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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau
Autoren: Arto Paasilinna
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Petrus. Er erwähnte, dass Gott neuerdings zerstreut sei, die Arbeit funktioniere nicht recht. Vor einigen Wochen zum Beispiel, als er für den Rückflug der Zugvögel von der nördlichen Halbkugel in die warmen südlichen Zonen hätte sorgen müssen, habe er die alten Systeme gründlich durcheinandergebracht.
    »Stell dir vor! Unser Herr schickte eines Tages einfach sechstausend Flamingos aus der Nilebene in die sibirische Tundra, ich konnte gar nicht so schnell reagieren. Nun, die Vögel flogen natürlich los, begaben sich in großen Scharen erst in die Türkei und von dort um das Kaspische Meer herum bis hinter den Ural, nach Sibirien also. Es war für die armen Tiere eine schreckliche Reise, und dort am Ziel werden sie gewiss erfrieren.«
    Der Erzengel Gabriel war entsetzt. Wie war dieser Missgriff möglich gewesen? War die Sache publik geworden? Konnte man sie irgendwie korrigieren?
    Petrus erklärte, dass die Flamingoschwärme größtenteils über unbewohntes Gebiet hinweggeflogen waren und dass fern in den asiatischen Steppen oder gar in der sibirischen Tundra zum Glück keine Ornithologen unterwegs waren. Einer der unglücklichen Vögel hatte sich jedoch nach Finnland verirrt. Dort waren noch nie Flamingos frei umhergeflogen. In der Gegend von Oulu, auf einer Insel namens Hailuoto, hatten Vogelkundler diesen nach Sibirien verbannten Flamingo gesichtet. Daraus hatte die finnische Presse natürlich eine Sensation gemacht und das Thema gründlich durchgehechelt. Man hatte sogar Fotos des armen Tieres veröffentlicht.
    »Ich musste mir schleunigst etwas einfallen lassen, wie ich den Flamingo aus Finnland wegkriege, und beschloss,mich einer Brandgans zu bedienen, die ist ja auch von Natur aus ein Zugvogel. Ich richtete es so ein, dass die Gans und der Flamingo Freundschaft schlossen, das hat geklappt, und nun flattern die beiden zusammen dort auf Hailuoto umher. Wenn die Gans in den Süden fliegt, ist der Flamingo hoffentlich so schlau, mit ihr gemeinsam Finnland zu verlassen und dort nicht weiter für Aufsehen zu sorgen. Dies ist nur ein unerheblicher Vorfall im Vergleich mit den großen Problemen der Welt, sechstausend Flamingos fallen nicht ins Gewicht, aber es ist symptomatisch«, seufzte Petrus.
    »Es wäre schlimm, wenn der Teufel sagen kann, dass das Weltenbuch durcheinandergeraten ist«, äußerte sich auch der Erzengel besorgt.
    »Die Sache mit der Urlaubsvertretung müssen wir vorläufig unbedingt geheim halten. Einigen wir uns darauf, dass wir die Pläne nicht publik machen, bevor nicht der Stellvertreter seinen Dienst angetreten hat«, schlug Petrus vor.
    »Schon allein wegen des Rufes der Welt sollten wir nicht darüber sprechen. Denk nur, falls zum Beispiel Allah von der Situation erfährt. Er war sowieso die ganzen letzten Jahre schon vollkommen außer Rand und Band«, konstatierte Gabriel.
    »Nun, Allah ist insgesamt höchst seltsam, den muss man nicht für voll nehmen«, beruhigte Petrus ihn.
    »Allah ist als Gottheit auf jeden Fall ein hitziger Mann«, warnte Gabriel. »Und er hat eine große Anhängerschaft unter den Wüstenvölkern.«
    Die himmlischen Kanzleichefs widmeten sich nun der praktischen Lösung des Problems. Als Erstes erstellten sieein vorläufiges Berufsbild Gottes. Das fiel ihnen leicht, denn beide wussten aus Erfahrung sehr genau, welche Aufgaben Gott zustanden und welche sie wiederum selbst mithilfe ihrer Engelsscharen verantworteten.
    Der Apostel und der Erzengel kamen zu dem Schluss, dass der praktikabelste Weg, die geeignete Person für die Vertretung Gottes zu finden, der Gebetskontakt wäre. Die Menschen beteten schließlich immer eifrig. Tag und Nacht wandten sie sich mit allen möglichen Anliegen an Gott. Millionen Gebete wurden heraufgeschickt, und sie alle mussten im Prinzip auch ausgewertet werden. Allerdings gab es, angesichts des hohen Bedarfs, zu wenig Arbeitskräfte im Himmel. Es war schier unmöglich, sämtliche Gebete anzuhören, geschweige denn, Stellung dazu zu nehmen und die Wünsche der Absender zu erfüllen. Die Engelsschar konnte diese Aufgabe schlicht und einfach nicht bewältigen. So hatte sich die Praxis durchgesetzt, dass nur die besonders inbrünstigen und sachlichen Gebete angehört und der Weiterbehandlung zugeführt wurden. Das waren durchschnittlich fünfzehn Prozent aller Gebete, aber immerhin mehrere Millionen jeden Tag. Aus dieser Menge stellten die niedersten Engel nach eigenem Gutdünken, manchmal auch durch das Los, eine Auswahl zusammen,
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