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Der Mann am Strand

Der Mann am Strand

Titel: Der Mann am Strand
Autoren: Henning Mankell
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daß er bei Gelegenheit Mona fragen müßte, ob Langeweile das größte Problem in ihrer Ehe sei. Das Klingeln des Telefons riß ihn aus seinen Gedanken. Ebba von der Vermittlung teilte ihm mit, daß die Polizei in Stockholm mit ihm sprechen wolle. Wallander zog seinen Block heran und hörte zu. Es war ein Polizist namens Rendal, mit dem Wallander noch nie zu tun hatte.
    "Wir haben uns diese Wohnung in der Åsögata angesehen", sagte Rendal.
    "Und, habt ihr etwas gefunden?"
    "Wie sollten wir etwas finden können, wenn wir nicht wissen, wonach wir suchen sollen?"
    Wallander hörte, daß Rendal gestreßt war.
    "Wie sah sie denn aus?" fragte Wallander so freundlich er dies nur konnte.
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    "Sauber und ordentlich", sagte Rendal. "Geputzt. Ein bißchen pedan-tisch. Ich fand, es war eine typische Junggesellenwohnung."
    "Ist es ja auch", sagte Wallander.
    "Wir haben uns seine Post angesehen", fuhr Rendal fort. "Er scheint höchstens eine Woche weg gewesen zu sein."
    "Das stimmt", sagte Wallander.
    "Er hatte einen Anrufbeantworter. Aber der war leer. Keiner hat ihn angerufen."
    "Was hat er für eine Ansage?" fragte Wallander.
    "Nur die übliche."
    "Dann wissen wir das", sagte Wallander. "Danke für die Hilfe. Wir melden uns wieder, wenn es noch mehr gibt."
    Wallander legte auf und sah, daß es Zeit war für das Nachmittagstref-fen der Ermittlungsgruppe. Als er das Sitzungszimmer betrat, waren Hansson und Rydberg schon da.
    "Ich habe mit Stockholm gesprochen", sagte Wallander. "Die Wohnung in der Åsögata hat nichts ergeben."
    "Ich habe die Frau noch einmal angerufen", sagte Rydberg. "Sie wollte immer noch nicht über den Sohn sprechen. Aber als ich ihr klar-machte, daß wir notfalls von ihr verlangen könnten, nach Hause zu kommen und uns bei der Ermittlung zu helfen, ging es etwas leichter.
    Ihr Sohn wurde auf offener Straße mitten in Stockholm niedergeschla-gen. Es muß ein total sinnloser Überfall gewesen sein. Man hatte ihn nicht einmal beraubt."
    "Ich habe ein paar Unterlagen über diesen Überfall kommen lassen", sagte Hansson. "So lange ist es ja noch nicht her, daß der Fall ad acta gelegt worden ist. Seit mehr als fünf Jahren hat keiner etwas in der Sache unternommen."
    "Gab es keine Tatverdächtigten?" wollte Wallander wissen.
    Hansson schüttelte den Kopf. "Überhaupt keine. Es gab absolut nichts. Keine Zeugen, gar nichts."
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    Wallander schob seinen Kollegblock von sich. "Genauso wenig, wie wir jetzt in der Hand haben", sagte er.
    Es wurde still am Tisch. Wallander sah ein, daß er etwas sagen mußte.
    "Ihr müßt mit dem Personal in seinen Läden reden", sagte er. "Wendet euch an einen Kollegen namens Rendal bei der Stockholmer Polizei und bittet ihn, euch zu helfen. Wir sehen uns morgen wieder."
    Sie verteilten die Arbeit, und Wallander ging zurück in sein Zimmer. Er hatte vor, seinen Vater in Löderup anzurufen und sich bei ihm für den Streit am Vorabend zu entschuldigen. Aber er ließ den Hörer liegen.
    Die Geschichte mit Göran Alexandersson ließ ihm keine Ruhe. Die Si-tuation war dermaßen absurd, daß sie allein deshalb erklärt werden müßte. Seine Erfahrung sagte ihm, daß die meisten Morde, auch die meisten sonstigen Verbrechen, irgendwo einen logischen Kern hatten. Es galt nur, die richtigen Spielsteine in der richtigen Reihenfolge umzudrehen und nach denkbaren Zusammenhängen zwischen den verschiedenen Zeichen zu suchen, die sichtbar wurden.
    Um kurz vor fünf verließ er das Präsidium und fuhr auf der Küsten-straße nach Svarte. Diesmal parkte er seinen Wagen weiter im Ort. Er nahm ein Paar Gummistiefel aus dem Kofferraum und ging hinunter zum Strand. In der Ferne sah er ein Frachtschiff nach Westen ziehen.
    Er schlenderte am Strand entlang und betrachtete die Häuser, die rechts von ihm lagen. In ungefähr jedem dritten Haus schienen Menschen zu sein. Er folgte dem Strand, bis er Svarte hinter sich gelassen hatte. Dann kehrte er um. Plötzlich hatte er das Gefühl, daß er hier in der Hoffnung entlangging, Mona käme ihm entgegen. Er dachte zurück an damals, als sie in Skagen lebten. Es war ihre beste ge-meinsame Zeit. Sie hatten so viel zu reden, daß die Stunden verflo-gen.
    Er schüttelte die sehnsuchtsvollen Gedanken ab und konzentrierte sich wieder auf Göran Alexandersson. Während er weiter am Strand 20
    entlangging, versuchte er, für sich selbst eine Zusammenfassung zu machen.
    Was wußten sie? Daß Alexandersson alleinstehend war, daß er zwei Elektronikläden besaß, daß er
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