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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiter. Der Reporter blinzelte in die Kamera und bat seine Zuschauer um Verständnis. »Sie haben es gehört. Die schrecklichen Erlebnisse, über die wir noch im einzelnen berichten werden, haben Peter von Losskow schwerer angeschlagen, als man zuerst angenommen hatte. Der Schock sitzt noch drin. Man wird ihn sicherlich in den nächsten Wochen in einer psychiatrischen Klinik intensiv beobachten und behandeln müssen. Wir hoffen für Losskow und die Frauen das Beste. Eins ist heute schon sicher: Zum erstenmal ist es Menschen gelungen, aus eigener Kraft 75 Tage und Nächte lang das Meer, den rasenden Atlantik, zu überwinden, in einem kleinen Gummifloß! Das ist ein einsamer Rekord. Sie haben es geschafft, die drei Feuerlandfahrer – und, wie wir sehen, trotz allem in hervorragender Verfassung …«
    Zwei Tage später wurde Lucrezia Panarotti in eine geschlossene Nervenheilanstalt gebracht. Sie weigerte sich zu gehen, sie wollte nur liegen oder auf dem Boden herumkriechen. Ihre ergreifende Schönheit kehrte zurück, ihre Haut wurde glatt, ihr Haar glänzte wieder wie schwarze Seide, aber ihre großen, schwarzen Augen blieben stumpf und starrten ins Leere.
    Als Losskow und Helena Sydgriff heirateten, fuhr man Lucrezia in einem Rollstuhl zur Kirche. Sie saß in der ersten Reihe, lachte Peter und Helena an, erkannte sie aber nicht mehr. Doch die Lieder sang sie mit, nur mit einem anderen Text.
    »Fleisch«, sang sie. »Fleisch, Fleisch, Fleisch …«
    Sie bewohnte ein schönes Zimmer im Heim, zusammen mit einer Frau, die sich für Anna Boleyn hielt und sich einbildete, von ihrem Mann, Heinrich VIII., geköpft worden zu sein. »Ich habe Nackenschmerzen!« sagte sie manchmal. »Das Beil war rostig. Bestimmt bekomme ich ein paar Pickel im Nacken. Schau mal nach …«
    Ab und zu saßen sie am Fenster, voreinander, und zogen Streichhölzchen.
    »Du bist dran!« sagte Lucrezia dann und freute sich händereibend. »Du mußt zuerst sterben! Du bist dran. Trosky wird dich auffressen …«
    Heute steht sie oft am Fenster ihres Zimmers, starrt in den Garten, sieht auf die im Wind sich wiegenden Zweige und sagt verzückt:
    »Die Sonne! Die rote Sonne! Hört ihr das Meer?« Dann kann es vorkommen, daß sie sich die Kleider vom Leib reißt, sich nackt in die Sonne legt und mit den Beinen hoch in die Luft strampelt.
    »Ich liebe die Sonne, das Meer und den Wind.« Und dann heult sie plötzlich. Wie der Sturm um Feuerland.
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