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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise
Autoren: F.G. Klimmek
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treffen.
    Dem Dicken war es gelungen, dem Kölner Erzbischof ein weiteres Darlehen von fünfzehntausend Gulden abzuschwatzen, auf das sofort eine Anzahlung von zweitausend gezahlt werden sollte. Diese wollte Franz für den noch wankelmütigen Teil seiner Landsknechte als zusätzliche Prämie so schnell wie möglich heranschaffen lassen. Deshalb verzichtete er auf eine große Bedeckung und schickte nur einen einzelnen, vertrauenswürdigen Mann, Conrad Harteveldt, in der Hoffnung, niemand würde bei einem einsamen Reiter einen derartigen Schatz vermuten. Die Idee war gut, aber Conrad kam von Köln nur bis Crange, einem Dörfchen an der Emscher, das für seinen Pferdemarkt bekannt war. Weil Conrads Pferd lahmte, wollte er sich dort Ersatz beschaffen, und da wegen der verlorenen Zeit der Weg in Richtung Münster nicht mehr zu machen war, entschloss er sich, in der sicheren Burg am Ort zu übernachten. Auch diese Überlegung war grundsätzlich nicht schlecht, doch sollte sich bald zeigen, dass alle klugen Gedanken hier nur zu seinem Tod führten.
    Als Conrad nämlich am nächsten Morgen nicht zur Morgentafel erschien und der Graf von Crange eine Dienerin in seine Kammer schickte, um ihn aufzuwecken, fand diese den armen Kurier nackt und tot in seinem Bett. Woran er gestorben war, ließ sich nicht erkennen.
    Das waren die Tatsachen, die man Franz gemeldet hatte. Von irgendwelchen Gulden, Papieren oder sonstigen Sachen wusste der Bote nichts zu berichten.
    So war es nur logisch, dass ich ins Spiel kam, der beste Agent seiner fürstbischöflichen Majestät.
    »Das alles hat Franz in der kurzen Zeit erzählt?« Von der Wieck und sein Schicksal mussten mich mehr abgelenkt haben, als mir aufgegangen war.
    Hillink, den das Reiten so wenig anstrengte, dass er dabei noch hätte essen, trinken und pinkeln können – was er auch gelegentlich tat –, musste grinsen. »Er hatte mir das Wesentliche bereits mit auf den Weg gegeben, als er nach dir schickte. Dann kam ihm plötzlich in den Sinn, dass er dich doch noch persönlich instruieren wollte.«
    Egal, wir hatten einen weiten Ritt vor uns und mir blieb ausreichend Gelegenheit, die Sache zu erwägen. Dabei wurde mir relativ schnell klar, dass ich ohne genauere Kenntnis von den Umständen von Conrads Tod, von dem, was er zuvor getan hatte, und vom Zustand seiner Leiche nur müßige Gedanken anstellen würde. Aber schon jetzt beunruhigte mich eine Idee, die zu nebulös war, als dass ich sie in eine Frage hätte kleiden können.
    Erst, als gegen Mittag die Dächer von Haus Crange in der Ferne über den Baumwipfeln erschienen, wusste ich, was es war, das mir die ganze Zeit durch den Kopf schwirrte, ohne dass ich es fassen konnte. Eine Unstimmigkeit in den Worten des Bischofs, die ich mehr spürte als kannte. Jetzt plötzlich kam mir die Erleuchtung. Wenn Franz nicht wusste, auf welche Weise Conrad gestorben war, wie konnte er bereits jetzt so sicher sein, dass man ihn ermordet hatte?

Tod in Crange
    Ich hatte schon imposantere Wehranlagen gesehen, trotzdem überragte die Burg die umliegenden Hütten und Gehöfte bei weitem. Als wir auf der hölzernen Brücke die Emscher überquerten und mein Begleiter in der Vorfreude auf ein warmes Bad endlich mit seinem Gezeter über den miesen Zustand der Wege und die nasse Kälte nachließ, lief uns ein Mädchen über die matschige Wiese, in der sich erste Spuren von frischem Grün zeigten, entgegen. Die Kleine mochte vielleicht zehn Jahre alt sein und war mit ihrem blonden Haar und den strahlend blauen Augen eine sonnige Erscheinung in diesen trüben Zeiten. Ich lächelte das Kind an, dessen Gesicht jedoch merkwürdig ernst blieb.
    »Seid Ihr die Abgesandten des Bischofs? Die Leute haben davon gesprochen, dass Ihr wegen des toten Mannes kommt. Könnt Ihr seinen Tod aufklären?«
    Mein Lächeln verstärkte sich. »Wir werden sehen.«
    »Könnt Ihr dann auch herausfinden, wer mein Horn kaputt gemacht hat?«
    Wir hatten unsere Pferde in langsamen Schritt fallen lassen und das zutrauliche Mädchen ging neben uns her.
    »Was meinst du damit? Hat jemand dein Instrument zerstört?«
    »Kein Instrument, mein echtes Horn. Und jetzt verdorren die Blumen.«
    Mein echtes Horn, verdorrte Blumen? Die Kleine schien nicht ganz richtig im Kopf zu sein. Schade, dabei hatte sie ein so kluges Gesicht. Ich wollte sie nicht verletzen und sagte deshalb: »Ich werde versuchen, mich darum ebenfalls zu kümmern.«
    Jetzt lächelte auch sie. »Das ist schön. Dann werden
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