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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder
Autoren: Andreas Föhr
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Felskante verschwunden. Peter blickte fassungslos nach unten. Kurz darauf hörte er zeitversetzt Lisas Schrei. Dann Stille.

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    5 . Kapitel
    D ie Flamme flackerte in einem durchsichtigen roten Plastikbecher, der die Kerze vor Wind schützte. Ein Totenlicht wie zu Allerheiligen. Das Licht war an einem kleinen, überdachten Kruzifix angebracht – einem Marterl. Diese Holzkreuze wurden gewöhnlich im Gedenken an einen geliebten Menschen aufgestellt, der den Tod im Straßenverkehr gefunden hatte. Am Berg auch manchmal für einen, der nicht wiedergekommen war. Abgestürzt, vom Blitz erschlagen. Auch der ein oder andere Holzfäller war darunter, denn die Holzfällerei war kein ungefährliches Gewerbe. Das Kreuz, vor dem Wallner stand, war für ein junges Mädchen aufgestellt worden. Sein Name war Pia Eltwanger. Das Mädchen hatte ausweislich der Inschrift vom 4 . November 1990 bis zum 14 . Januar 2007 gelebt. Wallner konnte nicht beurteilen, ob das am Marterl angebrachte Foto das Mädchen zeigte, das da drüben tot auf dem Eis lag. Aber der angegebene Todeszeitpunkt lag erst einen Tag zurück. Und dort über der Kerze stand wörtlich: »Ermordet am 14 . Januar 2007 .«
    »Was ist das?« Wallner drehte sich um. Hinter ihm stand eine Frau von etwa fünfundvierzig Jahren. Nicht unattraktiv, wenngleich sie eine gewisse Mütterlichkeit ausstrahlte. Wallner, aus seinen Gedanken gerissen, sah sie überrascht an. Dann erkannte er, wen er vor sich hatte. Die Frau hieß Lea Kesselbach. Sie war die Staatsanwältin und musste den Fußspuren nach direkt über den See gelaufen sein. Wallner hatte das eine oder andere Mal mit ihr zu tun gehabt. Nicht oft. Denn Kapitalverbrechen – und für die war Lea Kesselbach zuständig – passierten selten im Landkreis.
    Die Staatsanwältin deutete auf das Kreuz.
    »Hat das was mit unserem Fall zu tun?«
    Wallner wandte sich, statt eine Antwort zu geben, wieder dem Kruzifix zu. Auch Lea Kesselbach nahm jetzt die Inschrift mit dem Wort »ermordet« wahr. Sie starrte entsetzt auf das Kreuz und murmelte: »Wie krank ist das denn?«
     
    Die Staatsanwältin kam – ebenso wie der Gerichtsmediziner – aus München. Der Landkreis Miesbach hatte in Ermangelung eines Landgerichts keine eigene Staatsanwaltschaft. Der letzte Fall, der Lea Kesselbach und Wallner zusammengeführt hatte, lag vier Jahre zurück. Damals waren die beiden aneinandergeraten, weil die Staatsanwältin unablässig geraucht hatte. Wallner fühlte sich weniger durch den Rauch gestört, als durch den Umstand, dass Lea Kesselbach ständig das Büro lüften wollte. Es war auch damals Winter gewesen.
    »Ich hab mir inzwischen das Rauchen abgewöhnt«, sagte die Staatsanwältin.
    »Freut mich zu hören. Ich mir das Frieren leider noch nicht.«
    »Das kann ja heiter werden.«
    Wallner lächelte Lea Kesselbach so gewinnend an, wie ihm das bei der Aussicht auf offene Fenster möglich war.
     
    Bereits zum jetzigen Zeitpunkt war klar, dass man es nicht mit einem Routinemord zu tun hatte. Der Fall würde einiges an Ermittlungsaufwand erfordern. Man richtete sich auf arbeitsame Wochen ein. Praktisch die gesamte Belegschaft der Kripo Miesbach – das waren circa zwanzig Mitarbeiter – würde zunächst für den Mordfall arbeiten. Dazu kam Verstärkung von der Polizeidirektion Rosenheim. Wallner ordnete noch am Tatort an, alle Vorbereitungen für die Einrichtung einer Sonderkommission zu treffen und die Kollegen in Rosenheim zu verständigen.
     
    Der Konferenzraum war mit fast dreißig Personen gut gefüllt, die Atmosphäre angespannt und erwartungsvoll. Die meisten Anwesenden waren nicht am Tatort gewesen und wussten nur von Kollegen, worum es ging. Diese Kollegen wiederum kannten das meiste ebenfalls nur vom Hörensagen. Gerüchte schossen ins Kraut. Ein ganz abgedrehter Mord sei das. Von Satanisten oder Sekten ging die Rede, andere hatten angeblich gehört, es sei noch eine zweite Leiche gefunden worden, und ein ganz schlecht informierter Spurensicherer aus Rosenheim verbreitete die Geschichte, der Kreuthner habe nachts im Suff ein Mädchen in den Tegernsee geworfen.
    Das hitzige Getuschel ebbte ab. Wallner hatte zusammen mit der Staatsanwältin den Raum betreten. Die beiden nahmen am Kopfende eines großen Tisches Platz. Wallner hatte Papiere dabei, die er vor sich auf den Tisch legte. Er wechselte noch zwei Sätze mit Lea Kesselbach und schenkte ihr dabei Kaffee aus einer Thermoskanne ein. Dann wandte er sein Gesicht dem Saal
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