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Der Prinzessinnenclub

Der Prinzessinnenclub

Titel: Der Prinzessinnenclub
Autoren: Katja Reider
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zusammen im Fernsehen gesehen hatte. Da waren zwei verfeindete Cowboys auch so langsam aufeinander zugegangen. Quälend langsam. Schritt für Schritt, wie in Zeitlupe. Ich erinnerte mich genau. Die Spannung war kaum auszuhalten gewesen: Wer von den beiden würde als Erster den Colt ziehen? Wer würde den anderen zuerst niederstrecken? - Okay, weder Bernd Blümlein noch Sissi, Emma oder ich hielten einen Revolver in der Hand, aber ich bin sicher, es sah ganz ähnlich aus, als wir da aufeinander zugingen.
    »Guten Tag«, sagte Bernd Blümlein.
    Wir nickten nur. Keine von uns dreien brachte ein Wort heraus. Die Selbstsicherheit und gerechte Empörung, mit der wir gestern vor Frau Blümleins Sohn gestanden hatten, war verpufft.
    Einen Moment lang war es still.
    Gefährlich still.
    »Ich... äh... ich war gerade bei meiner Mutter«, erklärte Herr Blümlein schließlich.
    »Und«, krächzte Sissi, »haben Sie es ihr gesagt?«
    Bernd Blümlein blickte sie verwirrt an. »Was denn?«
    »Dass wir Sie gestern... äh... beschimpft haben«, erklärte Emma mit hochroten Wangen.
    »Ach so, das.« Herr Blümlein kratzte sich am Kopf. »Nein, davon habe ich ihr nichts gesagt.«
    »Nicht?!«
    Ich meinte fast, hören zu können, wie der Stein von meinem Herz aufs Pflaster polterte. Eigentlich war es auch kein Stein, sondern eher ein Felsbrocken. Und zusammen mit den Steinen, die gleichzeitig von Sissis und Emmas Herzen plumpsten, war es vermutlich ein mittleres Erdbeben.
    Herr Blümlein schüttelte den Kopf. »Nein, warum sollte ich?«
    »Was... was haben Sie denn dann bei Ihrer Mutter gemacht?«, fragte Sissi verblüfft.
    »Nun ja, ich... äh...« Bernd Blümlein zögerte. »Ich habe sie besucht.«
    »Besucht?«, echote ich.
    »Ja«, Herr Blümlein nickte. Seine Ohrspitzen färbten sich leicht rot. »Also, ihr... ihr habt ja auch gemeint, dass ich das etwas öfter tun sollte, und deswegen… Außerdem habe ich die Bewässerungsanlage aufgebaut.«
    Wir blickten ihn fragend an.
    »Für die Balkonblumen, die ihr gepflanzt habt.«
    »Oh«, machte Emma und setzte dann schnell hinzu: »Schön.«
    »Ja, sehr schön.« Herr Blümlein nickte. »Die Blumen, meine ich.«
    »Ach so, ja, die auch.«
    Herr Blümlein betrachtete seine Schuhspitzen. »Am Samstag gehen wir zusammen ins Theater. Da geben sie noch einmal den ›Sommernachtstraum‹. Ich hole meine Mutter gegen halb acht ab...«
    Endlich hatte ich mich halbwegs gefangen. »Toll«, sagte ich. »Da hat sie sich sicher sehr gefreut.«
    Er nickte. »Das hat sie.«
    Wir schwiegen wieder.
    Herr Blümlein zögerte, dann stieß er plötzlich hervor: »Ich wollte euch noch sagen, also...« Zum ersten Mal sah er uns richtig an und seine Stimme klang fester als zuvor. »Es hat mich... beeindruckt, wie ihr euch für meine Mutter eingesetzt habt. - Und mit einigen Dingen, die ihr gesagt habt, hattet ihr sicher auch recht. Ich bin manchmal wohl ein bisschen... nun ja, gedankenlos oder auch... äh... bequem. Außerdem hat sich in meinem Leben in letzter Zeit so viel getan, dass ich oft gar nicht gemerkt habe, dass...« Er brach ab, um seine Mundwinkel erschien der Anflug eines Lächelns. Und dadurch sah er seiner Mutter plötzlich richtig ähnlich. »Also, ich... ich freue mich jedenfalls, dass meine Mutter drei so... na ja... engagierte kleine Freundinnen hat.« Herr Blümlein steckte seine Hände in die Taschen und wandte sich zum Gehen. »Ja, das war es, was ich euch sagen wollte. Und jetzt muss ich dringend zurück ins Büro. - Auf Wiedersehen!«
    Bevor wir etwas antworten konnten, hatte er kehrtgemacht und schritt eilig die Straße hinunter.
    Emma, Sissi und ich sahen ihm verblüfft hinterher.
    »Na, was sagt ihr nun?« Emma hatte sich als Erste gefasst.
    »Wahnsinn!«, kreischte ich. »Er hat sich bei uns BEDANKT! Dafür, dass wir ihn kugelrund gemacht haben!«
    »Wirklich unglaublich.« Sissi schüttelte den Kopf. »Damit hätte ich nie im Leben gerechnet!«
    »Und was jetzt?«, fragte ich.
    »Na, was schon?« Sissi warf ihre Locken zurück und rückte ihr Hütchen zurecht. »Jetzt besuchen wir Frau Blümlein und trinken Tee.«
    Im Hausflur begegneten wir Frau Puppel, die anscheinend gerade wieder vom Einkaufen zurückkam. Dieses Mal war Sissi schneller als Emma oder ich. Sie deutete auf Frau Puppels prall gefüllte Einkaufstüten. »Soll ich Ihnen tragen helfen?«
    Die alte Dame nickte dankbar. »Das wäre wirklich nett!«
    Während Sissi und Marlies Puppel einträchtig nach oben stiefelten,
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