflichen Waffenmeisters überbrachte. Ich kannte den Kerl, der mit brandfleckiger Lederschürze und schwarzen Fingern vor mir stand und mich in einer alpenländischen Mundart aufforderte, mich gleich nach meiner Audienz bei seiner Eminenz zu Sir Desmond zu verfügen.
    Sir Desmond Llewellyn, der nie zu schlafen schien, war davon besessen, immer ausgefeiltere und wirksamere Waffen zu ersinnen, was seinem Dienstherren nur recht sein konnte. Im Laufe der Zeit hatte er sich mir als treuer Freund erwiesen und unter anderem dafür gesorgt, dass mein Rapier sowie mein Dolch, die in der Art und Weise einer Damaszenerklinge angefertigt worden waren, beste Schmiedekunst repräsentierten. Anselm, der Bote, stammte aus Innsbruck, war gelernter Geschützgießer und tüftelte, soviel ich wusste, mit seinem Meister an einer neuen Legierung für kleinkalibrige, doch besonders durchschlagskräftige Falconette.
    Doch zuerst zum fetten Franz, der mir seinen Bischofsstab über den Buckel hauen würde, ließe ich ihn auch nur eine Sekunde länger warten als unbedingt nötig.
    Die Wachen kannten mich und wussten, was ich mir selbstbewusst zugute halte, um meine Bedeutung. Daher ließen sie mich wortlos passieren. Auch der eine oder andere Lakai, der mir auf der Treppe und den Gängen entgegenkam, zog lieber den Kopf zwischen die Schultern und tat, als hätte er niemanden gesehen. Nun, ich kannte unseren hohen Herrscher lange genug, um zu wissen, was ein solches Verhalten seiner Bediensteten zu bedeuten hatte. So hörte ich sein wütendes Gegröle denn auch lange, bevor ich mich dem großen Saal näherte. Eine andere Stimme, die in kläglichem Tonfall versuchte, ihm das Widerspiel zu halten, war chancenlos.
    »Nein und nochmals nein! Es wird auch weiterhin auf meine Weise und von meinen Männern erledigt. Ich brauche deine so überaus kundigen Leute nicht. Ich verzichte auf deinen idiotischen gepanzerten Kasten, der uns alle Gauner dieses Landes auf den Hals locken würde. – Und jetzt verschwinde und lass mich mit meinem
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