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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise
Autoren: F.G. Klimmek
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guten Frederik allein, der mehr Verstand hat als alle meine ach so schlauen Ratgeber zusammen.«
    Nun, solche Worte hätten sicherlich mein Herz erwärmt, wüsste ich nicht ganz genau, wie schnell die Gunst dieses wankelmütigen Heuchlers umschlagen konnte. Deshalb, meine lernbegierigen Freunde, denkt beständig an den Rat Eures alten Frederik, solltet Ihr es dereinst mit den wirklich Mächtigen zu tun bekommen: Vertraut niemals darauf, dass deren Wohlwollen von Dauer ist, denn ihre Zuneigung versickert schon aus nichtigem Anlass schneller als Wasser im Wüstensand!
    Wie viel Weisheit in meinem Rat steckte, bekam jetzt und hier der Herr Cornelis Wullenweber zu spüren, seines Zeichens Berater des Bischofs und Inhaber verschiedener anderer Funktionen, die außer dem fetten Franz und ihm selber niemandem so ganz genau bekannt waren. Während der so Abgekanzelte wie ein geprügelter Hund grußlos an mir vorüberschlich, wurde mir wieder einmal bewusst, wie beschwerlich es ist und welche Mühen es braucht, an die Tafel der Großen geladen zu werden, und wie schnell man mit einem saftigen Arschtritt von dort wieder verjagt werden kann.
    Franz, angetan mit einem brokatenen Mantel, unter dem noch der Saum seines Nachthemdes hervorlugte, drückte mich kurz an seine Brust, schob mich auf einen breiten, handgeschnitzten Stuhl und versorgte mich eigenhändig mit einer Karaffe Wein und einer Silberplatte mit kaltem Braten. Hillink war ihm nur ein leichtes Nicken und einen huldvollen Wink wert, mit dem er ihm bedeutete, er möge sich selbst bedienen. Wir waren die einzigen Menschen im Saal. Da konnte ich mir ausmalen, wie wichtig die Angelegenheit war, wegen der man mich aus dem Bett geholt hatte.
    »Iss, mein guter Frederik, iss und trink. Und dann rette mich, wie du es gerade wieder so trefflich in Maastricht verstanden hast. – Manchmal glaube ich, du bist der einzige Mensch auf dieser weiten Welt, dem ich noch vertrauen kann.«
    Ich kannte diese zwiespältige, larmoyant überschwängliche Stimmung bei ihm. Gebt mir nur eine Minute und ich zähle Euch an die zwanzig Menschen auf, zu denen der dicke Komödiant schon so gesprochen hat. Drei von ihnen leben nicht mehr, weil Franz entsprechende Order gegeben hatte. Und das waren Leuten, denen mein Herr ursprünglich sehr zugetan war.
    Doch was hatte ich für eine Wahl? Immerhin tat der Braten meinem leeren Magen wohl und auch ein vorsichtiger Schluck wurde von meinen Innereien bereits wieder dankbar angenommen. Verschwinden konnte ich ohnehin nicht, also machte ich das Beste aus meiner Lage, hielt den Mund und hörte zu. Trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass meine Gedanken abschweiften zu den noch ärmeren Kreaturen, die Franz von Anfang an gehasst hatte.
    Ich dachte da zum Beispiel an den aufrechten Syndikus Johann von der Wieck, einen immer um den vernünftigen Ausgleich bemühten Mann, den ich zwei- oder dreimal getroffen und der mir jedes Mal ein freundliches Wort gegönnt hatte. Es war sein Fehler, um Verständnis für die Position der Protestanten wie auch der Wiedertäufer zu werben und sich dadurch den Bischof zu seinem Todfeind zu machen. Also ließ er den armen Kerl festnehmen und in Fürstenau unter die Aufsicht seines Drostes Bernhard Moring stellen, der selber dem Syndikus durchaus nicht feindselig gegenüberstand. Im Gegenteil, sie spielten gerade Schach, als eine Delegation Franzens eintraf. Ein Bote mit der Nachricht, dass von der Wieck sofort zu enthaupten sei, ein Henker für die blutige Tat und ein Priester für das übliche Bejammern. Da halfen dem guten Syndikus alle seine Erfahrungen im Disputieren nichts, sein Begehren eines ordentlichen Gerichts, seine Vorwürfe, man würde ihn heimlich töten. Der getreue Moring, mit dem ich um nichts hätte tauschen mögen, musste das Urteil vollstrecken lassen. Doch unter uns, noch um viel weniger hätte ich mit von der Wieck getauscht. Ich bewunderte ihn dafür, dass er die »Hilfe« des Priesters zurückwies. Allein, was nützte es? Seine Leiche wurde vor der Burgmauer verscharrt.
    »Dann also, brich so schnell wie möglich nach Crange auf und finde heraus, was es auf sich hat mit der Ermordung meines bemitleidenswerten Boten. Finde den Schweinehund, der das getan hat, und finde auch das Schreiben und das Geld.«
    »Den Schweinehund und das ... ja ja, ich werde alles finden.« Die Gedanken an den unglücklichen Syndikus hatten mich so bewegt, dass ich Franz nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit gefolgt war. Aber
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