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Der Lilienring

Titel: Der Lilienring
Autoren: Andrea Schacht
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Yorick, Marie-Annas kleinem Bruder!«
    »Wo geht es in der Linie weiter? Haben wir gestern womöglich wirklich das Heim unserer Ahnen besucht?«
    »Nein... nein, sieht nicht so aus. Schade!«
    Gegen Mitternacht und eine Generation weiter stieß ich auf eine interessante Datenkombination.
    »Ach du meine Güte!«
    »Was ist, Anita?«
    »Es gab eine Annemarie de Kerjean, die mit zwanzig einen gleichaltrigen Mann geheiratet hat. In aller Stille. Vier Monate später war der Nachwuchs da. Das riecht nach Skandal.«
    »Und der Mann? Ei, ei, schau her!« Rose grinste. »Ein Titus Corvin!«
    »Vom Stamme der Raben, vermute ich.«
    »Ein vitaler Bursche, der Titus. Siebzehn Kinder hat er
gezeugt, nicht alle mit Annemarie. Mit sechsundsechzig das letzte.«
    »Alt ist er auch geworden, vierundneunzig.«
    »Na, das lässt ja hoffen!«
    Wir hätten eigentlich todmüde sein müssen, doch die Spannung hielt uns wach. Um eins hatten wir die erste Rosewita entdeckt, die 1897 geboren wurde. Eine Enkelin des Titus Corvin, die einen Heinrich Kaiser in den zwanziger Jahren geheiratet hatte. Einen Aurelius Corvin fanden wir etwas später in einer anderen Linie, der wiederum mit einer Dominique de Kerjean verbandelt war.
    »Dieser Familienzweig hat einen Hang zur antiken Namensgebung, scheint mir. Julia, Valeria, Lucia heißen die diversen Töchter von Claudius, Titus’ Sohn. Den einzigen Sohn nannten sie Alexander.«
    »Und dessen Sohn Valerius.«, stellte Cilly nüchtern fest. »Da!«
    Eine Geburtsanzeige, aus einer Zeitung ausgeschnitten, präsentierte uns Valerius Titus Corvin.
    »Wer hat diese Sachen nur gesammelt? Das muss jemand mit einem ausgeprägten Hang zum Familienzusammenhalt gewesen sein.«
    »Eine meiner Großtanten. Sie war bekannt dafür, dass sie sich jeden Geburtstag merken konnte. Julian hat sie sehr gerne gehabt, aber sie ist gestorben, als ich noch keine sechs Jahre alt war. Er wird diese Mappe mit den Dokumenten aus ihrem Nachlass an sich genommen haben.«
    Um zwei Uhr nachts hatte ich endlich eine Person gefunden, an die ich mich lebhaft erinnern konnte. Georg Kaiser, meinen Großvater, Sohn der Rosewita Kaiser.
    »Also habe ich nicht nur eine Schwester, sondern auch eine Urgroßmutter namens Rosewita.«
    Zumindest wurde über die verschiedenen Äste des
Stammbaumes jetzt ungefähr klar, wie die Tagebücher, der Siegelring, der Lilienring und das Kreuz zu Julian gekommen waren. Der Bernsteinring mochte einen anderen Weg gegangen sein. Ihn hatte Faucon in Besitz gehabt. Möglicherweise hatte er ihn nach seinem Abzug aus der Stadt zurückgelassen, und eilfertige Hände hatten sich an ihm vergriffen.
    »Leute, es ist beinahe drei Uhr nachts. Ich bin total fertig!«
    »Jetzt wo du es sagst...«
    »Wo ist eigentlich die Katze?«
    »Weiß ich nicht, ist mir jetzt auch egal. Zu Bett, Mädels!«
    Musette lag mitten auf meiner Bettdecke. Ich schleppte die schlaffe, nur leise murrende Katze zu Cilly und deponierte sie an ihrem Fußende.
     
    Ich wurde wach, obwohl kein Laut mich geweckt hatte. Und fand ihn an meinem Bett knien, in der einen Hand das Ende meines Zopfes. Er sah mich an. Ernst, ein wenig verlegen. Ich rückte ein Stück von ihm fort, und er wollte aufstehen. Darum hob ich die Decke etwas an und bat leise: »Komm, du wirst müde sein.«
    »Nein.«
    »Doch. Du bist die ganze Nacht durchgefahren.«
    »Ja.«
    »Und dann hier eingebrochen.«
    »Nein, das Mädchen hat die Katze aus der Tür gelassen. Sie hat das Auto gesehen und hat mich ins Haus eingeladen.« Er lachte leise. »Sie meinte, es sei zwar nicht gerade die passendste Zeit, Besuche abzustatten, aber ich solle sofort zu dir gehen.«
    »Stimmt. Und nun komm. Ich brauche noch etwas Schlaf.«
    »Ana, ich kann jetzt nicht schlafen.«

    »Komm ins Bett. Aber nicht mit Hut und Stiefeln.«
    Er gab nach und legte sich zu mir. Das erste Mal war ich erfreut über die weiche Matratze. Er hatte keine Wahl, wir rutschten in der Mitte zusammen. Zufrieden seufzte ich auf, als ich ihn an meiner Seite spürte, zog die Decke über uns und legte meinen Kopf an seine Schulter.
    »Schlaf, Valerius.«
    »Gut.«
    Es klang resigniert, doch ich war viel zu müde, um zu diskutieren. Noch ein paar kleine Bewegungen, um mich an die neue Lage anzupassen, und der Schlaf umfing mich erneut.
     
    Als ich das nächste Mal aufwachte, befand ich mich in derselben Lage, in der ich eingeschlafen war. Valerius neben mir atmete ruhig und tief, er musste ebenfalls sofort eingeschlafen sein. Sehr
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