Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet
Autoren: Tony Hillerman
Vom Netzwerk:
1  
    Der Streifenwagen zog leicht nach rechts. Officer Jim Chee wurde den Verdacht nicht los, daß mit dem Luftdruck in seinem rechten Vorderreifen etwas nicht stimmte. Es mochte auch sein, daß der Stoßdämpfer auf dieser Seite nicht mehr ganz in Ordnung war. Vielleicht hatte auch irgendein Straßenarbeiter seine Planierschaufel nicht ganz richtig eingestellt, so daß die Straßenoberfläche hier leicht geneigt war. Jedenfalls zog Chees Streifenwagen aus irgendeinem Grund etwas nach rechts. Er runzelte die Stirn, während er gegenlenkte. Er war hundemüde.
    Aus dem Lautsprecher des Funkgeräts kam ein Pfeifen, dann war die Stimme von Officer Delbert Nez zu hören. »... fast beim letzten Tropfen Sprit. Ich muß in Red Rock tanken, obwohl's da verdammt teuer ist, oder zu Fuß heimgehen.«
    »Falls du das tust, rate ich dir, den Sprit selbst zu bezahlen«, sagte Chee. »Das ist besser, als dem Captain erklären zu müssen, warum du aufzutanken vergessen hast.«
    »Ich glaube...«, antwortete Nez. Dann wurde seine Stimme unhörbar leise.
    »Die Verbindung ist gestört«, sagte Chee. »Ich höre dich nicht mehr.« Nez fuhr Wagen 44, einen notorischen Spritschlucker. Wahrscheinlich war irgend etwas mit seiner Benzinpumpe nicht in Ordnung. Der Wagen stand immer mal wieder in der Werkstatt, ohne jemals hundertprozentig repariert zu werden.
    Schweigen. Gleichmäßiges Rauschen. Das Fahrverhalten von Chees Streifenwagen schien sich gebessert zu haben. Wahrscheinlich hatte es doch nichts mit dem Reifendruck zu tun. Vielleicht eher... Plötzlich funktionierte die Verbindung wieder.
    »... den Hundesohn auf frischer Tat schnappen«, sagte Nez gerade. »Ich möchte wetten, daß er ...« Dann brach der Funkkontakt wieder ab. Stille.
    »Ich höre dich nicht mehr«, sagte Chee in sein Mikrofon. »Der Funk ist gestört.«
    Was nicht weiter ungewöhnlich war. In dem 65,000 Quadratkilometer großen Gebiet, das die Navajos »Big Rez« nannten, gab es mindestens ein Dutzend Stellen, die aus verschiedenen Gründen im Funkschatten lagen. Hier zwischen den monolithischen Vulkantürmen von Ship Rock, der Carrizo Range und den Chuska Mountains befand sich nur eine davon. Chee vermutete, daß der schlechte Empfang auf die umliegenden Berge zurückzuführen war, aber es gab auch andere Theorien. Deputy Sheriff »Cowboy« Dashee behauptete steif und fest, die Ursache dafür seien Magnetfelder der alten Vulkanschlote, die hier und dort wie riesige schwarze Kathedralen aufragten. Die alte Thomasina Bigthumb hatte ihm einmal erklärt, ihrer Überzeugung nach könnten nur Hexen und Zauberer dahinterstecken. Gewiß, dieser Teil des Reservats war wegen des Hexenspuks berüchtigt, aber andererseits war auch bekannt, daß die alte Bigthumb immer gleich an Hexerei glaubte, egal, was passiert war.
    Dann hörte Chee seinen Kollegen wieder. Anfangs klang seine Stimme sehr leise. »... sein Fahrzeug«, sagte Delbert gerade. (Oder »... sein Laster«? Oder »...sein Pickup«? Was hatte Delbert Nez genau gesagt?) Dann war er plötzlich klar zu verstehen, und Chee hörte seinen Kollegen sogar lachen. »Diesmal krieg' ich ihn!« sagte Delbert Nez.
    Chee griff nach dem Mikrofon. »Wen willst du kriegen?« erkundigte er sich. »Brauchst du Verstärkung?«
    »Meinen Phantomschmierer«, schien Nez zu sagen. Zumindest klang es so. Der Empfang ließ wieder nach; die Stimme wurde leiser und drohte im Rauschen unterzugehen.
    »Ich kann dich kaum hören«, sagte Chee. »Brauchst du Verstärkung?«
    Soweit er es verstand, schien Nez seine Frage zu verneinen. Und er lachte dabei wieder.
    »Okay, dann sehen wir uns in Red Rock«, antwortete Chee. »Und diesmal zahlst du.«
    Die einzige Antwort bestand aus dem Rauschen des Funkgeräts, aber Chee brauchte keine Bestätigung. Delbert Nez war von der Zentrale der Navajo Tribal Police in Window Rock aus auf der U.S. 666 von Yah-Ta-Hey nach Norden unterwegs. Chee fuhr die 666 von der Shiprock Police Station aus nach Süden ab, und wenn sie sich begegneten, tranken sie einen Kaffee miteinander. Sie hatten vereinbart, daß sie sich an diesem Abend in der Tankstelle Red Rock, die zugleich Poststelle und Lebensmittelgeschäft war, treffen würden
    - und dieses Ziel steuerten jetzt beide Streifenwagen an.
    Chee war auf der Schotterstraße unterwegs, die von Biklabito aus in Richtung Süden führte und dabei mehrmals die Grenze zwischen Arizona und New Mexico überschritt. Nez fuhr von der U.S. 666 auf dem Asphalt der Navajo Route
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher