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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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verwundert gewesen, hätte sich Kerr anders entschieden. Er kannte den Kommandanten seit vielen Jahren und wußte, wie verantwortungsbewußt er an alle Probleme heranging. Sicherlich hatte er die verschiedenen Möglichkeiten lange gegeneinander abgewogen, bevor er seinen Entschluß faßte. Am Ende hatte dann die alte Regel den Ausschlag gegeben, daß der Jüngste der Mannschaft gerettet werden mußte. Ein richtiger Gesichtspunkt, dachte Dr. Palmes, dennoch sehe ich die Dinge diesmal anders. So schrecklich es auch ist, Sart die Chance zu nehmen…
    »Es fällt mir schwer, die passenden Worte zu finden«, erklärte er, »Linn Sart ist mir gerade auf dieser Reise ans Herz gewachsen, und ich brauche nicht nochmals all seine Fähigkeiten aufzuführen, die Gründe, die für ihn sprechen. Aber andererseits besitzt jeder von uns Fähigkeiten und Verdienste. Da wäre die Anerkennung, die sich Robert Kerr auf dem Gebiet der Kosmosforschung erworben hat, da wären Andre Surkins Leistungen in der Raumfahrttechnik, da wären meine planetobiologischen Untersuchungen. Auch was unsere Freunde, unsere Verwandten angeht, verhält es sich ähnlich. Gewiß, auf Linn wartet Miriam, aber wird sie über das Unglück vielleicht nicht trotz allem leichter hinwegkommen als zum Beispiel Roberts Enkel Hondar, den bereits Vater und Mutter verloren hat?« Dr. Palmes räusperte sich und fuhr fort: »Dann wäre der Altersunterschied. Gerade unter diesen Umständen fällt er ins Gewicht. Was ich nämlich bisher auch gesagt habe, ich wäre absolut dagegen, etwa den Kommandanten oder mich selbst für den Pfeil in Betracht zu ziehen. Wir beide haben den größten Teil unseres Lebens hinter uns – es wäre mehr als ungerecht, wollten wir euch Jungen den Platz streitig machen. Anders aber steht es mit Andre Surkin, und da habt ihr meinen Vorschlag. Andre ist kaum älter als Linn, bringt jedoch eine sehr wichtige Eigenschaft mit. Er ist unser Ingenieur und Navigator. Und wir müssen ja nicht nur an uns, sondern auch an den Auftrag denken, der uns mitgegeben wurde. Wir wissen, daß die Expedition sehr kostspielig war und daß alles getan werden muß, die wertvollen Ergebnisse, nicht zuletzt unsere Erfahrungen mit dem Element ZZ, den Menschen zu Hause mitzuteilen. Zweifellos ist es eine außerordentlich schwierige Aufgabe, den Pfeil sicher zum Harten Türkis zu lenken. In wenigen Tagen schon wird die Landefähre alles das bergen, was von uns und unseren Bemühungen bleibt. In dieser komplizierten Situation sollten wir den Geeignetsten unter uns zu Ende führen lassen, was wir vor einem Jahr gemeinsam in Angriff nahmen. Nach dem Kommandanten ist das Andre, er wird am besten mit allen Problemen fertig werden, die unterwegs auftreten können. Andre ist von der Zentrale nicht zufällig zum Navigator auf dem Falken ernannt worden.«
    Bei seinen letzten Worten hatte der Biologe genau auf die Reaktionen seiner Freunde geachtet. Es überraschte ihn nicht, daß ihm Sart ziemlich schnell zustimmte. Jeder von ihnen hätte sich so verhalten. Jeder von ihnen hätte so gehandelt, wäre er an der Stelle des Geologen gewesen.
    Auch der Kommandant schien sich nach einigem Zögern überzeugen zu lassen. »Am schlimmsten an dieser dreimal verfluchten Situation ist, daß wir eine solche Entscheidung treffen müssen«, knurrte er. »Wenn wir wenigstens zwei retten könnten. Linn, Andre…« Er brach mitten im Satz ab. »Na, was meinst du selbst dazu, Surkin«, fragte er schließlich unbeholfen.
    12. Surkin
Obwohl Surkin zunächst für Dr. Palmes gewesen war, hatte ihm auch Kerrs Vorschlag eingeleuchtet, den Geologen zu retten. Nicht so sehr, weil er der Jüngste war, sondern wegen Miriam, das begriff er jetzt. Als die Dinge nun eine andere Wendung nahmen und plötzlich er selbst fliegen sollte, fühlte er sich verwirrt, mehr noch: schockiert. Es konnte nicht sein, daß sie ausgerechnet ihn zum Türkis schicken wollten, ihn, der schuld an der Katastrophe war. Wie sollte er denen auf dem Saphir entgegentreten, wie sollte er sich vor ihnen rechtfertigen? Und wenn Sart, Dr. Palmes, ja selbst Robert Kerr seinen Plan, den Blauen Planeten zu besuchen, damals akzeptiert hatten, so konnte ihm das nicht als Entschuldigung dienen. Er hatte ihnen diese Suppe eingebrockt, und würde er jetzt davonkommen, hätte er sein Leben lang keine Ruhe. Immer würde er die Gesichter des Geologen, des Biologen, des Kommandanten vor sich sehen, und er würde es nicht wagen, ihren Angehörigen ins Auge
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