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Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)

Titel: Der Mord an Harriet Krohn (German Edition)
Autoren: Karin Fossum
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nicht locker. Scheiße, ich war total außer mir. Also habe ich ihr einmal auf den Kopf geschlagen.
    Das mit der Spüle ist also nicht richtig, aber ich will hier doch nicht als kaltblütiger Mörder erscheinen, das bin ich schließlich nicht. Aber so, wie Sie mich bedrängen, da kann ich einfach nicht mehr. Wir können jetzt Schluß machen, ich habe alles gesagt.«
    »Wie oft haben Sie zugeschlagen?«
    »Ach, nur einmal. Oder vielleicht auch zweimal.«
    »Torp, lassen Sie mich das wiederholen. Ihr Schädel wies dreizehn Bruchstellen auf.«
    »Das kann nicht stimmen. In meiner Erinnerung sieht das nicht so aus.«
    »Ihr Kopf war zertrümmert. Und ein Teil des Blutes ist auf Ihren Parka gespritzt.«
    Charlo senkt den Kopf. »Wie haben Sie mich gefunden?« fragt er plötzlich. »Nach so langer Zeit. Ich begreife das nicht.«
    »Reiches methodisches Ermittlungsverfahren. Zeitraubende Arbeit. Zahllose Gespräche mit vielen Menschen über viele winzig kleine Beobachtungen. Eine ausführlichere Antwort bekommen Sie nicht von mir. Aber jetzt muß ich diese eine Frage stellen. Warum haben Sie sich für Harriet entschieden?«
    »Ach, das war mehr ein Zufall. Ich war einige Male in dem Café, das sie mit einer Freundin besuchte. Einem Café für ältere Menschen. Sie ist mir sofort aufgefallen. Sie war ein wenig schäbig gekleidet, wie eine, die kein Geld für sich selbst ausgibt. Die ihr Leben lang nur spart und spart. Außerdem war sie so schmächtig. Und am Handgelenk trug sie einen dicken goldenen Armreifen. Was doch irgendwie versprach, daß sie wohlhabend war. Ich bin ihr zu dem grünen Haus gefolgt und habe gesehen, daß sie allein dort wohnte.«
    »Sie haben das also nach und nach geplant?«
    »Eigentlich nicht. Ich habe mich einfach getrieben gefühlt.«
    »Können Sie jetzt ein vollständiges Geständnis ablegen?«
    »Müssen wir das noch einmal durchmachen? Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
    »Ich verstehe ja, daß das Kraft gekostet hat, Torp. Je präziser und aufrichtiger Sie sind, um so schneller haben wir es hinter uns. Und danach können Sie sich ausruhen.«
    »Egal, was ihr macht. Nehmt Julie das Pferd nicht weg! Ich glaube nicht, daß sie das ertragen könnte.«
    »Darüber hätten Sie früher nachdenken müssen.«
    »Aber sie lebt nur für Crazy! Und es kann doch nicht sein, daß sie für das leiden muß, was ich getan habe?«
    »Sie haben das Pferd mit Harriets Geld bezahlt?«
    »Ja. Ich habe das Silber verkauft.«
    »Wem?«
    »Nein, nie im Leben würde ich jemanden verpfeifen.«
    »In Ihrer Lage sollten Sie lieber an sich und Ihre eigene Situation denken. Und verzeihen Sie meine Neugier, ehe wir wieder von vorne anfangen. Da gibt es noch ein kleines Detail, was mich interessiert.«
    »Ja?«
    »Was ist mit Ihrem Vorderzahn passiert?«
    Charlo hebt die Hand vor den Mund. Erinnert sich.
    »Das ist vor fünf Jahren passiert. Auf einer Kneipentour. Ich hatte ein bißchen zuviel getrunken und war auf dem Weg zur Toilette. Und dabei bin ich gestolpert und mit dem Gesicht gegen das Waschbecken geknallt. Ich bin gestolpert«, fügt er plötzlich hinzu, und dann fällt ihm etwas ein. Er hatte immer dem Alkohol die Schuld gegeben. In Wirklichkeit aber haben vielleicht seine Beine unter ihm nachgegeben. Schon damals. Er verstummt.
    »Torp. Woran denken Sie jetzt?«
    »Ich hätte ihn vielleicht reparieren lassen sollen, aber das konnte ich mir nicht leisten. Es sieht vielleicht nicht gerade gut aus?«
    »Doch, absolut«, sagt Sejer und lächelt. »Das ist ein kleines charmantes Detail. Etwas, das man bemerkt und danach nicht vergißt.«

ER SITZT VIER WOCHEN in Untersuchungshaft.
    Dann noch vier Wochen, die ganze Zeit mit Post- und Besuchsverbot. Große Teile des Tages liegt er dösend auf der schmalen Pritsche unter dem Fenster, er gleitet weg und vergißt alles, bis er von klirrenden Schlüsseln aus dem Schlaf gerissen wird. Die Tage sind alle gleich, sie fließen ineinander über, ereignislos. Oft sitzt er am Fenster und starrt hinaus. Draußen passiert nicht viel, eine Radfahrerin wird zu einem willkommenen Ereignis, er prägt sich alle Einzelheiten ein, den blanken Lack, den wehenden Rock, den Anblick nackter, goldener Waden. Zwei Kinder jagen auf Rollbrettern dahin. Kleinigkeiten. Wolkenformation, die Bewegung der Bäume im Wind, die großen, schwankenden Kronen. Eine Vogelschar am Himmel.
    Das Essen schmeckt ihm, er ißt gut. Abends darf er zum Rauchen auf den Hof. Er informiert die Wärter über seine
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