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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre
Autoren: Imogen Parker
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Kapitel 1
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    Juli
     
    Es war der heißeste Sommer seit fast
zwanzig Jahren.
    Die getönten Fensterscheiben ihres
Büros im sechsten Stock ließen den Himmel in einem tiefen, kühlen Blau
erscheinen. Alison sah hinaus und beobachtete, wie der Kondensstreifen eines
unsichtbaren Flugzeugs eine weiße Kerbe in die reine, gleichmäßige Farbe schnitt.
Die Luft im Gebäude war dünn und frisch, fast wie in den Alpen. Es war schwer
zu glauben, daß die Bürgersteige draußen wie Kohlen glühten. Die Hitze ließ
nicht nach, auch wenn es Abend wurde. Die Betonstadt war ein gigantischer
Nachtspeicherofen, der die Sonnenwärme aufnahm und dann wieder ausstrahlte.
Alison versuchte sich die Wand aus heißer, schlechter Luft vorzustellen, die
sie beinahe erschlagen würde, sobald die Drehtür im Erdgeschoß sie aus dem
Kühlschrank in den Ofen wirbelte, doch es gelang ihr nicht. Hier oben war sie
sicher, versiegelt in einem kalten Glaskasten, geschützt vor dem Verkehrslärm,
dem Smog und der Intensität der Sonne. Das Büro war ein ruhiger Zufluchtsort,
wo sie wußte, was sie tat, und plötzlich erschien ihr die Welt da draußen wie
ein Reich, dessen Unsicherheit sie mit Schrecken erfüllte. Einen Moment lang
wünschte sie sich, sie könnte bis in alle Ewigkeit in der kühlen, frischen Luft
bleiben, an ihrem Schreibtisch sitzen und isoliert vom wahren Leben am Himmel
schweben.
    Alison blickte wieder auf ihren
Bildschirm. Sie mußte nur noch eine Überschrift für den Artikel finden, und
dann müßte sie vier ganze Monate nicht mehr arbeiten. Sie würde am nächsten Tag
noch einmal kommen, aber nur um aufzuräumen und ihrer Vertretung ein paar
Anweisungen zu hinterlassen.
    » Lauter Leckereien. Wir klingt
das, Ramona?« fragte sie die Moderedakteurin, die am Schreibtisch gegenüber
saß. »Es ist ein Artikel über Gewürze... Na gut, ich weiß auch, daß es schwach
ist. Aber komm schon, hilf mir, ich kann nicht mehr klar denken.«
    » Zaubern mit Zimt ?« Ramona
stellte ihre Erfahrung als Sub-Editor unter Beweis. » Kochen mit Kümmel ?«
    Alison lachte.
    »Das ist grausiger als mein
schlechtester Versuch. Mach’s mit Muskat .«
    » Fenchel dir einen !«
    »Fenchel ist doch kein Gewürz, oder?«
fragte Alison mit besorgtem Blick. »Wenn doch, dann ist dieser umfassende
Leitfaden nicht ganz so umfassend...«
    »Wie wär’s mit Gewürze: Von Anis
bis Zimt ?«
    »Perfekt.«
    Als Alison gerade schwungvoll die
Taste betätigte, die den Artikel an die Sub-Editors abschickte, schnarrte ihr
Telefon.
    »Hier unten wartet ein Mann auf sie«,
verkündete die Empfangsdame lustlos.
    »Okay, ich komme runter. Ich will
sowieso gerade gehen«, sagte Alison und legte mit einem langen Seufzer auf.
    »Was ist los?« fragte Ramona.
    »Da ist wer für mich am Empfang.
Wahrscheinlich dieser Photograph, der mich schon die ganze Zeit nervt. Ich soll
mir seine Mappe ansehen. Als er das letzte Mal angerufen hat, sagte er, auf
seinen Photos sähe Essen wie Sex aus. Als ob mich das scharf machen
würde...«
    »Oh, nicht schon wieder diese Essen
und Sex-Masche.« Ramona verdrehte die Augen. »Auf welchem Planeten lebt der
Kerl? Weiß er nicht, daß es heutzutage fast unmöglich ist, einen Artikel über
Essen zu finden, in dem die Photos nicht wie Sex aussehen?«
    »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob
ich im Moment Photos ertragen könnte, auf denen Eßbares wie Essen aussieht«,
bemerkte Alison trocken.
    »Schleich dich doch hinten raus«,
schlug Ramona vor.
    »Nein, ich kann es genausogut hinter
mich bringen. Ich will nicht, daß er morgen wieder hier auftaucht.« Sie sah auf
die Uhr. »Ich kann sowieso nur fünf Minuten für ihn erübrigen. Ich habe meinen
Kurs als Entschuldigung.«
    »Du könntest auch eine erfinden«,
sagte Ramona.
    »Schon, aber ich lüge nicht besonders
überzeugend. Bis morgen.«
    »Viel Glück im Kurs«, sagte Ramona und
fügte hinzu: »Sie werden euch erzählen, daß ihr einfach nur atmen müßt. Aber
ich gebe dir einen Rat — Pethidin. Mm, wenn ich nur daran denke, will ich noch
ein Baby!«
    Alison warf Ramona über den
Schreibtisch eine Kußhand zu und hievte ihre weiche Ledertasche auf die
Schulter.
    Im Fahrstuhl dachte sie sich eine
kurze Ausrede aus, um den Photographen loszuwerden. Als sich die Türen
öffneten, setzte sie ein Gesicht mit geschäftsmäßigem Stirnrunzeln auf, das
jedoch sofort wieder verschwand, als sie sah, wer ihr Besucher wirklich war.
»Stephen!« Sie lachte erleichtert.
    Ihr Mann
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