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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder
Autoren: P.J. Tracy
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sehnsüchtigen Blick auf den Grill. «Wir sind
    also wieder im Geschäft?»
    «Und zwar ganz schwer.» Gino hielt einen Moment inne. «Hast
    du schon mal daran gedacht, dass es vielleicht der falsche Job ist, bei dem man nur was zu tun hat, wenn jemand ermordet wird?»
    «Tagtäglich, Kumpel.»

    KAPITEL 3

    Marty Pullman saß auf dem geschlossenen Toilettendeckel in seinem Badezimmer im Erdgeschoss und starrte in die Mündung einer 357er
    Magnum. Das runde schwarze Loch sah sehr groß aus, und das
    machte ihm Sorgen. Schlimmer noch war, dass sich die Toilette
    gegenüber dem großen Spiegel auf den Schiebetüren befand, die die Badewanne einschlossen, und er war nicht sonderlich erpicht darauf, Hauptdarsteller in seinem eigenen Snuff-Film zu werden. Er dachte kurz darüber nach, kletterte dann in die Badewanne und schob die
    Türen hinter sich zu.
    Er schmunzelte ein wenig, als er den Duschkopf auf den
    rückwärtigen Teil der Wanne richtete und das Wasser voll aufdrehte.
    Er mochte ja vielleicht aus seinem Leben einen Schlamassel gemacht haben, aber er würde verdammt noch mal mit seinem Tod keine
    Sauerei hinterlassen.
    Zufrieden setzte er sich schließlich in die Wanne und schob sich
    die Mündung in den Mund. Wasser ergoss sich über seinen Kopf,
    seine Kleidung, seine Schuhe.
    Er zögerte noch ein paar Sekunden und fragte sich abermals, was
    er am vergangenen Abend getan hatte – wenn überhaupt etwas.
    Nicht dass es jetzt noch etwas ausmachte, dachte er, als er seinen Daumen durch den Abzugsbügel schob.
    «Mr. Pullman?»
    Marty erstarrte. Sein Daumen zitterte am Abzug. Verflucht noch
    mal, jetzt halluzinierte er schon. Anderes war nicht denkbar.
    Niemand hatte ihn je in diesem Haus besucht, und ganz bestimmt
    würde niemand ungebeten eintreten, außer vielleicht ein Zeuge
    Jehovas – weshalb er froh war, dass er den Revolver hatte.
    «Mr. Pullman?» Die männliche Stimme wurde jetzt lauter und
    kam näher. Ihr Besitzer hörte sich jung an. «Sind Sie da drinnen, Sir?» Ein kräftiges Klopfen erschütterte die Badezimmertür.
    Der Revolver hinterließ einen grässlichen Geschmack, als er ihn
    aus dem Mund zog. Marty spuckte in den Wasserstrudel am Abfluss.
    «Wer ist denn da?», rief er und gab sich größte Mühe, Furcht
    einflößend und aggressiv zu klingen.
    «Tut mir leid, Sie zu stören, Mr. Pullman, aber Mrs. Gilbert hat
    mir aufgetragen, wenn nötig sogar die Tür aufzubrechen…»
    «Wer sind Sie, verdammt noch mal, und woher kennen Sie
    Lily?», rief Marty.
    «Jeff Montgomery, Sir? Ich arbeitete in der Gärtnerei?»
    Der Bursche sprach ausschließlich in Fragen. Gott, war das
    nervig. Marty sah auf den Revolver hinunter und seufzte. Er würde es nie schaffen. «Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich komme gleich raus.»
    Er kletterte aus der Wanne, zog die nassen Kleidungsstücke aus
    und stopfte dann Revolver, Kleidung und Schuhe in den
    Wäschekorb. Er schlang sich ein Handtuch um die Taille und öffnete die Badezimmertür.
    Ein hoch gewachsener junger Mann – achtzehn oder höchstens
    neunzehn Jahre alt – stand verlegen auf dem Flur, die Hände in den Jeanstaschen vergraben.
    «Okay. Da bin ich. Jetzt sagen Sie mir, warum Lily wollte, dass
    Sie meine Tür aufbrechen.»
    Jeff Montgomery hatte große blaue Augen, die sich grotesk
    weiteten, als er die breite Narbe sah, die eine Diagonale über Martys nackte Brust riss. Er schaute schnell weg.
    «Äh… Ich hab doch Ihre Tür gar nicht aufgebrochen? Sie stand
    offen? Und Mrs. Gilbert hat ständig versucht, Sie anzurufen, aber niemand hat abgenommen? Du lieber Gott, Mr. Pullman, es tut mir
    schrecklich leid, aber Mr. Gilbert ist von uns gegangen.»
    Einen Moment lang rührte sich Marty nicht, blinzelte nicht
    einmal. Dann rieb er sich mit dem Handballen heftig die Stirn, als könne er so die Nachricht besser verdauen. «Wie bitte?», flüsterte er.
    «Morey ist tot?»
    Der junge Mann presste die Lippen aufeinander und blickte
    betreten zu Boden. Er gab sich alle Mühe, nicht in Tränen
    auszubrechen, und er stieg um einiges in Martys Achtung, obwohl er jeden Satz mit einem Fragezeichen abschloss. Jeder, der Morey so
    sehr mochte, dass er um seinetwillen Tränen vergoss, konnte so übel nicht sein.
    «Er wurde erschossen, Mr. Pullman. Jemand hat Mr. Gilbert
    erschossen.»
    Marty sagte nichts, aber er spürte, wie das Blut aus seinem
    Gesicht wich, als hätte jemand den Stöpsel gezogen. Er sackte
    seitlich am Rahmen der Badezimmertür zusammen, froh
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