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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder
Autoren: Andreas Föhr
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Das Zillertal lag zu ihren Füßen.
    Peter betrachtete Lisa, wie sie in sich versunken den Reißverschluss ihres Anoraks hochzog. Er fragte sich, wie oft sie noch eine Skiwoche miteinander verbringen würden. In ein oder zwei Jahren würde Lisa einen festen Freund haben oder lieber mit ihrer Clique verreisen. Noch ein paar Jahre später würde sie heiraten. Peter hoffte, dass Lisa einen Mann fände, den er mochte. Einer, mit dem man Ski fahren und ein paar vernünftige Sätze wechseln könnte. Auf ihrer Hochzeit würde Peter den Brautwalzer mit Lisa tanzen. Ganz altmodisch. Aber sie würde das so wollen.
    »Was ist los? Du siehst mich so komisch an.« Lisa lächelte unsicher.
    »Nichts. Ich war in Gedanken.«
    Peter genoss noch einmal den Panoramablick. Im Südwesten konnten sie bis zum Ortler sehen, der schon in Südtirol war. Im Osten leuchteten rosa Großglockner und Großvenediger, im Norden begrenzten die schroffen Felsformationen des Karwendel den Horizont. Sie hatten eineinhalb Stunden Zeit, bevor es dunkel wurde. Das war mehr als genug, um ins Tal abzufahren. Lawinen waren nicht zu befürchten. Es hatte seit über einer Woche nicht geschneit. Was Peter etwas Sorge bereitete, war der feste Schnee. Lisa war keine erfahrene Tiefschneefahrerin. Aber sie war sportlich und hatte Kraft.
    Peter packte die Felle in den Tourenrucksack und verstaute die Thermosflasche. Schließlich stieg er in seine Bindung und kontrollierte noch einmal, ob auch Lisa richtig in der Bindung stand.
    »Und? Bist du fit?«
    »Klar«, sagte Lisa und fuhr ein paar Meter ab, bis sie den Einstieg in den ersten Hang erreichte. Er war relativ steil, wurde aber nach unten zu flacher.
    »Du brauchst ein bisschen Geschwindigkeit, sonst kriegst du die Skier nicht rum. Der Schnee ist ziemlich schwer.«
    Lisa betrachtete mit ernstem Gesicht den unter ihr liegenden Hang und nickte.
    »Also fahr schräg rein. Aber nicht zu schräg. Ich fahr vor. Versuch, ungefähr meiner Spur zu folgen.«
    »Okay.«
    Peter merkte, dass Lisa Respekt hatte vor dem Hang. Vielleicht auch Angst. Sie waren bislang erst zweimal auf einer Skitour gewesen. Aber das war in flacherem Gelände gewesen, in leichtem Pulver. Das hier war anspruchsvoller.
     
    »Wenn’s nicht geht, dann einfach traversieren, anhalten, umdrehen und weiterfahren. Unten wird’s dann leichter.«
    »Das geht schon«, sagte Lisa und biss sich auf die Oberlippe. Peter überlegte, ob er noch etwas zu ihrer Beruhigung sagen sollte, entschied sich dann aber loszufahren. Wenn Lisa tatsächlich Probleme haben würde beim Abfahren, dann könnte die Zeit, entgegen seiner ursprünglichen Berechnung, knapp werden.
    Peter fuhr vorsichtig in den Hang, wobei er gründlich überlegte, welchen Einfahrtswinkel er Lisa zumuten konnte. Schon auf den ersten Metern spürte Peter, dass der Schnee fester war, als er angenommen hatte. Er zog ein paar weite Bögen. Doch das fiel selbst ihm nicht leicht. Auf halber Höhe des Hangs blieb er stehen.
    »Sei vorsichtig! Der Schnee ist ziemlich fest!«, rief er zu Lisa hoch. Lisa zögerte, studierte den Hang, rutschte ein paar Meter ab, bevor sie sich entschloss loszufahren. Sie begann sehr flach, doch nach einer kleinen Kuppe wurde ihre Bahn steiler. Sie legte das Gewicht nach hinten. Dadurch gewann sie an Fahrt. Das erlaubte es ihr, einen großen Bogen zu fahren. Aber Peter sah, dass sie die Skier kaum noch unter Kontrolle hatte.
    »Nicht so schnell, Lisa! Gewicht nach vorne!«
    Doch Lisa hörte ihn nicht mehr. Oder sie hörte ihn, konnte seinen Rat aber nicht mehr befolgen, weil jetzt Skier und Schwerkraft das Kommando übernommen hatten. Kurz darauf flog sie an Peter vorbei. Er sah die Angst in ihrem Gesicht.
    »Halt an! Lass dich fallen!«, schrie er ihr hinterher. Aber Lisa schoss jetzt fast senkrecht Richtung Tal. Es gelang ihr noch mit großer Kraftanstrengung, ihren Skiern eine Linkskurve aufzuzwingen. Doch dadurch raste sie jetzt auf eine Felskante zu. Peter stand paralysiert im Hang und starrte auf das kleiner werdende Mädchen, das sich mit unverminderter Geschwindigkeit der Kante näherte. Nur noch wenige Meter trennten Lisa vom Abgrund. Endlich ließ sie sich fallen. Nasser Schnee wirbelte auf. Die Skier wurden ihr von den Füßen gerissen und flogen durch die Luft. Lisa wurde – wenn auch abgebremst – weiter auf den Abgrund zugeschleudert. Peter betete, dass sie rechtzeitig anhalten möge. Doch ihre Geschwindigkeit war zu groß. Plötzlich war sie hinter der
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