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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange
Autoren: Ruth Rendell
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Burden beinahe trübsinnig, »die Welt wäre besser dran, wenn alle so wären wie Sie und ich.«
    »Ganz schön arrogant sind Sie! Haben wir schon irgendwas von unseren Fingerabdruckjungens? Hathall ist ganz versessen auf Fingerabdrücke. Er ist einer von denen, die uns für Jagdhunde halten: Zeigt uns einen Abdruck oder eine Fußspur, da senken wir unsere Nasen auf den Boden und verfolgen die Spur, bis wir ein, zwei Stunden später den Fuchsbau gefunden haben.«
    Burden schnaubte und warf dem Chief Inspector ein Bündel Papier auf den Tisch. »Da steht alles drin«, sagte er. »Ich hab’s mir angesehen, es gibt da zwar ein paar interessante Punkte, aber den Fuchs schnappen wir nicht in zwei Stunden. Wer immer er ist, er ist weit, weit weg, darauf können Sie Gift nehmen.«
    Schmunzelnd meinte Wexford: »Und von dem Wagen noch keine Spur?«
    »Der wird wahrscheinlich irgendwann Mitte der nächsten Woche in Glasgow oder so auftauchen. Martin hat bei Hathalls Firma nachgefragt, bei Marcus Flower. Er hat dort mit einer Sekretärin gesprochen. Sie heißt Linda Kipling, und sie sagt, Hathall ist gestern den ganzen Tag dort gewesen. Sie seien beide etwa gegen zehn gekommen – mein Gott, so gut möchte ich es auch mal haben! –, und abgesehen von anderthalb Stunden Mittagspause war Hathall da, bis er um halb sechs gegangen ist.«
    »Daß ich gesagt habe, er habe über den Tod seiner Frau in der Zeitung nachgelesen, heißt noch nicht, daß ich ihn für den Mörder halte.« Wexford klopfte einladend auf einen Stuhl neben sich und sagte: »Setzen Sie sich, Mike, und erzählen Sie mir, was da drinsteht in dem Wust, den Sie mir gebracht haben. Aber möglichst knapp bitte, ich seh es mir später noch selbst an.«
    Der Inspector nahm Platz und setzte die Brille auf, die er sich kürzlich zugelegt hatte. Es war eine elegante Brille mit schmalem schwarzen Rand, die Burden das Aussehen eines erfolgreichen Rechtsanwalts verlieh. Mit seiner reichhaltigen Kollektion gutgeschnittener Anzüge, seinem vorzüglich geschnittenen, blonden Haar und einer Figur, die keine Diät nötig hatte, um in Form zu bleiben, hatte er ohnehin nie wie ein Kriminalbeamter ausgesehen – eine Tatsache, die ihm oft nützte. Seine Stimme war klar, ein wenig unsicherer als sonst, denn er hatte sich noch nicht an die Brille gewöhnt, und er schien zu glauben, sie würde nicht nur sein Aussehen, sondern seine gesamte Persönlichkeit verändern.
    »Als erstes wäre zu bemerken«, fing er an, »daß es in dem Haus nicht annähernd so viele Abdrücke gab, wie man hätte erwarten müssen. Es war ein ganz ungewöhnlich gepflegtes Haus, alles und jedes total sauber, geradezu poliert. Sie muß wirklich supergründlich saubergemacht haben, denn es gab sogar von Hathall selbst kaum Fingerabdrücke. Ein deutlicher, voller Handabdruck auf der Haustür, außerdem Spuren an anderen Türen und am Treppengeländer, aber die sind offensichtlich entstanden, nachdem er gestern abend heimgekommen ist. Die Abdrücke der alten Mrs. Hathall waren auf dem Küchentresen, am Handlauf des Treppengeländers, im hinteren Schlafzimmer, an den Wasserhähnen im Bad, an der Toilettenspülung, am Telefon und – merkwürdigerweise – auch auf den Bilderleisten am Treppenabsatz.«
    »Gar nicht merkwürdig«, fiel Wexford ein. »Sie ist doch so ein alter Drachen und fährt natürlich mit dem Finger über eine Bilderleiste, um zu sehen, ob die Schwiegertochter Staub gewischt hat. Und hätte die das nicht getan, dann hätte die Alte sicher ›Schlampe‹ oder sonst was Provokatives in den Staub geschrieben.«
    Burden rückte seine Brille zurecht, verschmierte die Gläser dabei mit den Fingerspitzen und rieb sie ungeduldig an der Hemdmanschette sauber. »Angelas Fingerabdrücke waren an der Hintertür, an der Tür zwischen Küche und Diele, an ihrer Schlafzimmertür und an verschiedenen Flaschen und Dosen auf ihrem Frisiertisch. Aber sonst waren nirgends welche von ihr. Anscheinend trug sie Handschuhe bei der Hausarbeit, und wenn sie die auszog, um aufs Klo zu gehen, dann muß sie hinterher alles saubergewischt haben.«
    »Kommt mir ziemlich zwanghaft vor. Aber wahrscheinlich sind manche Frauen wirklich so.«
    Burden, dessen Ausdruck verriet, daß er solche Frauen eher schätzte, fuhr fort: »Die einzigen anderen Abdrücke im Haus waren die eines unbekannten Mannes und einer unbekannten Frau. Die des Mannes wurden lediglich auf Büchern entdeckt und auch an der Innenseite einer Kleiderschranktür
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