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Der Nachtzirkus

Der Nachtzirkus

Titel: Der Nachtzirkus
Autoren: Erin Morgenstern
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»Sie waren nutzlos und konnten rein gar nichts in Ordnung halten. Nur die Köche habe ich behalten. Es gab zwar schon seit einiger Zeit kein Dinner mehr, aber sie verstehen zumindest ihr Handwerk.«
    Poppet folgt ihm durch den Säulengang zum Arbeitszimmer. Sie sieht es zum ersten Mal, bezweifelt aber, dass es schon immer mit so vielen Blaupausen, Skizzen und leeren Brandyflaschen übersät war.
    Chandresh schlendert durch den Raum und legt das zerknitterte Papierstück zu einem Stapel auf einem Stuhl, dann starrt er träge auf einige über den Fenstern hängende Baupläne.
    Poppet schiebt Bücher, Hirschgeweihe und geschnitzte Jadeschildkröten auf dem Schreibtisch beiseite, um Platz für ihre Aktenmappe zu schaffen. Die Schultertasche stellt sie neben sich auf den Boden.
    »Warum bist du hier?« Chandresh dreht sich um und mustert Poppet, als hätte er erst jetzt ihre Anwesenheit bemerkt.
    Poppet lässt die Aktentasche aufschnappen und holt einen dicken Papierstapel heraus.
    »Du musst mir einen Gefallen tun, Chandresh«, sagt sie.
    »Und der wäre?«
    »Ich möchte, dass du das Eigentum am Zirkus überschreibst.« Poppet findet einen Füllfederhalter in dem Durcheinander auf dem Schreibtisch und probiert auf einem Papierschnipsel, ob er noch mit genügend Tinte gefüllt ist.
    »Der Zirkus hat mir eigentlich nie gehört«, murmelt Chandresh.
    »Doch, natürlich«, widerspricht Poppet und schreibt schwungvoll den Buchstaben P . »Er war deine Idee. Aber ich weiß, dass du keine Zeit für ihn hast, deshalb dachte ich, es wäre am besten, wenn du deine Position als Eigentümer abtrittst.«
    Chandresh denkt kurz darüber nach, nickt dann aber und geht zum Schreibtisch, um den Vertrag durchzulesen.
    »Du hast Ethan und Lainie aufgeführt, aber nicht Tante Padva«, sagt er, als er ihn überfliegt.
    »Ich habe schon mit allen gesprochen«, sagt Poppet. »Madame Padva wollte nicht länger eingebunden sein, vertraut aber darauf, dass ihre Verpflichtungen durch Miss Burgess wahrgenommen werden.«
    »Wer ist dieser Mr Clarke?«, fragt Chandresh.
    »Ein sehr guter Freund von mir«, sagt Poppet, und eine leichte Röte überzieht ihre Wangen. »Er wird sich hervorragend um den Zirkus kümmern.«
    Als Chandresh das Ende des Dokuments erreicht, gibt sie ihm den Stift.
    Er unterschreibt mit einem unsicheren Schnörkel und lässt den Füllfederhalter auf den Schreibtisch fallen.
    »Ich bin dir sehr dankbar dafür.« Poppet pustet auf die Tinte, damit sie trocknet, dann legt sie den Vertrag wieder in die Aktentasche. Chandresh tut ihre Bemerkung mit einem trägen Wink ab, geht zurück ans Fenster und starrt auf die vielen blauen Blätter, die darüber hängen.
    »Wofür sind die Blaupausen?«, fragt Poppet, nachdem sie die Aktenmappe geschlossen hat.
    »Ich habe diese ganzen … Pläne von Ethan bekommen, und ich weiß nicht, was ich mit ihnen anfangen soll«, sagt Chandresh und weist auf die zahlreichen Papiere im Raum.
    Poppet zieht ihren Mantel aus, legt ihn über die Lehne des Schreibtischstuhls und begutachtet die Blaupausen und Skizzen, die an Regalen hängen oder an Spiegeln, Bildern und Fenstern befestigt sind. Auf einigen sind vollständige Zimmer zu sehen, auf anderen Fassadendetails, kunstvolle Torbögen und Eingangshallen.
    Vor einer Dartscheibe, in deren gemustertem Kork ein silbernes Messer mit einer dunkel verfleckten Klinge steckt, bleibt sie kurz stehen. Als sie weitergeht, verschwindet das Messer, was Chandresh jedoch nicht bemerkt.
    »Es sollen Umbauten am Haus sein«, sagt er, während sie ihren Rundgang durchs Zimmer fortsetzt, »aber sie passen nicht richtig zusammen.«
    »Das ist ein Museum«, sagt Poppet und legt die Pläne im Kopf übereinander, um zu sehen, ob sie den Gebäuden entsprechen, die sie bereits aus den Sternen kennt. Sie sind vollkommen ungeordnet, aber es ist eindeutig. Sie nimmt ein paar Blaupausen herunter und tauscht sie gegen andere aus, ordnet sie Stockwerk um Stockwerk. »Sie sind nicht für dieses Haus, sondern für ein neues«, erklärt sie Chandresh, der sie neugierig beobachtet. Sie legt eine Reihe von Türen, unterschiedliche Versionen ein und desselben gedachten Eingangs, nebeneinander auf den Boden und lässt jede in einen anderen Raum führen.
    Chandresh sieht ihr zu und beginnt zu grinsen, als er begreift, was sie tut.
    Nun ordnet er seinerseits die Flut der preußischblauen Papiere um, geht auf Poppets Arrangements ein und umgibt Nachbildungen alter ägyptischer Tempel mit
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