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Der Mann am Strand

Der Mann am Strand

Titel: Der Mann am Strand
Autoren: Henning Mankell
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im Rollstuhl saß und einen Apfel kaute. Wallander erkannte Stenberg, der allein an einem Tisch saß. Er war ihm schon einmal begegnet, konnte sich aber nicht erinnern, in welchem Zusammenhang. Stenberg war um die fünfzig, korpulent und fast kahl. Seine Nase war ver-bogen, als sei er in seiner Jugend Boxer gewesen.
    "Sie kennen vielleicht Kommissar Wallander?" sagte Hansson.
    Stenberg nickte und stand auf, um Wallander zu begrüßen.
    "Bleiben Sie doch sitzen", sagte Wallander. "Erzählen Sie lieber, was passiert ist."
    Stenbergs Blick flackerte. Wallander sah, daß der Mann entweder sehr beunruhigt war oder Angst hatte.
    "Ich bekam eine Fahrt von Svarte", sagte Stenberg. "Der Kunde wollte an der Hauptstraße warten. Er hieß Alexandersson. Als ich ankam, stand er da auch. Er setzte sich auf die Rückbank und sagte, er wolle in die Stadt. Ich sollte am Markt halten.
    Ich sah im Rückspiegel, daß er die Augen schloß. Ich dachte, er schliefe. Als wir in die Stadt kamen, hielt ich am Markt und sagte, daß wir da seien. Er reagierte überhaupt nicht. Ich stieg aus, öffnete die hintere Tür und faßte ihn ganz leicht an. Aber er reagierte nicht. Daher 5
    glaubte ich, er sei krank, und fuhr ihn hierher zur Notfallambulanz. Da sagten sie, er wäre tot."
    Wallander zog die Stirn kraus. "Tot?"
    "Sie haben Wiederbelebungsversuche gemacht", sagte Hansson.
    "Aber es half nicht. Er war tot."
    Wallander überlegte. "Sie brauchen fünfzehn Minuten von Svarte in die Stadt", sagte er zu Stenberg. "Er machte nicht den Eindruck, als ginge es ihm schlecht, als er einstieg?"
    "Wenn er krank gewesen wäre, hätte ich es gemerkt", sagte Stenberg.
    "Außerdem hätte er sich dann wohl zum Krankenhaus fahren lassen."
    "Und soweit Sie sehen konnten, war er nicht verletzt?"
    "Nein. Er trug einen Anzug und einen hellblauen Mantel."
    "Hatte er etwas in den Händen? Eine Tasche oder sonst etwas?"
    "Nichts. Ich dachte, es wäre am besten, die Polizei anzurufen. Obwohl das Krankenhaus das wohl auch tun muß, nehme ich an."
    Stenbergs Antworten kamen prompt und ohne Zögern.
    Wallander wandte sich an Hansson. "Wissen wir, wer er ist?"
    Hansson holte seinen Notizblock hervor. "Göran Alexandersson", sagte er. "Neunundvierzig Jahre alt. Selbständiger Unternehmer in der Elektronikbranche. Wohnhaft in Stockholm. Er hatte eine Menge Geld in der Brieftasche. Und viele Kreditkarten."
    "Komisch", meinte Wallander. "Aber ich nehme an, er hatte einen Herzinfarkt. Was sagen denn die Ärzte?"
    "Daß nur eine Obduktion eine eindeutige Klärung der Todesursache ergeben kann."
    Wallander nickte und stand auf. "Sie müssen die Bezahlung für die Fahrt aus der Hinterlassenschaft beantragen", sagte er zu Stenberg.
    "Wir melden uns, wenn wir noch Fragen haben."
    "Es war zwar unangenehm", sagte Stenberg mit Nachdruck. "Aber ich werde den Teufel tun und mir von den Hinterbliebenen einen Leichen-transport bezahlen lassen." Dann ging er.
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    "Ich würde ihn mir gern ansehen", sagte Wallander. "Du brauchst nicht mitzukommen, wenn du nicht willst."
    "Lieber nicht", gab Hansson zurück. "Ich versuche in der Zwi-schenzeit, seine Angehörigen zu erreichen."
    "Was hat er in Ystad gemacht?" fragte Wallander nachdenklich. "Das sollten wir vielleicht auch herausfinden."
    Wallander blieb nur einen Augenblick an der Bahre, die in einem Raum in der Notfallambulanz stand. Vom Gesicht des Toten konnte er nichts ablesen. Er untersuchte seine Kleidung. Sie war wie die Schuhe von bester Qualität. Sollte sich zeigen, daß ein Verbrechen vorlag, müßten die Techniker die Kleidung genauer unter die Lupe nehmen. In der Brieftasche fand Wallander das, was Hansson schon genannt hatte. Anschließend sprach er mit einem der Ärzte in der Notfallambulanz.
    "Es sieht ganz nach einem natürlichen Tod aus", meinte der Arzt.
    "Keine Anzeichen von Gewalt, keine Verletzungen."
    "Und wer hätte ihn auf dem Rücksitz eines Taxis erschlagen sollen?"
    sagte Wallander. "Aber ich möchte trotzdem so schnell wie möglich das Resultat der Obduktion haben."
    "Wir lassen ihn jetzt in die Gerichtsmedizin nach Lund bringen", sagte der Arzt. "Falls die Polizei nichts dagegen hat."
    "Nein", erwiderte Wallander. "Warum sollten wir?"
    Er fuhr zurück ins Polizeipräsidium und ging zu Hansson, der gerade ein Telefonat beendete. Während Wallander wartete, befühlte er mißmutig seinen Bauch, der oberhalb des Gürtels hervorzuquellen begann.
    "Ich habe mit Alexanderssons Büro in Stockholm gesprochen", sagte
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