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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Der Sturz
    Er hatte nicht damit gerechnet, in seinem Leben – oder dem, was ihm davon geblieben war – noch einmal Derartiges erfahren zu dürfen. Ein Engel war durch seine Tür geschwebt: langes Blondhaar, ein freundliches Lächeln. Es handelte sich um einen sehr weiblichen Engel, ganz in Weiß, in kurzem Rock und eng sitzender Bluse und jung, so betörend jung. Mit geübten Händen erledigte sie ihren Job und er genoss jede ihrer Berührungen, versuchte, mehr davon zu bekommen und den Moment ihres Weggangs hinauszuzögern. Verdammt noch mal! Er war noch nicht tot! Natürlich entging der jungen Frau nicht ihre Wirkung auf ihn, und als er mit seiner Linken ihre Hand, die sich gerade mit seiner Unterhose abmühte, ungeschickt festzuhalten und gegen seinen Unterleib zu pressen versuchte, wehrte sie ihn sanft ab und drohte scherzhaft mit dem Finger.
    »Na, na, na! In deinem Alter! Schämst du dich denn gar nicht?«
    Sie sprach mit irgendeinem osteuropäischen Akzent und lachte dabei.
    »Meinst du denn, dafür werd ich auch bezahlt?«
    Die war richtig! Nicht so eine empfindliche Kuh wie die Letzte, die sofort anfing zu schreien – als ob vor ihm noch jemand Angst haben müsste! Die hier musste unbedingt wiederkommen. Er wollte ihr das sagen, doch er brachte nur ein unverständliches Gurgeln zustande. Wie hatte sie nur vor Paolas strengen Augen bestehen können, die sonst Bewerberinnen nach Alter und Hässlichkeit auszusuchen schien? Hoffentlich bezahlte Paola sie gut genug, damit sie auch wieder kam. Schließlich hatte er Geld, viel Geld sogar. Und bald würde er noch viel mehr haben. Das wollte er diesem klasse Mädel sofort klarmachen, dass er auch großzügig sein könnte, wenn sie sich gut verstanden. Er schnaufte hörbar und begann, mit zwei Fingern seiner Linken Buchstaben in die Tastatur zu tippen, ohne Berücksichtigung von Groß- und Kleinschreibung.
    GELD IST KEIN PROBLEM
    Sie las.
    »Das ist gut.«
    Sie lächelte und strich ihm mit den Fingern über eine Wange.
    »Geld kann man doch immer brauchen, oder? Und wenn du welches hast, werden wir uns umso besser verstehen. Aber jetzt frühstücken wir erst mal, alter Mann!«
    Doch er drückte noch einmal seine Finger auf die Tastatur.
    NAME?
    »Ich heiße Irina. Wie findest du das?«
    Seine Augen gerieten heftig in Bewegung und er brachte eine Art Stöhnen heraus.
    »Schön, dass dir mein Name gefällt! Und jetzt wird gegessen!«
    Sie setzte sich auf einen Stuhl neben ihn und schob ihm Weißbrotstückchen mit Butter und Marmelade in den Mund. Eigentlich hatte er gar keinen Hunger und dieses labberige Weißbrot war eh nicht sein Geschmack, aber ihre Finger an seinem Mund – er versuchte, sie mit den Lippen zu berühren, und sah sie dabei herausfordernd an. Sie verstand sofort, worum es ihm ging, machte ein Spiel daraus und ließ ihn mit der Zunge die Marmelade, die an ihren Fingern geblieben war, ablecken. Einmal gelang es ihm sogar, ihren kleinen, süßen Daumen mit den Zähnen zu schnappen …

     
    Das war seine erste Begegnung mit Irina gewesen. Wenn man es ihm auch nicht ansah – er lächelte versonnen, zumindest fühlte es sich für ihn so an. Über dem Itztal lag noch der Frühnebel, als er in Richtung Schlosspark rollte. Frauen – er hatte nie Mangel daran, als er noch gesund war, im Gegenteil! Jetzt hatte er Irina. Er malte sich die Zukunft mit ihr aus. So ein junges Ding noch, aber ein ganzes Weib! Er spürte die Erregung, die allein der Gedanke an sie hervorrief. In den paar Wochen, die er sie jetzt kannte, schien ein Teil seiner alten Energie zurückgekehrt. Natürlich, seinen starken Willen hatte er nie verloren, aber wozu hätte er ihn einsetzen sollen? Dieser verdammte Körper war für ihn wie ein Gefängnis. Wenn Irina das hielt, was sie nach den ersten Begegnungen versprach … Er wollte sie ganztägig einstellen – egal, was es kostete. Ohne Paola zu fragen. Schließlich war er noch völlig klar im Kopf und konnte diese Entscheidung allein treffen. Heute Nachmittag hatte er den Termin mit dem Anwalt wegen des erweiterten Kaufvertrages für die Grundstücke, der ihm jetzt noch mehr Geld einbringen sollte. Bei der Gelegenheit würde er ihn gleich bitten, einen entsprechenden Vertrag für Irina aufzusetzen. Auch über sein Testament würde er noch einmal nachdenken, das hatte er Irina versprochen, aber das hatte Zeit. Jetzt nicht an so etwas denken, jetzt wollte er erst einmal leben!
    Das ganze Geld war sein Geld und die Grundstücke und die
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