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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht
Autoren: Poul Anderson
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Teilnahmslosigkeit.
    „Du mußt irgendwann mal wieder zum Essen zu uns kommen.“
    Es kostete ihn etwas Mühe, höfliche Konversation zu pflegen, während sein Verstand danach verlangte, sich mit dem neuen Problem zu beschäftigen. „Wir haben dich ziemlich lange nicht bei uns gesehen. Bring deinen neuen Freund mit, wenn du willst.“
    „Jim? Ach, ihn. Dem habe ich vorige Woche den Laufpaß gegeben. Aber ich komme bestimmt mal wieder rüber.“ Sie stand auf. „Zurück an die Arbeit, Leute. Man sieht sich.“
    Corinth blickte ihr nach, während sie zur Kasse ging. Mehr unbewußt – seine Gedanken schössen heute in alle Richtungen – murmelte er: „Ich frage mich, warum sie einfach keinen Mann halten kann. Sie sieht gut aus und ist ausgesprochen intelligent.“
    „Sie will es gar nicht“, erwiderte Lewis kurz.
    „Nein, wahrscheinlich nicht. Sie ist kälter geworden, seit ich sie in Minneapolis kennenlernte. Warum nur?“
    Lewis hob die Schultern. „Ich meine, du weißt es“, sagte Corinth. „Du hast die Frauen immer besser verstanden, als recht und billig ist. Und sie mag dich mehr als jeden anderen hier.“
    „Wir mögen beide Musik“, antwortete Lewis. Er war der Überzeugung, daß nach 1900 keine Musik mehr erschaffen worden war. „Und wir können beide schweigen.“
    „Okay, Okay“, lachte Corinth und stand auf. „Ich muß wieder ins Labor zurück. Möchte den Phasen-Analysator eigentlich nicht demontieren, aber diese neue Sache …“ Er hielt inne und sagte dann: „Hör mal, wie wäre es, wenn wir die anderen zusammentrommeln und uns die Arbeit teilen, hm? Jeder prüft irgendwas durch. Dann dauert’s nicht so lange.“
    Lewis nickte kurz und folgte ihm nach draußen.
     
    Am frühen Abend lagen die Resultate vor. Als Corinth die Zahlen betrachtete, wich sein Interesse der Kälte, die in ihm aufstieg. Er fühlte plötzlich, wie klein und hilflos er eigentlich war. Die elektromagnetischen Erscheinungen hatten sich verändert.
    Nicht viel, aber die Tatsache, daß die ewigen Konstanten der Natur sich verschoben hatten, genügte, um Hunderte von Philosophien zu zertrümmern. Die Subtilität des Problems hatte durchaus etwas Elementares. Wie soll man die fundamentalen Konstanten messen, wenn sich die Meßgeräte selbst verändert haben?
    Nun, es gab Wege. Es gibt keine absoluten Größen in diesem Universum. Alles existiert in Relation zu allem anderen, und es war der Umstand, daß sich bestimmte Daten relativ zu anderen verändert hatten, der eine besondere Signifikanz besaß.
    Corinth hatte an der Bestimmung elektrischer Konstanten gearbeitet. Bei den Metallen waren sie die gleichen geblieben, oder fast die gleichen, aber Widerstand und Leitfähigkeit von Isolatoren hatten sich meßbar verändert. Sie waren zu etwas besseren Leitern geworden. Bis auf Präzisionsgeräte, wie Gertie, der Computer eins war, hatte die Veränderung der elektromagnetischen Charakteristika nicht ausgereicht, um bemerkenswerte Unterschiede hervorzurufen. Aber der komplexeste, komplizierteste und empfindlichste Mechanismus, den der Mensch kennt, ist die lebende Zelle; und Neuronen sind die am höchsten entwickelten und spezialisiertesten Zellen – besonders die verschiedenen Neuronen, die sich im menschlichen Gehirn finden. Und hier war die Veränderung deutlich spürbar. Die schwachen elektrischen Impulse, von denen die Funktionen der Nervenzellen abhängen – Sinneswahrnehmungen, motorische Reaktionen, das Denken selbst –, flössen rascher und intensiver.
    Und die Veränderung hatte eben erst begonnen.
    Helga erschauerte. „Ich brauche einen Drink“, sagte sie.
    „Ich kenne eine Bar in der Nähe“, meinte Lewis. „Ich leiste dir Gesellschaft, bevor ich noch etwas weiterarbeite. Wie steht’s mit dir, Pete?“
    „Ich fahre nach Hause“, antwortete der Physiker. „Viel Spaß.“
    Er verließ das Gebäude, ohne sich der dunklen Vorhalle und der späten Stunde richtig bewußt zu werden. Für die anderen war dies alles noch neu, aufregend und wunderbar; aber Corinth dachte zwanghaft darüber nach, ob das Universum nicht zu einem gewaltigen, gleichgültigen Schlag ausgeholt hatte, der die menschliche Rasse vernichten würde. Welche Effekte würden sich bei lebenden Organismen zeigen …?
    Nun, sie hatten vorläufig getan, was sie konnten. Sie hatten soviel wie möglich überprüft. Helga hatte sich mit dem Normenbüro in Washington in Verbindung gesetzt und informiert. Aus den Worten des Mannes dort hatte sie
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