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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz
Autoren: Rainer M. Schroeder
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wirksamen Elixier ist nicht zu spaßen! Es enthält reichlich Laudanum 5 !«, hielt er ihr mit mahnender Stimme vor. »Und wenn tatsächlich eine stärkere Rezeptur notwendig sein sollte, so dürfte es nicht nur ratsam, sondern höchste Zeit sein, einen kundigen Medicus zu Rate zu ziehen und ihn Art und Dosierung der notwendigen Arzneien bestimmen zu lassen.«
    Ärger stieg in Fiora auf. Sie hatte nicht vor, sich mit dem Speziale auf lange Diskussionen einzulassen. Er wusste ja nicht, in welcher Zwangslage und Gefahr sie steckte! Einen Medicus sollte sie zu Rate ziehen? Unmöglich! Da konnte sie sich ja gleich der Obrigkeit stellen und den Weg in den Kerker antreten! Nein, seine guten Ratschläge brauchte sie nicht. Entweder er verkaufte ihr das Elixier oder sie musste zu einem anderen Speziale gehen und dort ihr Glück versuchen. Drüben in Santo Spirito, auf der anderen Seite des Arno, gab es auch noch den einen oder anderen Speziale, dessen Laden weit genug entfernt lag von zu Hause und der ihr helfen könnte. Und wenn es hart auf hart kam, würde sie notfalls sogar bis nach Fiesole gehen.
    »Für Euren Rat und Eure Besorgnis sei Euch gedankt, auch wenn ich nicht darum gebeten habe. Und Ihr habt recht, wenn Ihr feststellt, dass Euch die Sache nichts angeht.« Ihre Stimme zitterte vor Aufregung. »Oder habt Ihr an meinem guten Geld etwas auszusetzen? Wäre es Euch lieber, ich würde zu einem anderen Speziale gehen?«
    Benvenuto Varsini mochte gute Gründe für seine Besorgnis haben, er war jedoch in erster Linie Geschäftsmann, der seine Waren verkaufen wollte. Was seine Kundschaft damit anfing, ging ihn in der Tat nichts an. Und die junge Frau war eine gute Kundin. Auf keinen Fall wollte er sie an einen seiner vielen Konkurrenten verlieren. Deshalb versicherte er ihr hastig, dass er ihr um Gottes willen nicht habe zu nahe treten wollen, dass er ihr Geld sehr wohl zu schätzen wisse und dass er sich nun beeilen werde, das Fläschchen mit einer etwas stärkeren Dosis des Nerventranks aufzufüllen.
    Nur wenig später verließ Fiora den Brückenladen. Das frisch gefüllte Fläschchen lag eingewickelt im Korb. Während sie zurückeilte, hoffte sie inständig, dass der Inhalt diesmal länger vorhielt. Sie mochte nicht daran denken, was sie tun sollte, wenn der Speziale sich irgendwann einmal weigern würde, ihr zu helfen.
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    1 Wörtlich übersetzt: fettes Volk
    2 Werkstatt, Manufaktur. Die Mehrzahl lautet botteghe.
    3 Die Regierung von Florenz, Signoria genannt, bestand aus acht Prioren und einem Gonfaloniere (Bannerträger), der den Vorsitz innehatte. Die Prioren und der Gonfaloniere wurden alle zwei Monate in einem geheimen Losverfahren neu gewählt bzw. ernannt, zumindest sah es die Verfassung so vor.
    4 Straßenecke
    5 Verdünntes Opium

5
    E s wurde allmählich Zeit, sich auf den Weg hinunter in die Stadt zum Hochamt in San Stefano zu machen, doch Herzog Galeazzo spielte noch immer mit seinem Sohn, dem siebenjährigen Gian Galeazzo. Wieder und wieder nahm er ihn in die Arme und küsste ihn, als könnte er sich nicht losreißen von ihm. An seine Frau, die Herzogin Bona von Savoyen, die ihr Schlafgemach in einem anderen Trakt der Residenz hatte, verschwendete Galeazzo dagegen nicht einen einzigen Gedanken.
    Schließlich musste er sich wohl oder übel von seinem Sohn trennen. Umringt von seiner schwer bewaffneten Leibwache, begab er sich hinaus in den Hof der Zitadelle, wo nicht nur sein vielköpfiges höfisches Gefolge auf ihn wartete, sondern auch die am Hof zu Gast weilenden Botschafter und Würdenträger fremder Länder.
    Der dunkelhäutige Corto hielt seinem Herrn die Steigbügel, sodass dieser sich in einer kraftvoll fließenden Bewegung in den Sattel seines prächtigen Rotfuchses schwingen konnte. »Kommt an meine Seite und leistet mir Gesellschaft, mein Freund!«, rief er sogleich Zaccaria Saggi zu, dem Botschafter aus Mantua. Galeazzo war ihm in großer Freundschaft zugetan. Sichtlich stolz und unter manch finsterem, missgünstigem Blick beeilte dieser sich, sein Pferd neben das des Herzogs zu lenken. Außer den beiden hielten sich nur noch Cicco Simonetta und der bullige Orfeo da Ricavo, der militärische Ratgeber des Herzogs, innerhalb des schützenden Rings der Leibwache auf.
    Der scharfe, böige Wind schnitt dem Herzog ins Gesicht, als er, gefolgt von der langen Reihe seines Gefolges und der Gäste, den Schutz der hohen Festungsmauern verließ und sich durch die frostige Winterlandschaft auf den Weg
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