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Der Lavagaenger

Titel: Der Lavagaenger
Autoren: Reinhard Stoeckel
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dargebotene Obst: Mango, Ananas, Bananen, die kannte er aus seiner Kaufhalle.
    Danach durfte man ruhen. Das Paradies. Das war es. Oder, Helder? Was fehlte noch?
    Gauguin.
    Gauguin?
    Nicht er, seine barbusigen Schönen. Solche, wie sie auch die Illustrationen zu Cooks Logbüchern zeigten.
    Helder dämmerte, träumte dahin zwischen Klischees und testosterongeschwängerten Wünschen. Junge Frauen, unverständliche, aber zärtliche Laute flüsternd, die ihn an der Hand fassten, kichernd mit sich zogen an den Strand, auf eine sonnige Lichtung, in eine schattige Hütte …
dreams come true in Blue Hawaii.
Wenig ist so unvergänglich wie die Okkupation unser Hirne durch Hollywood.
    Am Abend wieder Gebete und Tänze, vor einem Tempel unter den großen Augen martialischer Holzfiguren und am Strand um große Feuer herum. Dann: gemeinsames Essen und wieder Gesänge und Tänze.
    Dann etwa doch? Dreams come true …? Eine winkt ihm. Helder zögert, soll er oder … Sie kommt, nicht barbusig, nicht grasberockt, aber immerhin jung. Aber nicht einmal so alt, wie es Helder selber passend fände. Er lässt sich trotzdem am bunten Hemd hinüber ins Dunkel ziehen, abseits hinter einen Felsen. Helders Herz klopft, springt und schlägt drei Salti.
    Die Unbekannte zückt einen Taschenspiegel, fängt mit ihrem hübschen Gesicht den Mondschein ein und bemüht sich, ihre Jugend dick mit Lippenstift zu übermalen.
    O nein, durchfährt es Helder, ich muss zurück!
    Da, ein Geräusch, Helder wendet sich um, erkennt im Halbdunkel drei Burschen. Was ist das? Schnappt da ein Messer auf? Nein, nur ein Feuerzeug. Es wandert von Zigarette zu Zigarette. Einer trägt helle Turnschuhe, ihre dicken Sohlen glimmen hellgrün. In die Ohren eines anderen ist ein Walkman gestöpselt, metallisches Hämmern zischt rhythmisch herüber. Eine Büchse kreist, Biergeruch.
    Was wollen die? Ist das ein Lächeln oder ein Grinsen?
    You have cell phone?
    Cell phone?
    Cell phone, wiederholte der Sprecher und machte die Geste des Telefonierens.
    Ah, Handy. No, nix Handy! Helder schüttelt den Kopf und denkt: Ich nur altes Telefon.
    You have MP3 Player?
    No. Nix MP3. What is MP3?
    Gameboy?
    No. No.
    You give cell phone or Player, okay? And we … der Turnschuhträger legte den Finger auf die Lippen. Psst. Okay?
    Helder hob die Schultern.
    Cell phone or Police?!, wiederholte der Wortführer der Halbstarken.
    Helder war irritiert. Wollten die ihn anzeigen, weil er einer Siebzehnjährigen nachgeschlichen war? Besser gesagt, von ihr mitgezogen worden war.
    Nein, wird Keola sagen, die drohten damit, uns zu verpfeifen, weil wir illegal auf dieser Insel sind.
    Jetzt zieht Helder seinen Brustbeutel und bietet
some Euros
an. Die Jungen greifen zu und neigen freundlich den Kopf. Das Mädchen dreht sich um, wackelt noch einmal mit dem Hintern, und schon sind sie alle zwischen Bäumen und Büschen verschwunden.
    Was für eine Bande, denkt Helder. Wollen halt auch ein bisschen vom Fortschritt haben, die jungen Leute.
    Er denkt an die morgendlichen Lieder und Tänze, die dörfliche Idylle. Paradise lost.
    Er spielt Rolling Stone oder Einstein oder Klein Henri und streckt den Sternen die Zunge raus. Dann schleicht er zurück zu den Feuern am Strand.
    Wieder ein Morgen. Die Nacht am Ende nicht allein verbracht, oft die Hände gebraucht. Es juckte überall. Danndoch eingeschlafen. Aufgewacht und gespürt, da ist ein warmer Körper am Rücken. Ein Schwein. Es hatte sich’s bequem gemacht neben Helder, vermisste wohl den am Vortag verspeisten Gefährten. Wollte nicht allein sein. Teilte das Lager und seine Flöhe mit dem Weltenwanderer. Aha, daher das Jucken. Bloß schnell ins Wasser.
     
    Am Ufer des Meeres traf Helder Keola, der stand dort auf seine Krücke gestützt und sprach mit dem Kahuna und dem Häuptling. Sie gestikulierten und deuteten dabei immer wieder auf eine Stelle an der Küste, die schroff ins Meer abfiel.
    Dort, erfuhr Helder, liege in einer Höhle Hans Kaspars Nachlass.
    Vermutlich liegt er da, erläuterte Keola, das behauptet zumindest der Häuptling.
    Der Priester schüttelte heftig den Kopf.
    Er meint, sagte Keola, die gesamte Höhle liege seit der großen Flut völlig unter Wasser. Nicht nur der Eingang …
    Dies verneinte der Häuptling aufs Neue energisch. Und die Debatte entspann sich erneut.
    Nein, nein. Der Priester sprach von einem Tabu.
    Keola erklärte, dass man im Dorf anfangs uneins gewesen sei, ob man dem Verbleib der Heiligtümer, insbesondere der Stimme des
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