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Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Titel: Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)
Autoren: Martin Krüger
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Beide Fahrer fühlten auf seltsame Weise dasselbe, als sie das Hotel im Rückspiegel kleiner und kleiner werden sahen: Erleichterung und ein Gefühl, als wäre eine große Last von ihren Schultern genommen worden.
    Die beiden jungen schottischen Männer verschwinden hier aus unserer Geschichte, aber das ist auch gut so. Sie haben sich eine Menge Ärger erspart.
    Kehren wir zu Jim Jones zurück.
    Der Manager des Larches war ein untersetzter, massiger Mann mit wenig Hals und ebenso wenig Haaren, und wenn man ihn betrachtete, stachen zuerst die Wangen seines rundlichen Kopfes hervor; Wangen, so glühend rot als hätte er ständig Fieber - oder als hätte irgendjemand ihm heimlich eine Glühbirne in den Mund gesteckt. Oft trug er eine Seidenkrawatte, auch wenn er nicht in seinem besten Anzug steckte, und um seine Beine flatterten weite Stoffhosen.
    Jim Jones konnte gut reden, aber nicht nur das: Er war ein geschickter Rhetoriker, und er wusste um dieses Talent. Nur allzu oft machte er davon Gebrauch.
    Betrachtete man ihn weiter und hörte ihn erst einmal sprechen, so war man bald davon überzeugt, dass es keine andere Wahrheit auf der Welt geben konnte, als die dieses Mannes. Und noch etwas sollte man über Jim Jones wissen.
    Er war ein gläubiger Mann.
    Bei Gott, das war er.
    Betritt ein Gast die Lobby des Larches, dann ist er - sofern er noch nie hier war - für einen Augenblick überfordert, perplex und überrascht. Direkt dem Eingang gegenüber, der von gläsernen Schiebetüren versperrt wird, direkt gegenüber sind zwei mannshohe Spiegel an der Wand angebracht. Tritt also ein Gast zur Tür herein, sieht er genau das: ein ihm völlig identischer Zwilling, der von der anderen Seite herüberschaut, meist mit einem Koffer in der Hand, und einem O als Mund auf sein Gesicht gemalt. Hinter jenem Zwilling öffnet sich die Welt nach draußen, auf einen eisigen Vorplatz, wo große Schneeflocken im orange farbenen kalten Lampenschimmer tanzen.
    Aber dann schließt sich die Tür und der Neuankömmling bemerkt seinen Fehler. Meist lacht er, macht einige Schritte weiter in die Lobby hinein und bleibt abermals stehen.
    Über ihm öffnet sich die Empfangshalle in eine mächtige Kuppel aus Glas, durch die man direkt zum Himmel hinaufblickt und schräg auf die vier Stockwerke, die sich weiter hinten aus dem Gebäude wie Bergzüge erheben.
    Vor ihm steht ein Mann im blauen Anzug, der auf irgendeine verrückte Art und Weise eine brennende Glühbirne im Mund zu haben scheint, und hinter ihm mehrere Frauen und Männer in einer Reihe, als hätte sie jemand aufgestellt, der militärischen Drill liebte, aber wohl nie selbst beim Militär gewesen ist.
    So ist es, wenn man als neuer Gast zur Tür hereinkommt. Und so ergeht es auch den Männern und Frauen, die gerade in diesem Moment das Larches betreten.
    Betrachten wir sie näher. Da kommen sie, fünf Männer und drei Frauen, alle in feste Winterjacken, Mäntel und Schals gehüllt. Ihre Köpfe und Schultern sind fein mit Schneeflocken bedeckt, als wären sie unter einen großen Puderzuckerstreuer geraten; ihre Wangen sind rosig von der Kälte. Draußen ist das Thermometer auf zehn unter Null gefallen. Die Frauen reden, die Männer sind schweigsam. Alle acht verharren einen Augenblick, als sie sich im Spiegel entdecken, dann lachen alle gemeinsam.
    Sie wissen nicht, wie tief sie bereits jetzt einer Sache verfallen sind, von der sie - noch - nichts ahnen. Noch sind es nur Urlauber. Noch sind die Schrecken weit entfernt.
    Treten wir nun ein Stück näher, während Jim an die neuen Gäste herankommt und lächelt, treten wir näher, um zu hören, was er zu ihnen zu sagen hat.

 
4
    Und er hatte einiges zu sagen.
    »Meine lieben Damen, meine Herren!« Jim breitete die Arme aus, als wollte er die ganze Welt
    (fressen)
    umarmen. Seine glänzenden Schuhe waren nahezu lautlos auf dem feingewebten weinroten Teppich, mit dem die Lobby ausgelegt war. Er betrachtete die Neuankömmlinge mit dem professionellen Blick eines Hotelmanagers: schnell und einordnend. Und seine neuen Gäste - bei sich nannte er sie insgeheim seine große Familie (was natürlich kaum jemand wusste) - sie blickten ihm mit derselben Neugier entgegen, mit der er sie musterte.
    Die Frau begann für alle zu sprechen, und Jim wandte seine Aufmerksamkeit augenblicklich ihr zu. Die Art und Weise mit der er dies tat, war die eines Hotelmanagers - natürlich - aber wäre Jack bereits hier, würde er The Mans Verhalten anders bezeichnen. Wie
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