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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Er gehörte nicht zu denen, die an der Grenze menschlicher Kraft resignieren und alles Weitere dem Schicksal überlassen. Auch jetzt nicht, wo es fast aussichtslos schien, dieser Hölle von Wasser und Wind zu entrinnen. Allerdings blieb ihm doch eine Gewißheit in all der Todesangst: Bei jedem schweren Brecher, der ihn in ein gurgelndes Wassertal drückte, um ihn sofort wieder emporzuschleudern und auszuspeien, vermochte er noch dies eine zu denken: Mein Boot ist unsinkbar! Also kann auch ich nicht untergehen! Ich habe einen Bootskörper aus bestem Kunststoff unter mir, mit ausgeschäumten Kammern im Rumpf, sich selbst aufrichtend, wie man so schön sagt, ein wahres Wunderding von Boot, mit dem das Meer spielen kann, wie es will – hinaus aus den brüllenden Wassermassen, hoch in den heulenden Sturmhimmel und wieder hinab in die kochende See: es kommt wieder hoch, das Boot, richtet sich immer wieder auf, ein Stehaufmännchen, die Luftkammern balancieren es aus, solange nur der Rumpf hält, solange das Meer ihn nicht einschlägt und Boot und Mensch zunichte macht.
    Er hatte sich mit starken Haken, mit Bauch- und Schultergurten, an den Ruderblock gekettet. Jedesmal, wenn ein Wellengebirge sich vor ihm auftürmte, um dann mit merkwürdig jaulendem Schrei auf ihn niederzubrechen, zog er den Kopf tief in die Schultern, schloß die Augen, hielt den Atem an, umklammerte die Achse des längst weggerissenen Ruders und nahm den ungeheuren Schlag des Wassers ergeben hin. Das kleine weiße Boot drehte und überschlug sich, richtete sich wieder auf und tanzte weiter auf dem wütenden Meer. Dann atmete er wieder durch, starrte über diese tobende Hölle, blickte auch einmal hinauf in den grauen, leblosen Himmel und duckte sich wieder vor der nächsten schäumenden Wand.
    Das Unwetter war nicht überraschend gekommen. Als er vor ungefähr sieben Stunden aus dem Nordosthafen von Helgoland aufgebrochen war, hatte der Leiter der Wetterwarte ihm von der Mole nachgerufen:
    »Man müßte Sie mit Gewalt festhalten! Peter, kommen Sie zurück! Das hat mit Forschung nichts mehr zu tun!«
    Er hatte gelacht, mit beiden Händen zurückgewinkt, Großsegel und Spinnaker in den heftig pfeifenden Wind gedreht. Dann schoß er in die Nordsee hinaus wie katapultiert. Seit Tagen schon herrschte eine steife Brise, aber erst vor einer Stunde war man sich klargeworden, daß von Island her ein massiver Orkan herannahte. Die gesamte Nordseeküste erhielt Sturmwarnung, kleinere Schiffe drehten ab und versuchten noch rechtzeitig sichere Häfen zu erreichen. Auf den Satellitenfotos war der Kern des Unwetters deutlich auszumachen.
    Das war die Stunde, auf die Peter von Losskow gewartet hatte. Er machte sein kleines 7-m-Boot startklar, trank noch drei starke Grogs und zog den doppelwandigen, orangefarbenen, mit Luftkammern versehenen Nylonanzug an. Eine Schwimmweste war darin eingebaut, die mit einer kleinen Preßluftflasche gefüllt werden konnte.
    Dr. Faller, der seit zwei Jahren auf Helgoland als Meteorologe wirkte, tippte sich an die Stirn, als Peter von Losskow in die Wetterstation kam, um sich zu verabschieden.
    »Ist das Ihre umwälzende Erfindung?« fragte er nach kurzem Blick auf Boot und Ausrüstung. »Mein Gott, Sie sind doch mit dem Meer verheiratet, Sie müßten doch wissen, wie so etwas enden wird, Peter. Mit einem solchen Spielzeug von Boot!«
    »Unsinkbar, Doktor! Richtet sich selber auf. Dazu mein Anzug.«
    »So etwas erprobt man im Simulator!«
    »Die beste Windmaschine im Becken kann das Meer nicht ersetzen. Ich brauche einen echten Beweis, um weiter an mich selbst zu glauben.«
    »Und wenn die Nordsee Sie behält?«
    »Das kann sie nicht!«
    »Muß ich Ihnen sagen, was das Meer alles kann?! In einer einzigen Welle verschwinden Schiffe von zweihundert Meter Länge!«
    »Genau das macht sie verwundbar. Sieben Meter aber tanzen einfach davon! Setzen Sie in eine Badewanne eine Seifenschale und die halbe Schale einer Haselnuß. Und dann wühlen Sie mit den Händen das Wasser auf. Was wird geschehen? Die Seifenschale schlägt voll und sinkt, aber die kleine Haselnußschale bleibt immer oben. Sie ist unsinkbar!«
    »Das ist doch ein blöder Vergleich, Peter!« Dr. Faller zeigte auf die neueste Wetterkarte, die gerade vervollständigt wurde. »Da zieht etwas heran, das auch Haselnüssen gefährlich wird. Außerdem sind Sie ein Mensch und keine Schale! Das Meer wird Sie einfach erschlagen, ertränken, zerreißen, zertrümmern! Sie wissen doch genau,
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