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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder
Autoren: Andreas Föhr
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des Verbrechens etwas mitteilen. Die Frage war: Was und wem?

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    3 . Kapitel
    W allner stellte den Becher mit dem mittlerweile kalten Kaffee neben den Plätzchenteller, sog die eisige Morgenluft bis in die Bronchien und ging ein paar Schritte in Richtung See. Bis zur Absperrung. Tina wurde auf Wallner aufmerksam und winkte ihm zu. Er winkte zurück. Dann begann Wallner den Ort des Geschehens in sich aufzunehmen. Nicht wie die Kollegen von der Spurensicherung. Die suchten nach Details, um sie zu sammeln und aus den Puzzlestücken ein Ganzes zu bauen. Darin waren sie besser, als Wallner es je werden konnte. Lutz und Tina hatten im Lauf der Jahre einen sicheren Instinkt entwickelt, welche der zigtausend Einzelteile an einem Tatort Hinweise auf den Täter geben konnten. Wallner suchte etwas anderes. Wallner spürte der Aura des Tatorts nach. Jeder Ort, an dem ein Verbrechen begangen oder ein Opfer gefunden wurde, hatte nach Wallners Meinung diese Aura. Ein Mord störte den ruhigen Fluss der Dinge. Als ob ein Stein auf die glatte Wasseroberfläche eines Teichs geworfen wurde. Das Wasser wurde unruhig, warf Wellen. Und diese Wellen waren noch einige Zeit, nachdem der Stein untergegangen war, sichtbar. Ebenso hallte für Wallner das Echo eines Mordes am Tatort nach. Er erinnerte sich an seinen letzten Tatort. Ein Haus in der Miesbacher Innenstadt. Eine Frau war von ihrem eifersüchtigen Freund mit vierundzwanzig Messerstichen getötet worden. Das war kein Stein im Teich gewesen. Es war, als hätte jemand mit einer Schrotflinte auf die Wasseroberfläche gefeuert. Die Wellen waren chaotisch und heftig gewesen, aber von kurzer Dauer. Das hier war anders. Das hier waren große Wellen, die von weit her kamen. Stark und geordnet.
     
    Wallner betrachtete den See. Die Januarsonne hatte die Schneefläche in ein flaches, aber helles Licht getaucht. Er sah das Loch, aus dem man die Leiche geholt hatte, er sah Tina, zu der sich gerade der Gerichtsmediziner aus München gesellte. Er sah die Spuren der Feuerwehrleute im Schnee. Sein Blick glitt über die unberührten Teile des Sees. Eine weiße, blitzende, fast konturlose Fläche. Wallners Blick blieb hängen. Er spürte es mehr, als dass er es sah. Es war am anderen Ende des Sees. Die Sonnenstrahlen brachen sich an einer Stelle geringfügig anders als auf dem restlichen See. Irgendetwas war dort. Wallner ging zurück zu Mike, zeigte ihm die Stelle und bat ihn, ein paar Leute dorthin zu schicken. Aber sie sollten vorsichtig sein. Das Eis sei an dieser Stelle wahrscheinlich dünner. Ohne weitere Erklärungen entfernte sich Wallner. Er war bereits wieder in seine Gedanken versunken. Mike hatte mit der Zeit gelernt, kryptische Anweisungen seines Chefs in praktische Maßnahmen umzusetzen. Also nahm er sich ein paar Leute und begab sich zu der von Wallner angegebenen Stelle.
     
    Was man denn da suche, wollte ein junger Kollege wissen, während sie über den verschneiten See stapften. Mike wusste auch nicht, was sie suchten. So ermahnte er den jungen Kollegen, keine Volksreden zu halten und stattdessen lieber hurtig die Schneeschaufel zu schwingen. Und wer als Erster ins Eis einbreche, zahle eine Runde Glühwein. Das sei eh klar. Der junge Kollege machte sich sogleich an vorderster Front ans Schaufeln, war aber nicht gewillt, sich mit dummen Sprüchen abspeisen zu lassen. Ob das hier eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sei, und was das Ganze eigentlich solle. Denn für heute Abend sei wieder Schnee angesagt. Dann könne man morgen gleich noch mal ausrücken. Oder glaube Mike vielleicht, dass der Täter hier das Messer auf dem Eis habe liegen lassen? Im Übrigen habe der Täter die Leiche ja logischerweise in den See geworfen, bevor der zugefroren sei. Und zwar dreißig Zentimeter dick. Da könnten sie lange auf einen Glühwein warten. Praktisch mit diesen Worten hatte der junge Kollege die Runde Glühwein auch schon verwirkt. Denn plötzlich knarzte und krachte es, und eh der Mann begriff, was geschah, steckte er bis zum Bauch im Eis.
     
    Wallner war unterdessen um den See herumgegangen. Etwas hatte ihn beunruhigt. Und es war nicht die Stelle gewesen, an der der junge Kollege jetzt im Eis steckte. Als Wallner die kleine Unregelmäßigkeit auf dem Schnee entdeckt hatte, da war ihm, als sei dahinter noch etwas anderes. Im Wald. Aber der Schnee hatte in der Morgensonne geglitzert und geblendet. Und das hatte den Wald hinter dem See ganz schwarz aussehen lassen. Es war ein kleines Licht
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