Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
»Hugen«, wie sie sich gelegentlich selbst nannten –, die auch ihrerseits ein Völkergemisch waren, eine Art Oberschicht bildeten. An der Spitze stand der König. Doch sein Machtanspruch gründete sich auf die Zustimmung des Volks, er war kein absoluter Herrscher. Mit der Bezeichnung »Volk« war natürlich nicht jeder Bauer und Handwerker gemeint, sondern der Adel – die Fürsten, Beamten, Geistlichen und die mächtig gewordenen Krieger.
    Aus der germanischen Kultur hatten die Franken die Vorstellung vom »Königsheil« gerettet. Dieses »Heil«, das sich Männer wie Abt Styrmi natürlich nur im Einklang mit ihrer Lehre von Jesus Christus und damit im Einvernehmen mit dem Heiligen Vater in Rom vorstellen konnten, entspricht etwa Napoleons Einlassung von der »fortune«, die man als Feldherr haben müsse. Es steht für Glück, für Geschicklichkeit, für Talent und natürlich für Erfolg und ist in allen Bereichen des fränkischen Lebens zu finden. Wer gut reden konnte, besaß »Wortheil«; ein guter Stratege hatte »Kriegsheil« usw. Das »Königsheil« der Franken war also nicht nur das persönliche Charisma des Herrschers, sondern auch in großem Umfang die Fähigkeit, sein Volk erfolgreich zu führen.
    Mit zunehmendem Einfluss der römisch geprägten Geistlichkeit wurde das »Königsheil« durch die Idee des »Gottesgnadentums« ersetzt. Der subtile Unterschied zwischen beiden ist der, dass die Persönlichkeit des Königs direkt sein »Heil« beeinflusste und dass der Adel dadurch als »Heilsbringer« mitwirkte, dass er den richtigen Mann zum König wählte. Das »Gottesgnadentum« kommt jedoch allein von Gott, und auch ein völlig unfähiger (oder der Romkirche ergebener!) König konnte nach dieser Interpretation nicht so ohne Weiteres ersetzt werden, weil man dadurch ja gegen Gottes Willen verstoßen würde. Indem Karl diese Ideologie mit in die fränkische Gesellschaft integrierte, machte er sich vom Wohlwollen des Adels in gewisser Weise unabhängig – begab sich dadurch aber in eine Abhängigkeit zum Papsttum, die sich damals sicher noch nicht absehen ließ. Seinen selbstbewussten hochmittelalterlichen Nachfahren wie Heinrich IV. oder Friedrich II. hat Karl damit jedoch ein schweres Erbe hinterlassen.
    Bei der Beschreibung des Empfangs für die maurischen Gesandten habe ich mich stark an die Augenzeugenberichte angelehnt, die vom Empfang des aus Rom geflohenen Papstes Leo III. in Paderborn im Jahr 799 existieren. Karl empfing das nur knapp einem Attentat entronnene Kirchenoberhaupt mit allen politischen und militärischen Ehren, wohl um zu demonstrieren, dass er auf der Seite des Heiligen Vaters stand. Leo III. dankte dem Frankenkönig diese Geste, indem er, nach einigem Hin und Her wieder im Amt bestätigt, ihm Weihnachten 800 die Kaiserkrone aufsetzte.
    Die Hierarchie des fränkischen Heers spiegelt die Gliederung der Gesellschaft wider: Der König stand an der Spitze des Heers. Seine weltlichen Stellvertreter waren die Comites terminales oder Marchiones (Markgrafen) und die Comes (Grafen). Ihnen nachgeordnet waren die Centenarii (Zentgrafen), im militärischen Denken etwa mit den römischen Zenturionen vergleichbar, wenngleich unbekannt ist, über wie viele Krieger sie geboten; im Zivilleben waren sie die Stellvertreter der Comites und zugleich eine Art Bezirksrichter. Den untersten Führungsrang bekleideten die Decani (Zehnterführer), die Gruppen von zehn Kriegern befehligten und am ehesten mit einem Feldwebel oder Sergeant vergleichbar sind. Und um es kompliziert zu machen: Die Leibwächter, Garden und Elitekrieger der Frankenkönige unterstanden nicht den normalen Militärbefehlshabern und der Heeresorganisation, sondern waren in Scarae (Scharen) organisiert, deren jeweilige Anführer die Comites scariti (Schargrafen) waren.
    Um einzelne Comites herauszuheben, sei es wegen der Größe ihrer Ländereien, ihrer Herkunft oder wegen ihrer Wichtigkeit in der Organisation des Frankenreichs, wurde außerdem der (ausschließlich zivile) Titel des Dux (Herzog) aus dem römischen Heereswesen übernommen. Dieser Titel war im Frankenreich nicht erblich und mit den jeweiligen Provinzen verknüpft, über die die Duces geboten. Es besteht deshalb ein beträchtlicher Unterschied zwischen dem fränkischen Dux und dem sächsischen Heritogo , der ein von den Kriegern gewählter Feldherr war und seine Befehlsgewalt nur für den Kriegszug erhielt.
    Zu Karls Festhalten an einem halbwegs ordentlichen Prozess
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher