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Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Titel: Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)
Autoren: Martin Krüger
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ein Raubtier, so würde er sagen. Jim ist wie ein Raubtier, immer wenn Neue da sind. Er wittert frische Beute, ganz wie Raubtier und er versteht sich wie jedes gute Raubtier darin, sich an seine Beute heranzuschleichen, ohne dass sie es bemerkte. Genau das tat er jetzt. Jack Carver würde die Verhaltenen als das eines Raubtieres bezeichnen, ohne zu wissen, wie nahe er bei der Wahrheit lag.
    »Da sind wir«, sagte die Frau. Sie schien atemlos, auch wenn Jim sich nicht vorstellen konnte, warum, mit gesunden roten Wangen, die über dem breiten Wollschal hervorlugten.
    »Herzlich willkommen«, sagte er, »Herzlich willkommen im Three Larches. Und Willkommen im verschneiten Norden Washingtons.« Er wies auf die versammelten Männer und Frauen, die hinter ihm standen.
    »Darf ich ihnen meine Mitarbeiter vorstellen?«
     
    ***
    The Three Larches war kein großes Hotel, nein beileibe war es das nicht - aber es war ganz bestimmt auch kein kleines. Fragte man Jim Jones danach, so begann er meist mit einem Vortrag über die Geschichte des Hauses und seine Vorbesitzer, vielleicht erwähnte er die eine oder andere berühmte Persönlichkeit, die im Lauf der Zeit schon einmal eine oder mehrere Nächte verbracht hatte (dass die meisten der Prominenten vor seiner Zeit hier gewesen waren, vergaß er häufig zu erwähnen) - und gegen Ende würden seine Augen leuchten, wenn er zu dem Mann kam, der das Larches entworfen und gebaut hatte.
    Colin Peter Larches war der Name des Auswanderers zur Zeit um 1878 gewesen, der aus dem untersten Süden Schottlands eine Reise angetreten hatte, die ihn bis in den obersten Norden von Amerika führte, wo er beschloss, seinen Traum ein für alle Mal umzusetzen. Er wollte einen Ort errichten, der die Zeit überdauerte. Seit der Zeit der ersten Siedler im Norden Washingtons überragte das Three Larches den Brighton Lake. So kam es, dass eben jenes Hotel entstand, das Jim Jones über ein Jahrhundert später leitete.
    »Sir Colin«, sagte er gerade, »war ein großer Mann. Er war ein Visionär.« Seine Augen glühten. »Und es wäre ihm nicht gelungen, wenn er nicht ein bestimmtes Merkmal aufgewiesen hätte, ein Merkmal, das auch heute immer wichtiger werden wird. Das kann ich ihnen versprechen.«
    Die acht neuen Gäste starrten ihn an, sagten jedoch nichts. Jim bemerkte es kaum. Hatte er sich erst einmal in Fahrt geredet, war er nicht mehr leicht zu bremsen.
    »Was meinen Sie?«
    Jim lächelte und seine Augen versprühten Funken. »Das ist doch klar. Colin war ein gläubiger Mann.«
    Einer der Männer schnaubte. Jim ignorierte ihn. Er zog ein kleines Notizbuch hervor.
    »Ich liege wohl richtig«, sagte er, »wenn ich annehme, dass dies die letzten Gäste für diese Woche sind?« Die Frage war nicht an die Neuankömmlinge gerichtet. Stattdessen trat ein älterer Mann aus der Reihe hinter ihnen hervor und antwortete: »Ja. Sir.« Er trug einen grauen Anzug. »Die letzten Gäste für den Abschluss dieser Saison.«
    »Danke, Greg.« Jim lächelte die Frau an. »Wären sie so freundlich mir zur Rezeption zu folgen?«
    »Natürlich.« Die Gäste begleiteten ihn hinüber, wo er ein großes, in Leder eingebundenes Buch aufschlug. Auf weißem Papier waren Namen in schwarzer Tinte geschrieben, eine feine, dünne Handschrift - es waren die Namen der Hotelgäste, eine Gästeliste, die Jahre zurückreichte.
    »Darf ich sie bitten, sich einzutragen?«

 
5
    Das Three Larches war eingeschlossen von Lärchen- (es hatte seinen Namen von drei mächtigen Lärchen, die am Ort der Grundsteinlegung gestanden hatte, so die Geschichte, hatte ich sie schon erwähnt?), Blautannen und Kiefernwäldern. Mehrere Pfade, die teils von der Holzindustrie, teils von den wanderlustigen Urlaubern genutzt, führten durch die Wälder hinüber zum Brighton Lake, dessen meist sanft gekräuselte dunkle Oberfläche sich knapp einen Kilometer weit zu den Waldsäumen hin erstreckte. Es gab Braunbären in den Wäldern und mancher Wanderer hätte besser gut daran getan, sich auf den vorgeschriebenen Wegen gehalten zu haben. Im Sommer dümpelten einige Ruderboote auf dem See, im Winter kam es alle paar Jahre vor, dass der Brighton Lake zufror. Vom See wiederum führten Wege hinab nach Brighton Lake, das am Fuß des mächtigen Mount St. James als Siedlung von frühen Einwanderern erbaut worden war, eben jenem Berg, von dessen Hochebenen nun der See und das Three Larches auf die Stadt im Tal herabblickten.
    Das Hotel im obersten Norden Washingtons
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