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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder
Autoren: Andreas Föhr
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gewesen. Rot und einsam flackerte und tanzte es im dunklen Wald. Eine Täuschung, hätte er sich unter anderen Umständen gesagt. Nichts, weswegen er an einem kalten Januarmorgen um den ganzen Spitzingsee gelaufen wäre. Doch das kleine, rote Irrlicht war Wallner erschienen wie … nun, Wallner war nicht sehr gläubig, aber ihm war, als flackere dort eine einsame Seele. Und es war ihm weiter, als sei es die Seele des toten Mädchens, die da einen elfenhaften, traurigen Tanz vollführte. Wallner hatte sich die Augen gerieben und heftig den Kopf geschüttelt. Dann hatte er sich zwei Hände voll Schnee ins Gesicht gepackt und abermals zum Wald hinübergeschaut. Das Licht war jetzt verschwunden, und Wallner sagte sich, dass er sich in Acht nehmen müsse, dass ihm seine Müdigkeit keine Streiche spiele. Ihm ruhelose Seelen vorgaukele, wo in Wirklichkeit nichts war. Nur ein ungeklärter Mord. Wallner betrachtete Mike und seine Männer, die über den See zogen. Und da war es wieder aufgetaucht, das rote Seelenlichtlein.
     
    Wallner kämpfte sich durch den verschneiten Wald und versank bald knöcheltief, bald bis übers Knie im lockeren Schnee. Von fern hörte er Männerstimmen, aufgeregt durcheinanderschreiend, dazwischen Mikes Anweisungen, wie man den jungen Kollegen aus dem Eis zu befreien habe; mit scharfem Ton verlangte er nach einer Wärmedecke, und nach dem Gerichtsmedizinfritzen solle man schicken, dass er sich das Schlamassel mal ansehe, nicht dass sich der junge Kollege noch wichtige Teile abfriere, bevor er seinen Glühwein auszutun die Gelegenheit habe. Wallner wandte sich vom Ufer ab, und die Stimmen wurden leiser. Immer mühsamer wurde der Weg durch den tiefen Schnee. Aber Wallner war sich seines Weges sicher. Hier hatte er das rote Lichtlein tanzen sehen. Es konnte nicht weit sein. Wallner war außer Atem geraten, halb vor Anstrengung, halb in erregter Erwartung dessen, was er antreffen würde. An einer umgestürzten Fichte blieb er stehen, blickte um sich. Es war dunkler geworden. Bleigraue Wolken hatten die Sonne verdeckt. Obwohl noch früh am Tag, herrschte mit einem Mal Dämmerstimmung. Die Kondenswolken aus dem eigenem Mund vernebelten Wallner den Blick. Als sie sich verzogen, sah Wallner hinter einer schneebedeckten Bodenwelle etwas Dreieckiges hervorragen. Wallner ging näher heran. Es war ein Holzdach, sehr klein. Von Traufseite zu Traufseite vielleicht einen Meter messend. Und recht viel mehr erhob es sich auch nicht über den Boden. Wallner beschleunigte seinen Schritt, rannte die letzten Meter. Schließlich stand er vor dem kleinen Dach, das ihm bei näherem Ansehen ein durchaus vertrauter Anblick war. Jetzt konnte er erkennen, was es war – das rote Licht. Nichts Ungewöhnliches. Doch was er über dem roten Lichtlein sah, raubte Wallner den Atem.

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    4 . Kapitel
    D ie Sonne stand schon tief. Es war gegen halb fünf. Peter sah im Westen Wolken aufziehen. Aber der Westen ist weit, wenn man auf einem Zweitausender sitzt. Den ganzen Tag über hatte der Föhn den Alpenhauptkamm in Sonne und laue Winde gehüllt. Selbst jetzt war es noch warm. Peter blickte auf seine Skischuhe, an denen der Schnee sich zum größten Teil in Wasser verwandelt hatte, das in kleinen Bächen zwischen den Schnallen abfloss. Er nahm einen Schluck aus der Thermoskanne und reichte sie an das Mädchen weiter. Lisa saß zwei Meter weiter auf einem Stein. Sie war blond und hatte die Haare zu zwei Zöpfen geflochten und die Zöpfe um den Kopf gewunden. Die Strahlen der Nachmittagssonne verzauberten ihr Gesicht, brachten ihre blauen Augen mit dem dunkelblauen Ring um die Iris zum Leuchten und machten jede einzelne Sommersprosse auf ihrer Nase sichtbar. Sie war fünfzehn und lächelte. Sie lächelte erschöpft und jung, und das Herz wurde ihm schwer vor Glück.
     
    »Schade, dass Mama nicht Ski fährt«, sagte Lisa und nahm einen Schluck aus der Thermoskanne.
    »Ja, schade«, sagte Peter.
    »Wir erzählen’s ihr besser nicht, wie?« In Lisas Blick lag Sorge.
    »Na, wir erzählen’s ihr schon. Also im Wesentlichen.« Lisa sah ihn an, und ein schelmisches Lächeln spielte um ihre Lippen. Ein paar Sommersprossen auf der Nase verschwanden in kleinen Falten.
    »Wir waren Skifahren. Das reicht ja.«
    »Warum will Mama eigentlich nicht, dass ich Touren gehe?«
    »Sie fährt nicht Ski. Deswegen weiß sie nicht, wie das ist, wenn man Touren geht. Und weil sie’s nicht kennt, macht es ihr Angst. In den Nachrichten bringen sie ja
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