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Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Titel: Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman
Autoren: Simon X. Rost
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britische Gelehrte gilt damit als Erfinder der Eugenik, als Vordenker der Verhaltensgenetik. So brillant Galtons Ideen in zahlreichen anderen Wissenschaftszweigen auch waren, seine Hypothesen zur Eugenik waren auf das Grauenhafteste von Rassismus und den überkommenen Vorurteilen seiner Zeit durchdrungen.
    Galton behauptete, dass alle Unterschiede zwischen den Völkern zwangsläufig genetischer Natur seien. Die Angehörigen einer »niederen Rasse«, die von Weißen aufgezogen würden, behielten »eine wilde, unzähmbare Ruhelosigkeit«, die »den Wilden angeboren« sei. Galton schrieb: »Der Neger, der heute in den Vereinigten Staaten geboren wird, hat die gleichen natürlichen Eigenschaften wie sein entfernter Vetter, der in Afrika geboren wird; die Tatsache seiner Transplantation bewirkte keine Veränderung seiner Natur.«
    In Genie und Vererbung ( 1869 ) erörterte Galton die Möglichkeit, »die Rasse zu verbessern«. Er hoffte auf eine Zivilisation, »wo der Stolz auf die Rasse ermutigt würde«, und schrieb, dass »es eine größtenteils völlig unvernünftige Sentimentalität gegenüber der schrittweisen Auslöschung einer niederen Rasse gibt«. Eine Sentimentalität, derer Dobbins sich nicht schuldig machen wollte.
    In anderer Hinsicht lag Dobbins jedoch richtig: Die Ureinwohner Amerikas waren in Fragen der Empfängnisverhütung und Abtreibung der Schulmedizin tatsächlich um Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte voraus. Ein Schilfgras, Piripiri genannt, als Tee aufgegossen, wurde einem Mädchen verabreicht, wenn sie ihre allererste Menstruation hatte, und sollte angeblich über mehrere Jahre unfruchtbar machen. Auch die Blätter des Agerarger, des Sohe oder die Früchte des Bok wurden zu diesem Zweck eingesetzt. Die amerikanischen Ureinwohner kannten schließlich auch die empfängnisverhütende Wirkung der Yamswurzel. Die Pflanze enthält bis zu zehn Prozent Saponine – eine pflanzliche Substanzklasse, die auch heute oft therapeutisch verwendet wird.
    1943 versetzte der Wissenschaftler Russel Marker die Welt in Erstaunen, als er den Wirkstoff Diosgenin, der genauso wirkt wie das weibliche Hormon Progesteron, aus der wilden Yamswurzel herstellte. Bis 1970 war das aus der Yamswurzel gewonnene Diosgenin die einzige Quelle für die hormonelle Substanz zur Herstellung der Antibabypille. Die nordamerikanischen Shoshonen aber kannten die empfängnisverhütende Wirkung der Litospermum ruderale schon lange. Sie ist mittlerweile eine der am besten untersuchten Pflanzen der Welt. Ihr Wirkstoff, die lithospermische Säure, wirkt auf die Eierstöcke, die Thymusdrüse und die Hypophyse. Mittlerweile sind Hunderte empfängnisverhütende und abtreibende Pflanzen bekannt.
    Herkunft? Rasse? Hautfarbe?
    Der große Mark Twain hat das alles auf eine ebenso einfache wie geniale Formel gebracht. Und wenn ich mir schon seine Figuren für meinen Roman ausleihe, dann sei ihm wenigstens das Schlusswort vergönnt:
    Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt.
    Stuttgart, im Juni 2012 , Simon X. Rost

Dank an:
    Joachim Jessen, Stefanie Heinen, Monika Hofko
sowie das gesamte Lübbe-Team.
Sandra, Emil und Johannes.
Und all die anderen, die mich auf diesem Ritt in den Wilden Westen begleitet, mir geholfen und mich ermutigt haben.
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