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Der Lilienring

Titel: Der Lilienring
Autoren: Andrea Schacht
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vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, befreite ich mich aus der Decke. Er bewegte sich, hielt mich fest, ohne wach zu werden. Also blieb ich liegen.
    »Ana.«
    »Ja, Valerius?«
    »Anita?« Er schlug die Augen auf. »Wie...?«
    »Ich fand dich in anbetender Haltung vor meinem Lager knien. Im Morgengrauen. Sehr romantisch!«
    »Und hast mich in dein Bett genommen?«
    »Mein üblicher Service für alle Helden.«
    »Alle?«
    »Unbedingt.« Ich nickte ernsthaft. »Und Kaffee bekommen Sie ebenfalls serviert.«
    »Warum muss dein anderer Held draußen vor der Tür nächtigen?«
    »Na, weil du doch erwartet wurdest. Mehr als einen Helden vertrage ich nicht im Bett.«

    Ich lachte ihn an und wand mich aus seinen Armen. Er setzte sich auf, und ich durfte seine bloße Brust bewundern. Einen schmerzlichen Moment lang war ich drauf und dran, meine Rolle fallen zu lassen und mich an sie zu werfen. Aber energisch richtete ich die Träger meines sehr langen, sehr keuschen Nachthemdes und stand auf.
    Als ich jedoch in seine Augen sah, las ich darin, dass er genauso mit dem Verlangen zu kämpfen hatte.
    »Ich will nicht, Valerius«, flüsterte ich.
    »Ich schon. Aber ich verstehe dich.«
    »Danke.«
    »Wie spät ist es?«
    »Zehn durch. Zeit für Helden, aus den Federn zu kriechen. Ich mache uns Kaffee. Eine kalte oder heiße Dusche, je nach Bedarf, findest du unten, rechts neben dem Eingang.«
    Ich nahm meine Kleider aus dem Schrank und ging in unser Badezimmer oben. Als ich angekleidet und ein wenig zurechtgemacht nach unten kam, saßen Marc, Rose und Cilly bereits am Frühstückstisch. Marc war ungemein berechenbar. Er stand auf und legte Besitzergebaren an den Tag. Ich erwehrte mich seiner Umarmung und setzte mich an den Tisch, ihm gegenüber.
    »Nein, kein Küsschen zum Croissant. Klecks dir Marmelade drauf, das ist süß genug.«
    »Du bist nur so hart zu mir, weil fremde Männer im Haus sind.«
    Ich goss mir wortlos Kaffee und Milch in die Tasse. Hunger hatte ich nicht. Aber ich spürte, dass Valerius hinter meinen Stuhl getreten war und die Hand auf die Rückenlehne gelegt hatte.
    »Sie haben ja doch noch hergefunden, Corvin! Bisschen spät, was?«
    »Möglich.«

    »Ich war vor Ihnen da«, grinste Marc unverschämt.
    »Nicht am selben Platz.«
    »Meinen Sie?«
    Marcs Tonfall war nicht freundlich. Ich erlaubte mir die Bemerkung: »Marc traf vorgestern ein, um sich auf seinem Surfbrett abzuarbeiten.«
    »Schätzchen, das interessiert diesen Mann da neben dir einen feuchten Dreck.«
    »Marc, benimm dich!«
    »Warum? Habe ich etwas zu verlieren?«
    »Glauben Sie, auf diese Weise etwas zu gewinnen, Marc?«, fragte Valerius ruhig.
    »Setz dich, Val, hier steht dein Kaffee.«
    Er ließ sich auf dem Platz neben mir nieder, und Cilly schob ihm mit einem Lächeln Brot und Butter zu.
    Rose sah mich fragend an. Ich holte die Auskunft für sie ein.
    »Bist du eigentlich alleine gekommen, Val?«
    »Nein, Falko ist mitgefahren. Er schläft vermutlich noch.«
    »Wo? Im Auto?«
    »Nein, in unserem Haus.«
    »Ihr habt auch ein Ferienhaus gemietet?«
    »Nicht gemietet. Mein eigenes Haus. Ein exotischer Luxus, ich weiß. Aber ich komme gerne her, wenn ich etwas Ruhe brauche. Selbst wenn es nur für ein paar Tage ist.«
    »Hier in der Nähe? Das ist witzig«, meinte Cilly. »Sollen wir hinfahren und Falko wecken, Rose?«
    Rose erblühte rosig und schüttelte den Kopf.
    »Ich werde ihn gleich herschicken. Aber vorher, Anita, würde ich gerne mit dir sprechen.«
    »Ah, ich bin gespannt, Anita. Lassen Sie hören, Corvin!«

    »Marc, wolltest du Cilly nicht mit dem Surfbrett vertraut machen?«
    »Erst wenn die Flut kommt, und das dauert noch ein Weilchen. Ich habe also Zeit, Schätzchen.«
    Ich stand auf und zog meine Sandalen an.
    »Gehen wir zum Strand, Valerius. Hier ist es zu eng.«
    »Ja, in Ordnung.«
    Marc versuchte ebenfalls aufzustehen, aber Cilly schmeichelte sich schon wieder an ihn heran, so dass er auf der Bank an dem langen Tisch eingeklemmt blieb. Ein cleveres Mädchen.
    Valerius öffnete mir die Tür seines Wagens.
    »Ich dachte, zum Strand. Das ist nur ein paar Schritte entfernt.«
    »Zu meinem Strand, Anita.«
    »Na gut, wenn du meinst.«
    Er wendete, fuhr durch das Dorf und hinunter zu dem Parkplatz, dort, wo sich der schmale Übergang zur Insel befand. Aber er hielt nicht an, sondern ließ den Wagen die betonierte Piste hinunterrollen, die ins sandige Watt führte.
    »Halt!«
    Er trat auf die Bremse.
    »Was ist?«
    »Da drüben?
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