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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Idioten damit die Gelegenheit, nach der sie sich so gesehnt hatten: Ihr ahnungsloses und gleichzeitig so wichtiges Werkzeug konnte aktiviert und auf mich angesetzt werden, und das in aller Offenheit und mit voller Zustimmung weiter Teile der Opalbevölkerung. Ein brillanter Schachzug, wie sie glaubten. In die Ecke gedrängt!, dachten sie. Erledigt! Jetzt mussten sie mich nur finden und von dir töten lassen. Saubere schmutzige Hände. Schmutziges sauberes Gewissen.«
    Das Lächeln, das er jetzt aufsetzte, wirkte in seinem ansonsten maskenhaften Gesicht wie ein Irrtum. Selbst durch den erstickenden Qualm ihrer rasenden Gefühle hindurch erkannte Latil die brüllende Perversität dieses Lächelns, sah sie die schöne Fratze, in die Elines Gesicht dadurch verwandelt wurde.
    »Gratulation, ihr Helden! Ihr habt mich gefunden! Aber nach meinem Zeitplan! Und nur, um euch hier die endgültige Niederlage abzuholen. Ihr tötet mich und verliert alles! Dummes Pack! Habt ihr ernsthaft geglaubt, ich flüchte und weiß danach nicht mehr, was vor sich geht? Habt ihr geglaubt, ich mache mich aus Angst unsichtbar und warte tatenlos auf meine Verfolger? Es dauerte einige Zeit, den Großen Begleiter zu finden, ihn zu verstehen und davon zu überzeugen, dass seine Zeit gekommen ist. Aber das hat nicht alle meine Kräfte verbraucht! Ihr wart ja so siegesgewiss! Aber ihr habt nicht mit meiner Konsequenz gerechnet! Und vor allem nicht damit, dass ich die Echo und die Thyrrenoi auf meiner Seite hatte! Von den kleinen Kunstgriffen, mit denen ich mir den Rest der Flotte gefügig machte, ganz zu schweigen! Applaus, ihr Versager! Die Funktion von Nidihann habt ihr Spatzenhirne noch begriffen, aber dass wir über die Begleiter miteinander in Verbindung standen, ging schon über euren Horizont! Weil ihr euch nicht vorstellen konntet, dass die unendlich intelligenten Begleiter bei einem Plan mitwirken, der ihre eigene Existenz bedroht. Und weil ihr nicht wusstet, dass sie sich sogar dazu herablassen, zwischen Menschen zu vermitteln, wenn es ihnen wichtig ist. Denkt darüber einmal nach, ihr Idioten! Den Begleitern selbst war es wichtig, dass Nidihann für mich spionieren konnte. Aber was heißt bei euch schon denken, wo eure geistigen Blähungen doch all eure Gehirnwindungen verstopfen. Übrigens war Nidihanns Ende ein wirklich schlagender Beweis für eure überlegene Humanität. Mordskerle seid ihr!«
    Eline war so ruhig wie ein Eisblock in einer Kühlkammer. Aufregung, Wut, andere Emotionen transportierte er nur durch die Schalltricks, mit denen die Taan so unnachahmlich hantierten. Er war so ruhig, dass er es sich nach seiner Rede noch einmal leistete, die Augen zu schließen. Es wurde heller im Saal, und bei einem kurzen Seitenblick stellte Latil fest, dass sich das Mondo vom sterbenden Opal ausgedehnt hatte und jetzt stärker strahlte. Die äußeren Grenzen der Projektion erreichten jetzt bereits die stumm und steif auf den Plattformen herumstehenden Soldaten, so dass ihre Anzüge von geisterhaften Reflexen und dem Streulicht der Spiralarme überzogen wurden. Latil sah Eline wieder an, und die entspannte Maske sah aus wie das Gesicht eines Toten. Noch jemand sprang von einer der Plattformen. Latil wusste, wer es war, und Eline kümmerte es nicht mehr.
    »Ich war immer neugierig auf dich«, sagte er. »Dieses ganze Jahr habe ich mir vorzustellen versucht, wie du bist, und als die Echo dein Abbild mitbrachte, fand ich das meiste bestätigt. Weißt du, warum du so hässlich bist? Du bist hässlich, weil hässlich sein wütend macht, vor allem in einer Welt, in der Schönheit nichts kostet. Richtig gelenkte Wut: was für ein Mittel der Herrschaft! Siehst du, was sie mit dir gemacht haben? Deine Hässlichkeit ist Absicht. In dir brodelt ein tief verwurzelter Hass auf alles Schöne, auf Harmonie und Sinn, und weil der Opal eine so eminent ästhetische Kultur war, hast du ihn gehasst. Und mich hasst du am allermeisten, nicht wahr? Ich bin der Kopf, den sie abschlagen wollen, und du bist ihr perfektes Werkzeug. Ich…«
    Latil bemerkte am Rande ihres Sichtfeldes eine Bewegung. Das Kind hatte sich unbemerkt nach vorne geschoben, angriffsbereit stand es zwei Schritte von Latil und Eline entfernt. Es hatte sich den linken Unterarm vollständig abgetrennt, weiß ragten zerhackte Knochenstücke aus dem blutigen Stumpf. Es lächelte. Es bewegte sich mit einer unglaublichen Flüssigkeit und Geschmeidigkeit, aber bevor es Eline das Messer in die Kehle rammen
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