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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes
Autoren: Bethan Roberts
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romantische Sehnsucht danach, die uns verbindet. Ich glaube, keiner von uns hat jemals seine Niederlage wirklich akzeptiert. Was sagen sie jetzt immer im Fernsehen?
Du musst nach vorn sehen.
Gut. Das hat keiner von uns beiden geschafft.
    Jeden Tag suche ich nach einem Zeichen und werde enttäuscht. Der Doktor hat recht: Es geht dir schlechter. Schon lange bevor er es sagte, hatte ich den Verdacht, dass du einen weiteren Schlaganfall erlitten hattest. Deine Finger, die vor ein paar Wochen in der Lage waren, einen Löffel zu halten, lassen jetzt alles fallen. Ich halte eine Tasse mit flüssiger Pasta an deine Lippen und das meiste kommt als schleimiger Strom wieder herausgekleckert. Ich habe einige von diesen Lätzchen in Erwachsenengröße gekauft und sie leisten uns gute Dienste, aber ich muss immer wieder daran denken, dass Dr. Wells von künstlicher Ernährung gesprochen hat. Es hört sich für mich wie eine viktorianische Foltermethode für eigenwillige Frauen an. Das kann ich nicht zulassen, Patrick.
    Nachmittags schläfst du die meiste Zeit und morgens setze ich dich in einen Sessel, dein Körper an beiden Seiten mit Kissen abgestützt,damit du nicht zu weit zu einer Seite rutschst, und wir sehen zusammen fern. In den meisten Sendungen geht es ums Kaufen und Verkaufen: Häuser, Antiquitäten, Lebensmittel, Kleidung, Urlaub. Ich könnte Radio 3 anstellen, das wäre dir lieber, aber ich finde, das Fernsehen bringt zumindest etwas Leben ins Zimmer. Und manchmal hoffe ich, dass es dich zur Verzweiflung treibt und du sprichst oder eine Bewegung machst. Morgen hebst du vielleicht die Hände hoch und befiehlst mir, DIESES TOTALE GESCHWAFEL ABZUSTELLEN .
    Wenn du es nur tun würdest.
    Ich weiß, dass du mich hören kannst. Denn wenn ich »Tom« sage, leuchten deine Augen, selbst jetzt.
    Nachdem ich in deiner Wohnung niemanden angetroffen hatte, ging ich zu Sylvie.
    »Was ist los mit dir?«, fragte sie, als sie mich hereinließ. Ich hatte immer noch mein zerknittertes Kleid an, meine Haare ungekämmt. Der starke Geruch von ungewaschenen Windeln begrüßte mich.
    »Wo ist das Baby?«
    »Sie schläft. Endlich. Um vier hoch, gegen sieben abgestürzt. Was für ein Wahnsinn, he?« Sylvie streckte die Arme nach oben und gähnte. Dann sah sie mir in die Augen und sagte: »Mensch. Du brauchst eine Tasse Tee.«
    Das Angebot, Tee zu trinken, und Sylvies mitfühlendes Gesicht waren so wunderbar, dass ich eine Hand fest auf meinen Mund pressen musste, um nicht zu weinen. Sylvie legte einen Arm um mich. »Los komm«, sagte sie, »lass uns erst mal ausruhen, wollen wir? Ich brauch heute Morgen nicht noch mehr Geheul.«
    Sie brachte zwei Tassen und wir setzten uns auf das Plastiksofa. »Herrgott, das Ding ist schrecklich«, sagte sie. »Als wenn man auf einer Parkbank sitzt.« Sie nahm geräuschvoll zwei Schluck Tee.»Ich trinke jetzt den ganzen Tag Tee«, sagte sie. »Wie meine Mutter.«
    Sie quasselte anscheinend, um mir Zeit zu geben, mich zu fassen, aber ich konnte nicht länger warten. Ich musste die Last loswerden. »Du erinnerst dich an Patrick, Toms –«
    »Klar, erinnere ich mich.«
    »Er ist verhaftet worden.«
    Sylvies Augenbrauen schossen nach oben bis zum Haaransatz. »Was?«
    »Er ist verhaftet worden. Wegen – Unzucht.«
    Es herrschte kurz Schweigen, bevor Sylvie mit gedämpfter Stimme fragte: »Mit Männern?«
    Ich nickte.
    »Die Drecksau … Wann?«
    »Gestern Abend.«
    »Allmächtiger.« Sie stellte ihre Tasse hin. »Armes Arschloch.« Sie lächelte, hielt sich dann die Hand vor den Mund. »Tut mir leid.«
    »Das Dumme ist«, sagte ich, ohne sie zu beachten, »das Dumme ist, ich glaube, es könnte wegen mir sein. Ich glaube, es ist meine Schuld.« Ich atmete sehr schnell und hatte Mühe, die Worte ruhig auszusprechen.
    Sylvie starrte mich an. »Wovon redest du, Marion?«
    »Ich hab einen anonymen Brief geschrieben. An seinen Chef. Ihm gesagt, dass Patrick – du weißt schon.«
    Es entstand eine Pause, bevor Sylvie sagte: »Oh.«
    Ich bedeckte mein Gesicht mit den Händen und schluchzte laut auf. Sylvie legte den Arm um mich und küsste mein Haar. Ich konnte Tee an ihren Zähnen riechen. »Beruhige dich«, sagte sie. »Es wird schon alles gut. Es muss noch etwas anderes geschehen sein, oder? Sie nehmen keine Leute fest nur wegen einem Brief, oder?«
    »Nein?«
    »Dummerchen«, sagte sie. »Natürlich nicht. Sie müssen ihn dabei erwischen, wie er etwas tut, oder? Auf frischer Tat, verstehst du.« Sie tätschelte
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