Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise
Autoren: F.G. Klimmek
Vom Netzwerk:
Ihnen zu überlassen.
    In diesem Sinne hoffe ich, es mögen Ihnen alle Figuren und Wendungen des Geschehens so plastisch vor Augen erscheinen, dass eine Vermengung von Fakten und Fiktionen jedenfalls diesem, von Frederik angestrebten Ziel dient, nämlich für Spannung und Unterhaltung zu sorgen.
    Noch mehr hoffe ich aber, dass mir alle Historiker verzeihen mögen.
    Ihr F.G. Klimmek

I. PROLOG
(1532)

Im schwarzen Kapaun
    Man schrieb das Jahr des Herrn 1532 und große Ereignisse warfen ihre Schatten voraus. Aber das interessierte die Fliege nicht. Sie tupfte zum zwölften Male gegen die Fensterscheibe, ohne zu begreifen, dass hier ein unsichtbares Hindernis existierte. Sie flog zurück in den Schankraum, holte in abrupten, eckigen Schlaufen Schwung und tickte in ihrem erneuten Anlauf so vehement vor diese Undurchdringlichkeit aus Nichts, dass es sie benommen abtropfen ließ. Mehr tot als lebendig landete sie im Weinbecher des Mannes, der den blank gescheuerten Holztisch direkt ans Fenster gerückt hatte, um die Straße vor dem
Schwarzen Kapaun
besser übersehen zu können.
    Der Mann trug die in gedeckten Farben gehaltene, unauffällige Kleidung eines reisenden Kaufmanns. Er hatte sich versonnen über seinen Becher gebeugt und redete mehr zu sich selbst als zu seinem Gegenüber, den er dabei anzusehen vermied.
    »Ihr ladet eine schwere Last auf meine schmalen Schultern, Exzellenz. Ich bin nicht sicher, ob ich sie zu tragen vermag. Die Dinge ändern sich in einer Geschwindigkeit wie nie zuvor. Wenn ich Euren Wünschen folge, riskiere ich ...«
    Weiter kam er nicht, weil er vom donnernden Gelächter seines Gesprächspartners unterbrochen wurde. »Du riskierst zu versäumen, ein reicher Mann zu werden. Wenn du dich nur halbwegs geschickt anstellt, Herr Weltveränderer von eigenen Gnaden, ist dein Risiko nicht größer als das eines Bauern, der von seinem Weib mit der Magd erwischt wird. Ein paar Unannehmlichkeiten, gewiss. Na und? Wenn du dagegen in deinen wahren Absichten unerkannt bleibst, was die viel größere Chance ist, bist du für den Rest deiner Tage ein gemachter Mann, selbst wenn du es auf hundert Jahre bringst. – Sei kein Idiot! Ich mache dir das Angebot deines Lebens. Entscheide dich!«
    Er spürte, dass sein Gegenüber sein Zaudern richtig gedeutet hatte und deshalb seine Antwort im Keim erstickte.
    »Nein, keine Bedenkzeit, entscheide dich jetzt und hier! Ich werde nicht noch einmal in ein solche Posse einwilligen und mich hier zum Narren machen.«
    Natürlich hatte der Mächtige Recht. Ein solches Treffen zu wiederholen, würde die Gefahr einer Entdeckung unvertretbar vergrößern. Außerdem wurde ihm bewusst, in welch hohem Maße ihm sein Gegenüber für diese Unterredung entgegengekommen war. Er hatte sich gleichfalls wie ein bürgerlicher Reisender ausstaffiert, in braun-grünem Tuch ohne sonderlichen Zierrat. Dabei wäre es für ihn üblich gewesen wäre, ein seidenes Wams über feinster Brüsseler Spitze zu tragen, darüber goldene Ketten und an der Hand Ringe mit Edelsteinen in der Größe von Taubeneiern.
    Ein Blick aus dem Fenster überzeugte ihn, dass es hier sicher und die Situation bestens aufbereitet war. Vor dem Eingang der Schenke sah er zwei der vier Männer, die sein Gesprächspartner mitgebracht hatte. Alle hatten auf ihre einheitliche Livree verzichtet und sich wie die Knechte eines gut situierten Handelsherren gekleidet. Der dritte würde die Rückseite des Hauses im Auge behalten, der vierte oben an der Wegbiegung die Straße nach beiden Seiten beobachten. Sie waren vor einem überraschenden Zugriff des Feindes geschützt. Außerdem handelte es sich bei ihren Begleitern sämtlich um Elitekämpfer, die es leicht mit einer dreifachen Übermacht marodierender Landsknechte aufnehmen konnten – von Relikten versprengter Bauernhaufen, die sich in der ungewohnten Kunst der Wegelagerei versuchten, ganz zu schweigen. Hinzu kam seine Überzeugung, dass sich noch etliche Männer in der Nähe verborgen hielten, die er nicht zu Gesicht bekommen hatte.
    In Gedanken tauchte er einen Finger in den Roten und hob vorsichtig die durch den Anprall und den anschließenden unverhofften Weingenuss beduselte Fliege aus dem Becher. Welches Risiko lief er tatsächlich, wenn er sich auf den Handel mit Seiner Exzellenz einließ? Ging alles nach Plan, würde er bis zu seinem dann hoffentlich friedlichen Tode im Geld schwimmen. Sollten dagegen diejenigen gewinnen, auf deren Seite er sich offiziell zu schlagen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher