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Der Lilienring

Titel: Der Lilienring
Autoren: Andrea Schacht
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Umstand abhelfen.«
    Tekla hatte die duftende Kasserole in den Backofen gestellt; sie war noch heiß, und wir fielen mit großem Appetit darüber her. Danach war ich so satt und müde, dass ich auf einer der Liegen im Garten einschlief. Feli leistete mir dösend auf meinem Bauch Gesellschaft. Dadurch entging mir Roses und Falkos Eintreffen. Meine Schwester hatte vorausschauend meine Tasche gepackt und sie mitgebracht. Sie waren anschließend mit Falkos Gepäck wieder zurückgefahren.

    »Na, wieder aufgetaucht aus den Traumwelten?«
    Valerius’ Schatten fiel über mich, und ich blinzelte verlegen.
    »Oh, ich bin eine blendende Gesellschafterin, nicht wahr?«
    Strecken, wie Feli – vorne lang, hinten lang, Buckel machen, schnurren.
    »Du bist ein durchaus hübscher Anblick, auch im Schlaf. Habt ihr gestern Nacht gelumpt?«
    »Nein, wir haben unseren Familienstammbaum aufgearbeitet. Es gibt da nämlich noch eine Geschichte … Ich erzähle dir bei Gelegenheit davon. Wusstest du, dass wir entfernt, ganz entfernt miteinander verwandt sind?«
    »Nein, aber warum auch nicht?«
    Unsere Beziehung zueinander schien sich jetzt endlich auf einfacher, freundschaftlicher Basis abzuspielen, und meine aufgewühlten Gefühle hatten sich durch einige Stunden Schlaf besänftigt. Wir machten einen ausgiebigen Spaziergang am Strand entlang und redeten über alles Mögliche. Doch wir beide vermieden es noch immer sorgfältig, einander zu berühren. Valerius berichtete mir, Falko habe sich entschlossen, ebenfalls bis nach Pfingsten zu bleiben. Ich freute mich für Rose. Am Abend wollten wir alle gemeinsam essen gehen. Dieses Zusammentreffen verlief ebenfalls harmonisch, und mit Freude sah ich, dass Falko, den ich mir als einen sehr nüchternen Mann vorgestellt hatte, sich charmant und humorvoll geben konnte. Er und Rose betrieben ein vorsichtiges Annäherungsspielchen, und meine Schwester wirkte glücklich. Marc befand sich allerdings in ungewöhnlich gedämpfter Stimmung, und Cilly versuchte vergeblich, ihn mit kleinen Neckereien aufzuheitern. Als wir uns schließlich voneinander verabschiedeten, nahm er mich noch einmal zur Seite.

    »Ich habe das Spiel verloren, nicht wahr?«
    »Ein Spiel war es nie, Marc, und es gab nie eine Chance. Wusstest du das nicht?«
    »Doch, wahrscheinlich schon. Aber man versucht es eben.«
    »Sei nicht traurig, du wirst schnell genug Trost finden.«
    »Kann sein. Aber – Anita, du bist etwas Besonderes, weißt du das?«
    »Bin ich nicht.«
    »Für mich schon. Bekomme ich noch einen Kuss?«
    »Bekommst du.«
    Er nahm mich in den Arm und küsste mich sehr gekonnt.
    »Du zitterst, Schätzchen.«
    »Ja.«
    »Schade, dass es nicht mir gilt. Geh jetzt, Anita. Geh schnell.«
    Er ließ mich abrupt los und schloss sich Falko, Rose und Cilly an, die ihn im Wagen mitnehmen wollten. Valerius trat zu mir.
    »Kommst du mit mir?«
    »Ja, Valerius. Ich komme mit dir.«
    Schweigend fuhren wir über das trockene Watt zur Insel und gingen ins Haus. Es war dunkel und still. Feli schlich sich an meinen Beinen entlang hinein und plauderte etwas in Katzensprache vor sich hin. Valerius machte eine kleine Lampe an. Der Raum füllte sich mit Schatten in ihrem schummrigen Licht.
    »Möchtest du noch etwas trinken?«
    »Nein.«
    »Soll ich den Kamin anmachen?«
    »Nein.«
    »Ana?«
    Er stand an der Treppe, die nach oben in sein Zimmer
führte. Sie war wieder da, die Spannung. Sie war wie zum Greifen, und die Fäden der Sehnsucht zogen mich zu ihm hin. Ich machte einen zögernden Schritt auf ihn zu. Ich wusste, er überließ die Entscheidung mir. Und ich – ich war nun wieder unsicher. Seine Ausstrahlung überwältigte mich, sie würde mich zu blinder Hingabe verleiten. Aber das war nicht alles. Darum drehte ich mich um und ging zum Fenster. Ein silberner Streifen Mondlicht zog sich über das ruhige Wasser zum Horizont hin. Jeder Wind hatte sich inzwischen gelegt. Ich fühlte mich in eine verzauberte Welt versetzt, endlich befand ich mich auf der Insel meiner Träume. Der Reigentanz des Schicksals wiederholte sich, ich war genau wie jene, die vor mir waren, zusammen mit meinem Geliebten in einer Zeit außerhalb der Wirklichkeit.
    Für zwei Wochen, wenn ich einwilligte. Dann würde der Zauber zu Ende sein. Ob ich sterben würde? Den rein physischen Tod? Oder ob nur einfach der Alltag diese Verzauberung brechen würde? Es war schon richtig, was Marc vermutet hatte. Es lag eine nicht zu unterschätzende Gefahr darin, denn ich hatte
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