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0893 - Der Rachegeist

0893 - Der Rachegeist

Titel: 0893 - Der Rachegeist
Autoren: Jason Dark
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Der kahle Flur lag vor uns. Wir mußten ihn erst durchqueren, um den Privatbereich des inzwischen toten Besitzers des Fitneßcenters zu verlassen.
    Ich zog die Tür auf. Für einen Moment blieb ich stehen und blinzelte, weil mir das Licht so hell vorkam. Ich spürte Suko dicht hinter mir, er drückte noch die Hand in meinen Rücken, ich ging vor, und da geschah es!
    Beide hörten wir den schrillen Frauenschrei. Gleichzeitig bewegte sich etwas an der rechten Seite.
    Ein Schatten, eine Gestalt, irgend etwas. Es ging alles zu schnell, und ebenso schnell wuchtete ich mich nach vorn, hatte mich dabei geduckt, prallte auf den Boden, hörte einen dumpfen Laut, rollte mich herum und wollte nicht glauben, was ich mit den eigenen Augen sah.
    Die Putzfrau hatte mich oder uns töten wollen!
    ***
    Das Kopftuch war verrutscht, und sie hielt etwas in den Händen, das ich im ersten Augenblick nicht erkennen konnte. Auf den zweiten Blick stellte ich fest, daß sie mit zwei schweren Hanteln zugeschlagen, aber nicht getroffen hatte. Sie sah schlimm aus. Das strähnige, graue Haar fiel tief in ihr Gesicht. Der Mund stand offen, über die Lippen drang ein Knurren, das auch zu einem Raubtier gepaßt hätte.
    Sie war böse, sie war haßerfüllt, sie steckte voller Mordlust, aber sie war nicht sie selbst, das wußte ich. Jemand hatte von ihr Besitz ergriffen, und ich wußte auch, wer es war.
    Vorsichtig richtete ich mich auf. Suko stand noch in der offenen Tür, er hatte sich nicht gerührt.
    Beide Hanteln hatten mich verfehlt und auf dem Boden Kratzer hinterlassen, als sie aufgeschlagen waren. Bei einem Treffer hätten sie mir die Knochen und auch den Schädel zertrümmern können.
    Aber die Frau gab nicht auf. Es war schon ungewöhnlich, mit welch einer Leichtigkeit sie die Hanteln anhob, aber sie wollte nicht mehr auf uns zustürmen, sondern die Dinger werfen.
    Zugleich schleuderte sie die Gegenstände in verschiedene Richtungen. Einmal auf Suko gezielt, zum anderen auf mich. Mein Freund verschwand blitzschnell im Gang, ich rettete mich mit einem Sprung zur Seite, und die Hantel schlug dort auf, wo ich noch vor wenigen Augenblicken gelegen hatte.
    Die andere hämmerte gegen die Ecke der Türeinfassung, prallte dort ab und fiel zu Boden.
    Jetzt war die Frau waffenlos.
    Für einen Moment stand sie fassungslos auf der Stelle. Sie schaute den Hanteln nach, auf die sie so große Hoffnungen gesetzt hatte, sie war enttäuscht.
    Was sollte sie tun?
    Wir taten etwas. Suko kam von der Tür her, ich hatte mich wieder aufgerafft, und wir gingen von zwei Seiten auf sie zu.
    Die Frau atmete heftig und verdrehte die Augen. Die Hände schlossen sich zu Fäusten, öffneten sich wieder und wurden abermals zu Fäusten.
    »Okay«, sagte ich und hoffte, daß sie sich noch an mich erinnerte. In ihrem Zustand war das fraglich. »Sie haben es nicht geschafft, Madam. Für Sie ist es vorbei. Lassen Sie es gut sein. Denken Sie wieder an sich. Es ist besser.«
    Sie gab mir keine Antwort. Nur ihr Atem ging heftig. Die Brust bewegte sich. Sie war das Tier, das in der Falle steckte und nun nach einem Ausweg suchte.
    »Es ist vorbei!« versuchte ich es noch einmal.
    Sie stierte mich an. Augen, die mir Furcht einjagten. Das war nicht mehr der Blick eines normalen Menschen.
    Ich wußte in diesem Augenblick, daß meine Worte nicht auf fruchtbaren Boden gefallen waren. Sie würde uns nicht gehorchen, da steckte etwas in ihr, das sie gnadenlos beherrschte.
    Und plötzlich rannte sie weg!
    Nicht auf die offene Tür zu, wie es eigentlich normal gewesen wäre, nein, sie hatte sich auf der Stelle gedreht und rannte mit langen Sätzen in die Tiefe des Studios hinein, wo die zahlreichen Geräte standen, an denen man seine Muskeln trainieren konnte. Sie hatte mit dieser Aktion auch uns überrascht. Wir hörten ihre Schritte und auch das wütend klingende Schreien.
    Der Raum war ziemlich groß. Wäre er leer gewesen, hätten wir sie schnell gefunden. So aber mußten wir an den zahlreichen Geräten vorbeischauen und Lücken suchen, um uns hindurchzwängen zu können.
    »Du rechts, ich links«, sagte Suko.
    Damit war ich einverstanden. Ich zwängte mich an Trimmgeräten vorbei, die ein Boot simulierten.
    Das Boot stand schräg, es war an ein Meßgerät angeschlossen, wie auch das auf dem Podest stehende Rad daneben. Nicht weit entfernt hingen schlichte Ringe von der Decke, so daß dieses kleine Areal einen turnhallenähnlichen Charakter bekommen hatte.
    Von der Frau sah ich nichts.
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