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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher
Autoren: Michael Ridpath
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Spiele für die Universitätsmannschaft, und wenn ihn die anderen Aspekte des Universitätslebens nicht so sehr abgelenkt hätten, dann wäre er sicherlich Stammspieler für Oxford geworden. Nun hatte er all seine Aggressionen, wie er sagte, in den Dienst von Dekker Ward gestellt.
    Er leerte sein Glas und griff zur Champagnerflasche. »Leer. Soll ich gehen und noch eine holen? Um die Ecke ist doch ein Geschäft, oder? Der Tisch ist erst für halb neun bestellt. Da bleibt uns noch ’ ne halbe Stunde.«
    »Ich gehe sie holen«, sagte ich.
    »Nein. Ich bin dran. Dauert doch nur einen Moment.« Damit griff er sich seinen Mantel und ging.
    Einen Augenblick schwiegen Kate und ich. Sie lächelte mich an. Die Jahre hatten sie attraktiver werden lassen. Si e w ar schon immer mehr hübsch als schön gewesen mit i h rem kurzen braunen Haar, dem fröhlichen Lächeln und diesen großen Augen. Die Entwicklung vom jungen Mä d chen zur Frau und Mutter hatte sie verändert. Ihre Figur war voller und weicher geworden, und seit der Geburt ihres Sohnes strahlte sie eine innere Heiterkeit aus, die ich sehr anziehend fand.
    Kate hatte mir schon bei unserer ersten Begegnung gefallen. Das war auf einer hoffnungslos überfüllten Party in der Cowley Road gewesen, wo sie auf halbem Weg die Treppe hoch im Gewühl steckengeblieben war. Später waren wir uns zufällig wieder über den Weg gelaufen. Wä h rend des letzten Semesters in Oxford hatte ich sie mit Jamie bekannt gemacht, der nicht lange gefackelt hatte. Au s nahmsweise war die Beziehung von Dauer gewesen, und drei Jahre später waren sie verheiratet. Ein Jahr darauf hatte Kate einen Sohn bekommen, mein Patenkind. Ihm z u liebe hatte sie ihre Stellung in einer großen An wa l tskanzlei in der City aufgegeben.
    »Wie geht es Oliver?« fragte ich.
    »Oh, ganz hervorragend. Er löchert mich, wann du endlich einmal wieder vorbeikommst und Captain Avenger mit ihm spielst.«
    Ich lächelte. »Ich hatte gehofft, der Captain sei inzwischen out.«
    »Ich wünschte, er wäre es.«
    Kate nahm wieder einen Schluck aus ihrem Glas.
    »Bist du dir sicher, daß du die richtige Entscheidung getroffen hast, Nick?«
    Aufrichtige Sorge schwang in ihrer Stimme mit. Das beunruhigte mich. Kate hatte einen gesunden Menschenver s tand, und sie kannte mich nur allzu gut.
    »Ja«, sagte ich, mit mehr Zuversicht, als mir eigentlich zumute war. »Schließlich gefällt es Jamie doch ausnehmend gut bei Dekker Ward, oder?«
    »Ja«, sagte sie ausdruckslos, »so könnte man es auch nennen.«
    ZWEI
    D ie Luft schlug mir kalt und frisch entgegen, als ich durch die Straßen von Islington fuhr. Morgens um halb sieben war es im Londoner Verkehr mit dem Fahrrad sehr viel angenehmer als um die Mittagszeit, obwohl ich überrascht war, wie viele Autos schon zu dieser frühen Tageszeit u n terwegs waren.
    Die Sonne stand noch tief im Osten, eine bleiche, verschwimmende Kugel, verdeckt von einem letzten Rest Morgennebel. Tapfer zwängten sich ein paar junge Bäume durch Risse im Straßenpflaster und schwangen ihre kno s penden Zweige gegen die dräuende Silhouette der hoc h aufragenden Gebäude. Dem Grün, das sich hier und da in der Stadtlandschaft behauptete, fügten die Osterglocken ein paar Farbtupfer hinzu. In den seltenen Pausen des Verkehrslärms vernahm ich gelegentlich einen Vogel, der triumphierend seine Besitzansprüche auf einen schäbigen Strauch oder Baum anmeldete.
    Ich war bemüht, das Tempo etwas zu drosseln, obwohl das nicht ganz leicht war angesichts des ungewohnten Anblicks von hundert Meter freier Straße vor mir. Mein Fah r rad sah zwar aus, als sei es ein paarmal zu oft von der L a defläche eines Lastwagens gefallen, ließ aber recht ordentl i che Geschwindigkeiten zu. Ich hatte es vor zwei Jahren auf einer Polizeiauktion erstanden, weil mir das Mißverhältnis von Erscheinungsbild und Leistung gefallen hatte: Wenn es in einer Reihe mit anderen Rädern stand, wurde es mit Sicherheit als letztes gestohlen. Doch an diesem Morge n w ollte ich es langsam angehen lassen, um nicht völlig durchgeschwitzt anzukommen.
    Ich trug einen der drei neuen Anzüge, die ich mit Ricardos Geld erstanden hatte. Es war mir unmöglich gewesen, mehr als dreihundert Pfund für einen Anzug auszugeben, und selbst das hatte mich Überwindung gekostet. Für zwei Paar modische Schuhe hatte ich je sechzig Pfund hing e blättert. Obwohl mir noch der größte Teil der fünftausend Pfund geblieben war, sah ich eleganter aus als je zuvor
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