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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange
Autoren: Ruth Rendell
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Mann, der eine Reinmachefrau wie ein Möbelstück betrachtet. Aber selbst wenn er sich vorsichtig geäußert hat, der Name Mrs. Mary Lewis und die Adresse Maynnot Way 19 mußten Morag ja aufhorchen lassen, denn das war doch nur ein Stück die Straße hinunter, wo sie und ihr Mann wohnten, und sie wußte, daß es dort keine Mary Lewis gab. Und wenn Hathall dann unmittelbar nach dem Telefongespräch die Daten in den Computer eingespeist hat …«
    »Du meinst, sie hat ihn erpreßt?«
    »Das bezweifle ich. Sie war eine ehrliche Frau. Aber womöglich hat sie gleich auf der Stelle nachgefragt. Vielleicht hat sie ihm bloß gesagt, sie habe gehört, was er gesagt hätte, und da gäbe es gar keine Mary Lewis, und wenn er dann nervös geworden ist – mein Gott, du solltest den sehen, wenn er nervös wird! –, dann könnte es sein, daß sie mehr und mehr Fragen gestellt hat, bis sie eine verschwommene Vorstellung bekam von dem, was wirklich vor sich ging.«
    »Und darum haben sie sie umgebracht?«
    Wexford nickte. »Aus deiner und meiner Sicht ist das vielleicht ein jämmerliches Motiv, aber aus ihrer! Sie hätten doch keine ruhige Minute mehr gehabt, denn wenn Hathalls Schwindel entdeckt worden wäre, dann hätte er seinen Job verloren, hätte auch seine neue Stellung bei Marcus Flower verloren und hätte nie wieder eine Beschäftigung auf dem einzigen Gebiet gefunden, für das er ausgebildet war. Du darfst nicht vergessen, was für ein paranoides Paar die beiden sind. Sie fühlten sich dauernd verfolgt und gejagt, sie verdächtigten jeden noch so unschuldigen und harmlosen Menschen, daß er es auf sie abgesehen hätte.«
    »Na, du warst ja nicht gerade unschuldig und harmlos, Reg«, meinte Howard ruhig.
    »Nein, und vielleicht war ich der einzige Mensch, der Robert Hathall jemals tatsächlich verfolgt hat.« Wexford hob sein fast leeres Glas. »Frohe Weihnachten«, sagte er. »Jedenfalls soll mir Hathalls Verlust der Freiheit nicht die Weihnachtsfreude verderben. Wenn jemand es verdient hat, dann er. Gehen wir zu den anderen? Mir ist so, als hätte ich Mike mit meinem Schwiegersohn kommen hören.«
    Der Baum war geschmückt. Sheila tanzte mit John Burden nach den stampfenden Kakophonien, die aus dem Plattenspieler dröhnten. Nachdem Sylvia einen schläfrigen kleinen Jungen zum drittenmal in sein Bett zurückgetragen hatte, wickelte sie die letzten Geschenke ein, ein Plüschtier Marke Kidds kits for kids, einen Malkasten, einen Globus, ein Bilderbuch und ein Spielzeugauto. Wexford legte einen Arm um seine Frau, den anderen um Pat Burden und küßte sie unter dem Mistelzweig. Lachend streckte er die Hand nach dem Globus aus und versetzte ihm einen Stoß. Dreimal drehte er sich um seine Achse, ehe Burden begriff, weshalb. Dann sagte er:
    »Und sie bewegt sich doch. Sie hatten recht. Er hat es getan.«
    »Na ja, aber Sie hatten auch recht«, sagte Wexford. »Er hat seine Frau nicht umgebracht.« Und als er Burdens verständnislosen Blick sah, fügte er hinzu: »Ich fürchte, jetzt muß ich die ganze Geschichte noch mal erzählen.«
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