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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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in der Hand, nicht wahr? Und was den Clan angeht, der kann mich mal. Wenn du ein Kriegsschiff wärst, würde ich dem Clan jetzt einen Besuch abstatten, der sich gewaschen hat. Ich weiß nicht, ob ich springen will. Ich werde jetzt in meine Kabine gehen und nachdenken. Räum hier auf. Die Feier ist vorbei.«
    »Und das an meinem Geburtstag«, sagte die Passage englouti leidend.
     
    Es gab Mythen und Gerüchte. Schiffe, die im Tunnel abhanden gekommen waren und sich mit bruchstückhaften Nachrichten wieder gemeldet hatten, aus einem unbekannten Jenseits, aus dem nächsten Universum. Artefakte nichtmenschlicher Rassen, die ebenfalls aus diesem Jenseits stammen sollten und sich im Nachhinein alle als Fälschungen erwiesen hatten. Obskure physikalische Abhandlungen, die nur Eingeweihten verständlich waren und mit n-dimensionalen Geometrien operierten. ›Der Sprung‹ – ein Thema für Filmserien, die große Obsession allzu vieler Verrückter. Latil hätte nie geahnt, dass sie den ›Sprung‹ einmal als reale Größe in einer rationalen Rechnung ansehen würde. Es war verrückt! Aber das Schiff brauchte sich nicht zu beschweren. Es hatte sie doch selbst auf diese Idee gebracht, mit seinen losen Vergleichen! Und andererseits gab es kaum Alternativen. Die Währungssysteme mochten umgestellt werden, einige ihrer Gläubiger mochten sterben oder ihre Ansprüche verloren geben, aber ein Großteil würde in vierzig Jahren noch wissen, dass sie Aktiva hatten, die eingelöst werden konnten. Und die Zinsen! In jedem Hafen des bekannten Universums würden sie Vollstreckungsbescheide erwarten. Sie hatte überhaupt keine andere Wahl. Und wenn ein Schiff den Sprung schaffen konnte, dann die Passage englouti. Ich will raus hier, dachte Latil. Ich will es wenigstens versuchen.
    Als sie wieder aus ihrer Kabine trat, waren nur zehn Minuten vergangen.
     
    Die Raumanzüge hingen da wie entleerte menschliche Körper ohne Kopf. Als sie daran vorbeiging, entdeckte sie einen, der ihren Namen trug. Sie winkte, und die Automatik reichte ihr den Anzug. Sie warf die neuen Kleider, die ihr das Schiff geschenkt hatte, auf den Boden und schob sie achtlos mit dem Fuß beiseite. Für ein paar Sekunden stand sie beinahe nackt im kahlen Licht des Raumes und die kopflosen Raumanzüge sahen sie an. Ihrer passte, als habe man sie darin eingeschweißt. Selbst nachdem sie sich schon völlig wohl darin fühlte, wurden hier und da kleine hydraulische Pölsterchen justiert, um ihre Körperform noch treuer nachzuspüren. Der Helm schloss sich über ihrem Kopf, und eine freundliche Stimme sagte: »Guten Tag, Latil. Ich bin dein neuer Anzug. Wie geht es dir?«
    »Blendend.«
    »Hast du heute gut gefrühstückt?«
    »Ausgezeichnet.«
    »Wie gefällt dir meine Stimme?«
    »Wunderbar. Eine schöne Stimme.«
    »Latil, dein Benutzerprofil ist jetzt abgespeichert. Ich danke dir für dieses interessante Gespräch.«
    »Nicht der Rede wert.«
    Der Helm öffnete sich wieder. Sie wartete auf eine Erklärung des Schiffes.
    »Ich habe die Anzüge ein bisschen verbessert«, sagte die Passage fast schamhaft. »Sie sind jetzt sehr viel klüger als vorher. Man kann darin auch länger im freien Raum überleben. Wenn man will, frieren sie einen auch ein, bis man gerettet wird. Tatsächlich reicht jetzt zur Energieversorgung so eines Anzugs auch das Sternenlicht im tiefen Raum. Solche Sachen.«
    Als Latil auf den Gang trat, lächelte sie. Auf dem Weg zur Kommandozentrale fühlte sie sich sehr leicht, und das kam nicht nur von dem neuen Anzug. Sie setzte sich in einen der Suspensorsessel und wartete, bis er in Bereitschaft gegangen war.
    »Noch eins, Passage. Hol mich nach vierzehn Tagen aus der Psychose, egal, ob wir noch im Tunnel sind oder nicht. Versprichst du mir das?«
    »Ja, Latil«, sagte das Schiff. »Ich verspreche es dir.«
    Gleichzeitig setzte die Beschleunigung ein.
     
     
     
     
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