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Der Mann, der wirklich liebte

Der Mann, der wirklich liebte

Titel: Der Mann, der wirklich liebte
Autoren: Hera Lind
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fünfundachtzig,« Röhrdanz zeigte seine eigene Größe an, »dann war es nämlich mein Sohn Oliver …« Verwundert hielt er
inne, als er den Gesichtsausdruck der beiden Arzthelferinnen sah.
    »Von der Rettung«, rang sich schließlich die mit dem Kittel durch.
    »Wie, von der Rettung?« Röhrdanz stand einen Moment lang da wie erstarrt, machte dann aber noch einen seiner üblichen Scherze. »Vor wem musste meine Frau denn gerettet werden?«
    »Sie ist uns hier zusammengeklappt.«
    »Sie ist was?« Röhrdanz raufte sich die Haare. »Zusammengeklappt?! Und das sagen Sie erst jetzt? Und lassen mich hier fröhlich mit Ihnen rumschäkern?«
    »Wir wollten es Ihnen gerade mitteilen«, hob die eine an, und ihre Lippen zitterten. »Aber dazu sind wir gar nicht befugt. Dafür ist unser Chef zuständig, und der ist noch zu Tisch.«
    Röhrdanz machte einen großen Schritt nach vorn und hätte das dumme Mädel am liebsten am offenen Kittelkragen gepackt.
    »Der Chef ist zu Tisch, während meine schwangere Frau hier zusammenklappt?«
    »Ja, er meinte, schon wieder so’n Junkie, und das ist nicht seine Baustelle …«
    »Die hatte ja Schaum vor dem Mund«, piepste die andere, die sich vorsichtshalber in die hinterste Ecke des Anmeldebereichs zurückgezogen hatte. »Die hat die Augen verdreht und irgendwie gekrampft. Dann ist sie umgekippt und hat so geröchelt …«
    »Ja, außerdem sind wir eine orthopädische Praxis, also für Drogenabhängige gar nicht zuständig. Und da
hat der Chef gemeint, er geht jetzt zu Tisch, wir sollten die Rettung alarmieren.«
    Röhrdanz sah fassungslos zwischen den beiden Mädchen hin und her, die sich gegenseitig die Bälle zuspielten wie bei einem Tennismatch:
    »Und das haben wir dann auch gemacht. Aber in der Zwischenzeit ist uns die hier fast abgekackt, so hat die gezittert.«
    »Und dann bin ich schnell rauf und hab den Internisten von oben geholt.«
    »Ja, und der ist dann gleich mitgefahren mit der Frau … mit Ihrer Frau … also mit der Dame.«
    Die Arzthelferin wischte sich ihre vor Aufregung feuchten Hände am Kittel ab und drehte dann hilfesuchend an einem der Knöpfe, als könnte sie so ein anderes Programm einstellen, eines, das sie besser beherrschte als dieses hier. »Die Dame - also Ihre Frau - konnte gar nichts mehr sagen. Wir haben ihren Ausweis aus ihrer Handtasche geholt, und der Doktor von oben ist dann wie gesagt mit ins Krankenhaus.«
    Röhrdanz nickte, unfähig, ein Wort herauszubringen.
    »Es tut mir leid …«, wimmerte die mit dem Kittel. Sie schwenkte ihre langen künstlichen Fingernägel, als ob sie noch nicht ganz trocken wären.
    »In welches Krankenhaus?«, rang sich Röhrdanz von denausgetrockneten Lippen. Es pochte in seinen Schläfen. Irgendwas war hier aus dem Ruder gelaufen. Er wusste nur noch nicht was. Alles, was er wusste, war, dass er gleich seine Schwiegermutter trösten musste. Wegen Gerd. Und dass er seine Kleinen abholen wollte.

    »Ich weiß nicht, in welches …«, quiekte die Erste. »Bestimmt ins Maria Hilf!«
    Röhrdanz wollte gerade kopflos davonstürmen, als er mit dem aus der Mittagspause zurückkehrenden Orthopäden zusammenstieß.
    »Was ist denn hier los?«, fragte der blonde Hüne und sah irritiert in die Runde. Er war um die fünfzig, groß und massig, hatte einen grauen Bürstenhaarschnitt, hellgrüne Augen und nach unten hängende Mundwinkel.
    »Das ist der Mann von der … ähm … Frau …« Die Arzthelferin zeigte auf den Fußboden, vermutlich auf die Stelle, wo seine Angela krampfend und röchelnd gelegen hatte. »Er wusste von nichts.«
    »Er wollte sie abholen«, vervollständigte die andere den Bericht.
    »Kommen Sie bitte kurz mit«, befahl Dr. Heimwald, warf seinen Damen einen warnenden Blick zu und schritt vor Röhrdanz her. »Bitte hier hinein.«
    Röhrdanz betrat ein aufgeräumtes Sprechzimmer, in dem ein Skelett und mehrere Röntgenbilder davon zeugten, dass man es hier eindeutig mit einem Orthopäden zu tun hatte.
    »Nehmen Sie Platz.«
    »Nein danke. Was ist mit meiner Frau?«
    »Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Sie ist mir schon im Empfangsbereich zusammengeklappt, hatte Schaum vor dem Mund, hat die Augen verdreht und war zu keiner Auskunft mehr fähig. Ich habe sie sofort ins Krankenhaus bringen lassen.«
    »Und sind dann essen gegangen.«

    »Warum nicht? Eine solche Patientin fällt nicht in meinen Bereich. Ich repariere Knie und renke ausgekugelte Schultern wieder ein.« Der Arzt zuckte
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