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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz
Autoren: Rainer M. Schroeder
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aus dem fernen Konstantinopel, aus Avignon, Köln oder Amsterdam handeln, um die wappenverzierten Livreen der städtischen Ausrufer und Herolde oder um die kräftig roten Samtroben der hohen Amtsträger und der reichen Kaufleute und Bankherren, die längst das Gesetz missachteten, wonach ein rotes Gewand nur den Prioren 3 und dem Gonfaloniere zustand. Über diese und andere Luxusgesetze, die einst der Verschwendung und der öffentlichen Geltungssucht hatten Einhalt gebieten sollen, setzten sich auch die jungen Taugenichtse und Gecken aus vermögendem Haus hinweg, deren extravagante Kleidung in den grellsten Farben schillerte. Und das galt ebenso für die Frauen aus den Familien der reichen Kaufleute und Bankherren, die sich, mit Perlen, Juwelen und Goldschmuck behängt, in der Öffentlichkeit zur Schau stellten.
    Fest zum bunten Bild der Stadt gehörten darüber hinaus die Bauarbeiter und mit ihnen die in den Himmel wachsenden Baugerüste. Ein ganzes Heer von ihnen arbeitete in den Mauern der Stadt, um irgendwo eine Baugrube auszuheben und noch einen prachtvollen Palazzo, noch eine Grabkapelle für eine reiche Familie oder noch ein neues Konventgebäude zu errichten.
    Es erfüllte Fiora mit ganz besonderem Stolz, dass alle Welt ihre Heimatstadt am Arno rühmte ob ihrer einzigartigen Pracht und Fülle an bestaunenswerten Bauten und Kunstwerken. Es hieß, dass es in keiner anderen Stadt der Christenheit so viele majestätische Kirchen gab wie in ihrem Florenz. An die hundert sollten es sein, wer immer sie auch gezählt haben mochte. Allein schon San Giovanni, die achteckige Taufkirche auf der Piazza del Duomo mit den einzigartigen vergoldeten Relieftafeln, an denen der Künstler Lorenzo Ghiberti jahrzehntelang gearbeitet hatte und deren Felder lebendig wirkende Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament zeigten, versetzte jeden Fremden in andächtiges Staunen!
    Das galt natürlich auch für den großartigen Palazzo della Signoria. Der festungsartige Palast mit seinem von Zinnen gekrönten hohen Turm beherrschte die größte Piazza im Herzen von Florenz. Hier, im Priorenpalast, hatte die Regierung von Florenz ihren Sitz, hier beriet sie in den prunkvollen Sälen alle Gesetze und traf wichtige Entscheidungen zum Wohl der Stadt.
    Aber all dies wurde um ein Vielfaches übertroffen von dem gewaltigen Gebäude, das sich auf der Piazza del Duomo gegenüber vom Baptisterium San Giovanni hoch über die Dächer und Türme der Stadt erhob – vom gewaltigen Dom Santa Maria del Fiore. Dieses Bauwerk aus weißem und grünem Marmor, in dem Tausende von Gläubigen der Messe beiwohnen konnten, wurde gekrönt von Brunelleschis majestätischer Backsteinkuppel, einem Wunderwerk der Architektur.
    Diese gewaltige Kuppel, deren Ziegelwerk zwischen den aufwärts strebenden weißen Rippen in einem kräftigen Rotton leuchtete, war in dem Gassengewirr wie ein Leuchtturm, an dem man sich als Einheimischer, aber auch als Fremder auf seinen Gängen durch die Stadt stets gut orientieren konnte. Fast immer, wenn Fiora auf ihrem Weg zum Speziale zu einem canto 4 kam, wo sich mehrere Straßen kreuzten oder eine Gasse in eine kleine Piazza mündete, brauchte sie nicht lange zu suchen, um irgendwo im Einschnitt zwischen den Häuserschluchten die rote Kuppel mit dem aufgesetzten Laternenhaus aus weißem Marmor zu sehen, auf dessen Spitze in schwindelerregender Höhe eine goldglänzende Bronzekugel mit einem in der Sonne blitzenden Kreuz saß. Es war ein Anblick, an dem sie sich nicht sattsehen konnte.
    Ihr Weg führte sie nach Santa Croce, in das östliche Stadtviertel mit dem gleichnamigen Kloster und Stadttor. Hier hatten sich am Flussufer Walkmühlen, Tuchmanufakturen und Färbereien angesiedelt. In brusthohen Bottichen brodelte robbia, das Färberrot, oder guado, der Waid, der dem Tuch die kostbare indigoblaue Farbe verlieh.
    Fiora eilte an dem lang gestreckten, hohen Holzbau einer tiratoio vorbei, einer Trockenhalle, wo die frisch gefärbten Tuche zum Trocknen aufgehängt wurden. Dahinter folgte sie einer stark gekrümmten Gasse, die in weitem Bogen zum Fluss führte. Wenige Augenblicke später lag die Ponte Rubaconte vor ihr.
    Wie ein breiter Steinbuckel spannte sich die Brücke über die trüben Fluten des Arno. Sie war, ähnlich wie die Ponte Vecchio ein Stück weiter flussabwärts, auf beiden Seiten mit Läden und Werkstätten bebaut. Darüber lagen oft noch die Wohnungen der Händler und Meister. Nur wenige schmale Lücken zwischen den
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