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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz
Autoren: Rainer M. Schroeder
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hatten in Pisa eine – wenn auch sehr unterschiedliche – Pechsträhne erlitten. Damit endeten ihre Gemeinsamkeiten auch schon.
    Giuseppe Landucci stammte aus der Hafenstadt Livorno, die unter Florentiner Herrschaft stand, und hatte dort den Beruf des Plattners 2 erlernt. Das Schmiedehandwerk hatte dafür gesorgt, dass er breite und muskulöse Schultern und kräftige Oberarme hatte. Seine Kleidung war derb und einfach, aber sauber. Ein recht verschlissener rostbrauner Wollmantel ohne jeden Besatz war jetzt, zur Winterzeit, sein bestes und wärmstes Kleidungsstück. Darunter trug er eine ähnlich einfache taubengraue guarnacca, ein locker sitzendes jackenartiges Obergewand mit einem breiten Ledergürtel um die Hüften. Seine groben Beinkleider waren aus kratziger grauer Wolle und seine Lederstiefel waren von Rissen und Brandflecken übersät.
    Silvio Fontana dagegen besaß eine stattliche, schlanke Gestalt und fein geschnittene Gesichtszüge. Mit seiner edlen Kleidung bot er das Erscheinungsbild eines jungen Mannes von Stand. Sein gefütterter, pelzbesetzter Wollumhang wie auch das gesteppte Wams, die seidig glatten Beinkleider und die rehfarbenen Stiefel waren aus bestem Material.
    »Bist du dir auch wirklich sicher, dass dein Großvater bereit ist, sich bei der Florentiner Plattnergilde für mich zu verwenden, damit sie mich aufnimmt?«, fragte Giuseppe zum wiederholten Mal. Vergeblich hatte er versucht, in Pisa mit einer eigenen Werkstatt Fuß zu fassen. Nun hoffte er auf die Hilfe seines Freundes in Florenz.
    »Wirst schon sehen«, brummte Silvio, der nur mit halbem Ohr zuhörte.
    »Ich meine, nach dem, was du dir in Pisa geleistet hast, könnte es doch sein, dass dein Großvater wenig Lust verspürt, dir und damit auch mir einen Gefallen zu tun«, bohrte er nach. »Außerdem ist fraglich, ob die mächtige Gilde dem Gesuch deines Großvaters auch wirklich stattgibt. Jeder weiß, wie unerbittlich die Florentiner Gilden sich vor unliebsamer Konkurrenz schützen! Ob es wirklich ausreicht, dass dein Großvater ein angesehener Bürger der Stadt ist?«
    Jetzt fühlte Silvio sich in seiner Familienehre gekränkt. »Mein Großvater ist nicht irgendein dahergelaufener Geschäftsmann! Er ist auch nicht nur irgendein erfolgreicher Wollproduzent, sondern er ist seit Jahrzehnten der consigliere der Medici, ihr engster Berater und Vertrauter!«, prahlte er. »Sein Wort hat Gewicht …«
    »Ich weiß, aber …«
    Doch Silvio ließ sich nicht unterbrechen. »… darauf kannst du Gift nehmen! Mein Großvater geht im Palazzo von Lorenzo de’ Medici ein und aus wie andere in ihre Taverne, und das schon seit fünf Jahrzehnten! Auch ich bin schon oft dort gewesen. Immerhin bin ich mit Lorenzos jüngerem Bruder Giuliano aufgewachsen, der ja in unserem Alter ist! Zusammen sind wir von berühmten gelehrten Männern unterrichtet worden, jawohl! Und jetzt sag bloß nicht, dass man davon nichts merkt!«
    Giuseppe lachte pflichtschuldig.
    »Wir haben zusammen eine Menge Unsinn angestellt, hier in Florenz, aber auch in den Villen und Landgütern der Medici rund um die Stadt!« Silvio grinste stolz und genoss, dass Giuseppe ehrfurchtsvoll zu ihm aufblickte. »Also mach dir keine Gedanken wegen der Sturköpfe in der Gilde. Die werden erst gar nicht auf den törichten Gedanken kommen, dem Consigliere von Il Magnifico einen so kleinen Gefallen abzuschlagen.«
    Giuseppe nickte bewundernd. »Um so einen einflussreichen Großvater bist du wirklich zu beneiden, Silvio! Aber was ist, wenn er so schlecht auf dich zu sprechen ist, dass er nichts davon wissen will?«
    Silvio verdrehte die Augen. »Ich habe dir mein Wort gegeben und der Alte weiß, dass er mich nicht im Regen stehen lassen kann. Das Wort eines Fontana gilt. Jeder, der zu unserer Familie gehört, ist daran gebunden. Wer zu uns gehört, gehört damit auch zu den Schutzbefohlenen der Medici.«
    Giuseppe zog die Brauen hoch. »Du meinst, das gilt dann auch für mich?«
    »Natürlich! Den einfachen Menschen Gefälligkeiten erweisen – auf diesem festen Fundament fußt die Macht der Medici«, sagte Silvio achselzuckend. »Auf die eine oder andere Weise ist Lorenzo de’ Medici mittlerweile der Patron von halb Florenz. Um deine Aufnahme in die Gilde brauchst du dir also wirklich keine Sorgen zu machen. Und jetzt lass mich endlich in Ruhe damit. Ich muss über etwas viel Ernsteres nachdenken, wie du ja weißt!«
    Die Bella Chiara tauchte für wenige Augenblicke in eine fast nächtliche
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