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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan
Autoren: Amelie Fried
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achtete nicht auf sie. Energisch packte sie Rita am Kragen des Mantels und zog sie zu sich her.
    »Du verkommenes Luder!« zischte sie haßerfüllt.
    Rita lachte verächtlich auf. »Das mußt du gerade sagen! Du weißt wohl nicht mehr, wozu dieses Geld bestimmt war?«
    Kate wurde blaß. »Seid ihr wahnsinnig geworden?« flüsterte sie. »Hört sofort auf!«
    »Es segne euch der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist«, hub der Pfarrer zum Abschlußsegen an.
    Rita bekreuzigte sich schnell.
    »Gehet hin in Frieden«, sagte der Geistliche und erhob beide Arme.
    »Dank sei Gott dem Herrn«, murmelte die Gemeinde.
    Beim Verlassen der Kirche machten viele der Gläubigen bei Gudrun halt, drückten ihr die Hand und wünschten ihr Kraft. Zuletzt kam der Pfarrer.
    »Was immer geschehen ist, es war Gottes unerforschlicher Ratschluß«, sagte er in salbungsvollem Ton.
    Hast du eine Ahnung, dachte Kate.
    Gudrun schniefte wieder ein bißchen, faltete die Hände und sagte: »Mir bleibt immer noch die Hoffnung. Er kann schließlich jeden Moment zurückkommen.«
    »Was Gott verhüten möge«, preßte Malise durch die Zähne. Dann nahm sie Kurs auf Rita, die ihr Heil in der Flucht gesucht hatte.
    Kate war froh, daß sie nicht in Ritas Haut steckte.
     
    Der Klang der Flöte füllte jeden Winkel des Raumes. Kate lag mit geschlossenen Augen auf dem Boden und lauschte der Musik.
    Sie richtete sich auf und griff nach dem Instrument, an dem sie gerade arbeitete. Sie setzte es an den Mund, blies ein paar Töne mit und legte es ernüchtert zurück.
    Die Platte war zu Ende. Kate holte sich ein neues Glas Rotwein. Ein Geräusch ließ sie aufhorchen. Es klopfte an einem der Fenster, Kate kniff die Augen zusammen, aber sie sah nur ihr eigenes Spiegelbild. Da draußen war jemand. Jemand, der sie beobachtete, wer weiß, wie lange schon.
    Langsam ging sie zum Lichtschalter und knipste das Deckenlicht aus. Es dauerte etwas, aber dann erkannte sie eine Gestalt. Etwas Vertrautes ging von den Umrissen aus.
    Ohne Eile ging sie zum Fenster und öffnete es.
    »Sie sahen einfach zu gut aus«, sagte Lander. »Ich konnte nicht mehr an mich halten.«
    »Kommen Sie rein.«
    Kate schloß das Fenster und öffnete die Terrassentür.
    Sie vergaß, das Licht wieder anzumachen. Der Raum war nicht wirklich dunkel, eher schummrig, wie eine schützende Höhle.
    »Was trinken Sie da?«
    Kate fand die Frage albern; es war nicht zu übersehen, daß es sich um Rotwein handelte. Ohne zu antworten füllte sie ein weiteres Glas.
    Ein Streichholz flammte hinter ihr auf. Sie fuhr herum. Lander entzündete eine Kerze.
    »Was soll das werden?« fragte sie spöttisch.
    »Was Sie wollen.«
    »Was ich will? Wovon soll ich ausgehen, wenn mitten in der Nacht die Polizei bei mir anrückt? Sie wollen mich wieder irgendeines Verbrechens überführen, nehme ich an.«
    »Es ist mehr ein privater Besuch«, sagte Lander, nahm das Glas und trank einen Schluck. Dabei wandte er den Blick nicht von Kate. Seine Augen waren gerötet.
    »Hat man Ihnen gekündigt, wegen Erfolglosigkeit?« fragte Kate spöttisch. Sie war nicht halb so selbstsicher, wie sie tat.
    Er machte ein paar Schritte zum Fenster und blieb mit dem Rücken zu ihr stehen.
    »Wissen Sie, wie das ist, wenn man etwas genau weiß, aber ums Verrecken nicht erklären kann, woher? Eine Gewißheit, die nicht auf Fakten beruht, sondern auf Gefühlen?«
    »Natürlich«, sagte Kate ruhig.
    »Für einen Bullen ist diese Art von Gewißheit soviel wert wie eine ungeladene Pistole. Einen Scheißdreck nämlich.«
    Er drehte sich um und starrte sie an. »Warum sehen Sie bloß so verdammt gut aus?«
    Kate lachte verlegen. »Gehört das zum Verhör?« fragte sie mit gespielter Gelassenheit. Sie war im höchsten Grade alarmiert.
    Lander ging jetzt auf und ab, dabei fuhr er sich mehrfach mit den Händen durch die Haare.
    »Der Kerl hat sich nicht umgebracht – das paßt nicht zu ihm. Aber wenn es kein Selbstmord war, war es Mord. Und dann gibt es einen Mörder. Oder eine Mörderin. Das Problem ist nur: Es gäbe eine Menge Leute mit einem verdammt guten Motiv.«
    »Wen denn zum Beispiel?« Kates Stimme klang belegt.
    »Ihre Nachbarinnen.«
    »Welche?«
    »Eigentlich alle. Frau Hutter glaubt, Mattuschek habe versucht, sie zu vergewaltigen. Inge Seemanns Vater ist nach einem Streit mit Mattuschek zu Tode gekommen. Dann natürlich die Ehefrau. Ehefrauen sind immer verdächtig.«
    »Gudrun?« Kate lachte angestrengt. »Trauen Sie
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