Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Lilienring

Titel: Der Lilienring
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
locken. Wünschst du mir nur mitzuteilen, dass ich dich an einen jüngeren, aufmerksameren, weniger egoistischen Mann verloren habe?«
    Seine Bemerkung riss mich aus meinen Gedanken. Valerius verdiente eine ehrliche Antwort. Ich aber genauso. Also erklärte ich: »Jünger mag Marc wohl sein, aber es gibt kaum einen, der ihm in Sachen Egoismus das Wasser reichen kann. Nein, Valerius, an ihn hast du mich nicht verloren. Es sei denn, für dich bedeutet die eine Nacht, die ich mit ihm verbracht habe, ein Verlust.«
    »Anita, ich kenne dich nicht genug, um zu wissen, was es dir bedeutet. Aber ich denke, du wirst einen Grund gehabt haben.«
    »Hatte ich, Val. Er kam angeschlagen und verletzt zu mir. Du solltest wissen, er hatte sich wegen mir mit einigen Reportern geprügelt, und... mir schien, er hatte ein Anrecht auf ein wenig Zärtlichkeit.« Ich drehte mich um und sah über das Meer hinaus. »Außerdem dachte ich, es würde mich – nun ja – trösten. Aber das hat es nicht.«
    Valerius legte den Arm um meine Schultern und zog mich an sich, leicht, nicht fest.
    »Tut es manchmal, aber nicht immer, ich weiß.«
    Ich legte meinen Kopf an seine Brust und schloss die Augen.
    »Nein, du hast mich nicht verloren, Valerius«, bestätigte ich leise. »Ich habe hier auf dich gewartet. Ich habe gehofft, dass du zu mir findest.«
    Er streichelte meine Haare, und plötzlich fühlte ich ein kleines Vibrieren in seiner Brust. Mit einem unterdrückten
Lachen sagte er: »Immerhin – ganz leicht hast du es mir nicht gemacht.«
    »Die ausgeschalteten Handys und Anrufbeantworter, die Verschwiegenheit aller Nachbarn, Freunde und Bekannten?« Ich zuckte mit den Schultern. »Es war zu einem Gutteil auch Selbstschutz gegen die Spinner, die meinen, über Skandale berichten zu müssen. Vor allem deswegen sind wir, Rose und ich, hierher gekommen. Du wirst von Falko gehört haben, was meine Mutter getan hat.«
    »Ja, er hat es mir erzählt.«
    »Und im Grunde vertraute ich deiner Hartnäckigkeit.«
    Er sah über das Meer hinaus, eine lange Zeit. Schließlich drehte er sich um und sah mir in die Augen.
    »Als wir uns das letzte Mal trennten, hatten wir beschlossen, uns die Zeit zu nehmen, einander besser kennen zu lernen.«
    »Ja, das wollten wir.«
    »Ich habe viel über dich nachgedacht. Und über mich, Anita. Dir ist klar, dass es nicht sehr leicht wird? Du gehst ein großes Wagnis ein.«
    »Ist es ein Wagnis, dich kennen zu lernen?«
    Er seufzte und zog mich fester an sich.
    »Ich fürchte, ich habe einen voreiligen Schluss gezogen. Betrachten wir es so, ich hoffe, das gegenseitige Kennenlernen führt dazu, dass wir für die Zukunft eine gemeinsame Basis finden. Du hast dich sehr nachhaltig in mein Leben geschlichen, Anita.«
    »Na ja, geschlichen? Ich dachte, ich sei eher wie eine Bombe hineingeplatzt.«
    Er lachte auf und musterte mich.
    »Ja, so kann man es auch sehen. Wollen wir uns Zeit nehmen?«
    »Gerne, Valerius.«

    Er löste seine Arme und wies mit der Hand über die Felder und den Strand.
    »Komm, ich zeige dir die Insel. Kein Weib hat je in meiner Begleitung den Vorzug gehabt, dieses Eiland zu betreten.«
    Er half mir von der Terrasse hinunter.
    »Keines?«
    »Nein, du bist die Erste und Einzige. Falko und ich haben es als unsere ganz persönliche Zuflucht betrachtet. Meine Liebeleien fanden stets auf dem Festland statt.«
    Wir überquerten die Wiese und kamen zu einem schmalen Pfad, der durch die Felder führte.
    »Ich hoffe, ich entweihe den heiligen Grund nicht!«
    »Anita, ich hoffe, du packst deine Taschen und ziehst hier für den Rest deiner Ferien ein. Ich habe vor, ein paar Tage zu bleiben.«
    »Hat dein Chef dir denn Urlaub gegeben?«
    »Er ist zwar ein unausstehlicher Tyrann, Anita, aber in diesem Fall, glaube ich, habe ich ihn von der Notwendigkeit meiner Mission überzeugen können. Im Übrigen ist Cosy ziemlich gut in der Lage, das Tagesgeschäft alleine abzuwickeln, und notfalls kann sie mich anrufen.«
    »Sie nannte dich übrigens nicht tyrannisch.«
    »Nein? Hast du Erkundigungen eingezogen?«
    »Ein paar.«
    »Mh.«
    »Valerius – auch du hast dich in mein Leben eingeschlichen. Aber, Informationen aus zweiter und dritter Hand reichen mir genauso wenig. Ich ziehe zu dir.«
    »Du kannst Falkos Räume haben, er fährt entweder morgen Abend zurück oder...«
    »Oder arrangiert sich mit Rose.«
    »So ähnlich, ja. Würdest du?«

    »Muss ich in Falkos Zimmer wohnen?«
    Valerius blieb stehen und drehte sich um. Doch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher