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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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bleibt, vielleicht wird der Falke irgendwann mal aufgespürt. Die anderen Dinge muß jeder mit sich selbst abmachen.«
    Der Kommandant hörte dem Geologen ruhig zu und erwiderte dann: »Nicht ums lange Reden geht es, Linn, das stimmt. Aber vielleicht schreibst du dein Leben doch zu schnell ab. Gewiß, ich glaube so wenig wie du an Wunder, und es ist wohl sicher, daß zumindest drei von uns weder den Harten Türkis noch den Saphir wiedersehen werden. Nur gibt es da noch eine Möglichkeit für den vierten – ich wundere mich, daß niemand daran denkt. Einer wenigstens kann sich mit unserer Landefähre, dem Pfeil, retten. Wenn das Fahrzeug im Grunde auch nur für kurze Flüge konstruiert ist, so müßte es doch einen Monat Fahrt überstehen. Der Pfeil besitzt ein starkes Antriebswerk und kann einen Mann ohne weiteres zum Harten Türkis bringen. In fünfunddreißig Tagen etwa würde er das Ziel erreichen, wenn wir die Maximalgeschwindigkeit annehmen.«
    »Der Pfeil, ich habe mir auch schon Gedanken darüber gemacht, Robert«, antwortete Dr. Palmes. »Ich frage mich nur, wie du das Sauerstoffproblem lösen willst. Die Fähre hat doch kein eigenes Aggregat.«
    »Sie hat keine Chlorella-Anlage, kann aber Sauerstoffkonzentrat in ziemlichen Mengen aufnehmen. Unsere Reserven sind für vier Mann und sieben Tage berechnet, eine Person käme also fast einen Monat damit aus. Bei Sparatmung noch länger. Außerdem ist jede Stunde, die die Aggregate im Schiff durchhalten, ein Gewinn für die Fähre. Sie dürfte sich erst im letztmöglichen Augenblick vom Falken lösen.«
    Die anderen hatten verstanden.
»Das heißt«, sagte Surkin vorsichtig, »wenn die beiden Aggregate ausfallen, haben drei von uns nur noch Stunden zu leben?«
»Sieben Stunden oder sieben Tage«, erklärte Sart, »das ist wirklich kein großer Unterschied.«
»Es ist ein Unterschied«, erwiderte der Kommandant. »In sieben Tagen kann sich manches ereignen. Vielleicht sogar ein Wunder. Wir könnten zum Beispiel durch Zufall einem anderen Raumschiff begegnen. Die Chancen stehen eins zu tausend, aber völlig ausgeschlossen ist es nicht.«
»Die Gewißheit, einen von uns zu retten und die Ergebnisse der Expedition zu sichern, wiegt schwerer«, sagte der Biologe ruhig.
»Bist du der gleichen Meinung, Linn?« fragte Kerr.
»Genau der gleichen.«
»Und du, Andre?«
»Ja, Erik hat recht«, antwortete Surkin.
»Dann sind wir uns einig«, sagte der Kommandant, »und uns bleibt nur noch eins zu tun.« Und nach kurzem Zögern: »Freilich das Schwerste. Wir müssen entscheiden, wer von der Mannschaft des Falken zum Harten Türkis zurückkehren soll.«
    8. Kerr
Ein kurzes, beinahe verlegenes Schweigen trat ein. Der Kommandant, der in dieser Situation nicht befehlen, den anderen vielmehr Gelegenheit zum Nachdenken geben wollte, hütete sich, die Pause zu unterbrechen. Sein Entschluß stand fest, er würde den Jüngsten unter Ihnen, Linn Sart, für den Pfeil vorschlagen. Zwar hatte er eine Weile geschwankt, liebend gern hätte er sich für Surkin entschieden, aber der Astrogeologe hatte wohl das erste Recht darauf, zu überleben. Er war kaum dreißig Jahre alt und stand noch am Anfang seiner Laufbahn. Außerdem war er jung verheiratet. Kerr wußte, was es ihn gekostet hatte, wenige Tage nach der Hochzeit diese lange Reise anzutreten.
    Für Bruchteile von Sekunden hatte der Kommandant das Gesicht seines Enkels Hondar vor Augen. Diesmal wirst du vergeblich auf mich warten, mein Kleiner, sagte er sich, dein Großvater ist in eine dumme Geschichte hineingerutscht. Freilich trägt er die Schuld daran selbst, er hätte sich nicht auf den Ausflug zum Blauen Planeten einlassen sollen. Schlimm, daß es zwei seiner Kameraden gleichfalls trifft. Aber es hilft ja nichts, er muß versuchen, wenigstens den dritten zu retten, und der wird sich dann auch deiner annehmen. Halt die Ohren steif, mein Kleiner, nimm dir’s nicht zu sehr zu Herzen. Schwer wird’s für dich werden, sehr schwer, aber du wirst trotz allem nicht allein bleiben. Da sind die Freunde auf dem Saphir, da ist dann Sart…
    Er sah zu Dr. Palmes hinüber, von dessen Gesicht nichts abzulesen war. Der Biologe hätte es auch verdient davonzukommen, überlegte er. Ein feiner Kerl, gescheit und mutig. Auf seinem Gebiet ist er eine Kapazität. Die Töchter können stolz sein auf so einen Vater. Aber es nützt nichts, dieses Seil zerreißt, wenn zwei dran ziehen. Der Pfeil kann nur einen Passagier aufnehmen, und ich bleibe dabei, daß
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