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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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unglaubliche Beschleunigung ein, und da sie nicht in Fahrtrichtung saß, wurde sie auf ihr Gesicht geworfen.

EPILOG
     
    Sie lag am Boden und wollte lachen. Sie wusste nicht, warum. Vielleicht war es eine reine Nervenzuckung, vielleicht reagierte irgendein Zentrum ihres Gehirns, das die betreffenden Muskeln kontrollierte. Sie konnte aber nicht lachen, weil sie nicht genügend Spielraum dazu hatte. Lebte sie noch? Aber ja. Sie sah noch das grell orangefarbene Licht, in dem die Soldaten gestanden hatten, als sie herausgesaugt worden war. Sie hörte noch Eytarns Gegrunze. Und wo war sie? Sie wusste es nicht genau, obwohl sie eine bestimmte Vermutung zu dieser Frage hatte. »Passage?«, fragte sie. Als niemand antwortete, bekam sie es mit der Angst zu tun. Vielleicht vermutete sie dumme Sachen. Vielleicht war sie nicht mehr so lebendig, wie sie glaubte. Sie richtete sich auf. Sie versuchte es zumindest. Sie war mit vielen kleinen Stricken am Boden fixiert. Aber das Netz, das sie umgab, schien nicht sehr stabil zu sein. Schließlich konnte sie eine Hand herauswinden, und als sie sich abstützte, konnte sie einen größeren Druck auf den Rest des Netzes ausüben, so dass es schneller nachgab. Sie lachte wieder. Diese Netze kannte sie. Schade, dass die Passage nicht antwortete. Wurden sie überwacht? Egal, egal. Sie wollte nur hier sein, entkommen, und Eline tot wissen. Der Krankheit ein Ende. Als sie sich aufgerichtet hatte, fühlte sich ihr Brustkorb an, als habe jemand mit Hämmern darauf eingeschlagen. Die guten Schmerzen. Sie sog die Luft ein wie eine Erstickende, alles war für einen Moment rot.
    Die Fähre war ganz an den äußersten Rand der Ladebucht gezerrt worden, sie klemmte dort in einer Ecke wie eine zerbrechliche gläserne Frucht, nur durch Zufall noch intakt. Diese Netze waren gut. Die Passage hatte sie sicher schon patentieren lassen. Latil musste wieder lachen. Schmerzen. Sie hätte das Schiff gerne umarmt. Dafür war sie zu klein. Verrückt, verrückt. Sie musste eine ganze Weile nach einem Ausstieg suchen. Als sie einen fand, war dieser so eng, dass sie stecken blieb. Phantastisch, dachte sie lachend. Mein Schiff rettet mich, und ich ersticke in der Ausstiegsluke der Fähre. Sie schnürte ihren Unterleib noch einmal besonders eng ein und fiel durch die Luke wie ein nasser Sack, irgendetwas an ihrem Anzug riss dabei auf. Sie kam wieder hoch und sah zum ersten Mal den kleinen Krater in der Brustpanzerung ihres Anzugs. Wo kam der her? Sie steckte einen Finger hinein, um zu prüfen, ob sie ihn vielleicht durch ihr Herz bohren konnte und also doch ganz und gar tot und verdorben war, aber die letzte Schutzschicht durchbrach er nicht.
    »Bin ich nicht tot?«, sagte sie zweifelnd, und das Echo in der kalten und leeren Ladebucht klang sehr überzeugend. Die rot-weißen Markierungsstreifen am Schott zum Hauptrumpf tanzten vor ihren Augen. Auf dem Weg zur Tür stolperte sie über den Hauptstrang des Netzes, das die Fähre gehalten hatte. Die Tür ließ sich nicht öffnen. Selbst mit dem manuellen Notsystem ließ sie sich nicht bewegen. Sie war eingesperrt. Die winzige Operatorkabine an der Längsseite der Ladebucht enthielt nichts weiter als einen Stuhl und einen Bildschirm. Auf dem Bildschirm war zu lesen:
     
    »Liebe Latil, bitte bleib da, wo du bist. Ich habe viel zu tun und kann mich im Moment nicht um dich kümmern. Unter dem Stuhl ist eine Notration. Wenn die Aufnahmetanks in deinem Anzug voll sind, mach auf den Boden, niemand sieht dich.« – PE
    »Na toll«, sagte Latil. Trotz ihrer Empörung war sie beruhigt. Die Notration schmeckte wie Stroh. Auf den Boden machen musste sie nicht. Der Recycler in ihrem Anzug hatte noch Platz.
     
    Einen halben Tag später öffnete sich das Schott der Ladebucht, und als Latil hinaustrat, dachte sie: Na warte. Sie lief nach vorn zur Kommandozentrale und erwartete jeden Moment über Eytarri zu stolpern, aber das Schiff war beruhigend leer. Auch die Kommandozentrale war leer. Die Bäume des Säulenwalds allerdings waren hell erleuchtet, der Intellekt des Schiffs also stark beansprucht. Sie setzte sich in einen der Suspensorsessel und sagte: »Was soll das heißen, du kannst dich im Moment nicht um mich kümmern?«
    Ein Schirm direkt vor ihren Augen erwachte zum Leben und zeigte ihr ein unverständliches Bild. Schwarz verbrannte Strukturen an einem beschädigten Rumpf. Erst langsam dämmerte ihr, dass dies eine Außenaufnahme der Passage englouti war.
    »Ich habe mir den
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