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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes
Autoren: Bethan Roberts
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Wohnzimmer gegangen und zerschlug Möbel. Ich ging zur Tür und sah zu, wie er einen Holzstuhl wiederholt auf den Boden warf, bis die Rückenlehne zerbrochen war und die Beine zersplittert waren. Dann hob er den nächsten hoch und bearbeitete ihn genauso. Ich hoffte, er würde sich den Tisch vornehmen, vielleicht die schreckliche Decke von seiner Mutter zerreißen. Aber nachdem er zwei Stühle zerstört hatte, ließ er sich auf einen dritten fallen und legte den Kopf in die Hände. Ich stand wie erstarrt in der Tür und beobachtete meinen Mann. Seine Schultern hoben und senkten sich mächtig und er stöhnte mehrmals seltsam, tierähnlich auf. Als er schließlich den Kopf hob, sah ich in seinem Gesicht denselben Ausdruck, den ich auf der Rutschbahn an unserem Hochzeitstag bei ihm gesehen hatte. Er war kreidebleich und sein Mund hatte einen seltsamen, unbestimmten Ausdruck. Er hatte schreckliche Angst.
    »Ich war da, als sie ihn reinbrachten«, sagte er und starrte michmit großen Augen an. »Ich hab ihn gesehen, Marion. Slater führte ihn am Handgelenk. Ich hab ihn gesehen und bin so schnell wie möglich weg. Er durfte mich nicht sehen.«
    Und plötzlich ging mir auf: Indem ich versucht hatte, dich zu zerstören, Patrick, hatte ich riskiert, Tom zu zerstören. Als ich den Brief an Mr Houghton geschrieben hatte, hatte ich nicht ein einziges Mal daran gedacht, welche Konsequenzen es für meinen Mann haben könnte. Aber jetzt hatte ich keine andere Wahl, als mich ihnen zu stellen. Ich hatte dich verraten, aber ich hatte auch meinen Mann verraten. Ich hatte ihm das angetan.
    Tom hatte wieder den Kopf in die Hände gelegt. »Was soll ich bloß machen?«
    Was sollte ich ihm antworten, Patrick? Was konnte ich sagen? In dem Moment traf ich eine Entscheidung. Ich würde die Frau sein, für die ich mich oben auf der Rutschbahn gehalten hatte. Die Toms Schwäche kannte und ihn retten konnte.
    Ich kniete mich neben meinen Mann. »Hör mir zu, Tom«, sagte ich. »Es wird alles gut werden. Wir können das alles hinter uns lassen. Wir können unsere Ehe noch einmal von vorn beginnen.«
    »Herrgott!«, rief er. »Das hat nichts mit unserer Ehe zu tun! Patrick wird ins Gefängnis kommen und ich bin ruiniert! Sie werden alles herausfinden und das ist das Ende.«
    Ich holte Luft. »Nein«, sagte ich, überrascht, wie ruhig und sicher ich klang. »Keiner weiß etwas davon. Du kannst aus dem Dienst ausscheiden. Du kannst woanders arbeiten. Ich werde für uns sorgen, solange du es brauchst … «
    »Wovon redest du?«, fragte Tom, vollkommen verwirrt.
    »Uns wird nichts geschehen. Es wird ein neuer Anfang sein.« Ich nahm sein Gesicht in meine Hände. »Patrick wird ihnen nichts von dir erzählen. Und ich werde dich nie verlassen.«
    Er begann zu weinen, meine Finger wurden von seinen Tränen ganz nass.
    In den nachfolgenden Wochen weinte er viel. Wir gingen ins Bett und ich wachte nachts von seinem tränenlosen Schluchzen auf. Er wimmerte auch im Schlaf, sodass ich manchmal nicht wusste, ob er wach war oder träumte, wenn er weinte. Ich zog ihn dann an mich und er wehrte sich nicht, legte seinen Kopf an meine Brust, wenn ich ihn hielt, bis er still und ruhig war. »Sch«, flüsterte ich. »Sch.« Und morgens machten wir einfach weiter wie immer, keiner von uns erwähnte das Weinen, was er an dem Tag gesagt hatte, als er die Stühle zerschlagen hatte, oder deinen Namen.
    Bevor dein Fall vor Gericht kam, tat Tom, was ich ihm empfohlen hatte. Er quittierte den Dienst bei der Polizei. Während des Gerichtsverfahrens wurden zu meinem Entsetzen Passagen aus deinem Tagebuch laut vorgelesen, in denen du ausführlich von deiner Beziehung zu Tom berichtest, den du »mein Polizist« nennst. Sie haben mich seitdem begleitet wie ein leises, aber unablässiges Klingeln im Ohr.
Sie passen so offensichtlich nicht zusammen, dass ich lächeln musste, als ich sie zusammen sah.
Den Satz habe ich besonders gut behalten. Am meisten schmerzt dein beiläufiger Ton. Und dass du recht hattest.
    Aber zu der Zeit, als die Gerichtsverhandlung stattfand, war Toms Kündigungsfrist fast um und er entging trotz deines belastenden Tagebuchs irgendwie weiteren Untersuchungen. Er hat mir sehr wenig davon erzählt, aber ich vermute, die Polizei war froh, ihn geräuschlos gehen zu lassen. Ich bin sicher, die Behörden wollten jeden weiteren Skandal vermeiden, nach all dem Aufsehen in den Zeitungen, für das die Korruption in den höchsten Stellen gesorgt hatte. Noch ein
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