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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange
Autoren: Ruth Rendell
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der sie stranguliert hatte, weil er es nicht bekommen konnte? Hatte er sie umgebracht, sie auf dem Bett liegenlassen und sich mit ihrem Wagen aus dem Staub gemacht?
    Möglich war es. Wexford beschloß, die Sache unter dieser Hypothese anzugehen. Dann wandte er seine Gedanken angenehmeren Themen zu, seinen Enkelkindern, seinem kürzlich verlebten Urlaub, und bald war er eingeschlafen.

3
    »Mr. Hathall«, sagte Wexford, »Sie haben zweifellos Ihre eigenen Vorstellungen, wie diese Untersuchung durchgeführt werden sollte. Sie halten meine Methoden vielleicht für unorthodox, aber es sind nun mal meine Methoden, und ich kann Ihnen versichern, sie führen zu Ergebnissen. Ich kann mich bei der Aufklärung dieses Falles nicht allein auf Indizienbeweise beschränken. Es ist für mich unerläßlich, so viel wie möglich über alle betroffenen Personen zu erfahren. Also, wenn Sie meine Fragen einfach und zutreffend beantworten würden, kämen wir sehr viel schneller voran. Ich versichere Ihnen, ich stelle sie in der reinen und einzigen Absicht, herauszufinden, wer Ihre Frau getötet hat. Wenn Sie sich dadurch gekränkt fühlen, geraten wir nur in Verzug. Wenn Sie darauf bestehen, daß gewisse Dinge ausschließlich Ihr Privatleben betreffen, und sich weigern, sie offenzulegen, dann kann dadurch sehr viel kostbare Zeit verlorengehen. Können Sie das bitte verstehen und sich entsprechend kooperativ verhalten?«
    Diese kleine Rede war nötig geworden durch Hathalls Reaktion auf die erste Frage, die Wexford am Sonntag morgen um neun bei der Vernehmung an ihn gestellt hatte. Er hatte wissen wollen, ob Angela die Gewohnheit hatte, Fremde im Wagen mitzunehmen, aber Hathall, der nach seinem durch Medikamente bewirkten Nachtschlaf eigentlich ganz ausgeruht schien, hatte einen Wutanfall bekommen.
    »Was für ein Recht haben Sie, die Moral meiner Frau in Zweifel zu ziehen?«
    Ruhig hatte Wexford geantwortet: »Die überwiegende Mehrheit der Leute, die Anhalter mitnehmen, wollen einfach hilfsbereit sein«, und dann, als Hathall ihn weiterhin mit zornigen Augen anstarrte, hatte er diesen Sermon vom Stapel gelassen.
    Der Witwer machte eine unwirsche Gebärde, zuckte die Schultern und gestikulierte mit den Händen. »In einem Fall wie diesem sollte man doch meinen, Sie würden sich an Fingerabdrücken und – na ja, eben an solche Sache halten. Ich meine, es ist doch offensichtlich, daß irgendein Mann hier reingekommen ist und … Er muß doch Spuren hinterlassen haben. Ich habe darüber gelesen, wie solche Untersuchungen geführt werden. Ist doch alles eine Frage der Deduktion aufgrund von Haaren und Fußspuren und – na ja, Fingerabdrücken.«
    »Ich sagte Ihnen ja bereits, ich bin überzeugt, Sie haben Ihre eigene Vorstellung, wie eine Untersuchung geführt werden sollte. Meine Methoden schließen aber das, was Sie empfehlen, auch ein. Sie haben doch selbst gesehen, wie gründlich wir uns gestern abend dieses Haus vorgenommen haben. Aber wir sind keine Zauberer, Mr. Hathall. Wir können nicht um Mitternacht einen Fingerabdruck oder ein Haar finden und Ihnen neun Stunden später sagen, von wem sie sind.«
    »Wann dann?«
    »Das kann ich nicht sagen. Sicher werde ich in ein paar Stunden wissen, ob gestern nachmittag ein Fremder hier in Bury Cottage gewesen ist.«
    »Ein Fremder! Natürlich war es ein Fremder. Das hätte ich Ihnen schon gestern abend um acht sagen können. Ein pathologischer Killer, der hier reingekommen, nein eingebrochen ist – und dann hinterher meinen Wagen gestohlen hat. Haben Sie meinen Wagen schon gefunden?«
    Sehr verbindlich und kühl erwiderte Wexford: »Ich weiß es nicht, Mr. Hathall. Ich bin weder der Herrgott, noch kann ich hellsehen. Ich habe noch nicht einmal Zeit gehabt, mit meinen Leuten zu reden. Wenn Sie mir die eine Frage beantworten, die ich Ihnen gestellt habe, dann lasse ich Sie eine Weile in Ruhe und spreche mit Ihrer Mutter.«
    »Meine Mutter weiß nichts über das alles. Meine Mutter hat bis gestern abend noch nie einen Fuß in dieses Haus gesetzt.«
    »Meine Frage, Mr. Hathall.«
    »Nein, sie hatte nicht die Gewohnheit, jemanden mitzunehmen!« brüllte Hathall, das Gesicht rot und verzerrt. »Sie war sogar zu schüchtern und nervös, um hier unten Freunde zu gewinnen. Ich war der einzige Mensch, dem sie vertrauen konnte, und das ist auch kein Wunder nach allem, was sie durchgemacht hat. Der Mann, der hier reingekommen ist, hat das gewußt, der hat gewußt, daß sie immer allein war. Darum
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