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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder
Autoren: P.J. Tracy
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für den Wettbewerb um den «Schönsten Garten» der Twin Cities im
    nächsten Monat sicher war. Wenn Jim jedoch darauf aus war, an
    Magozzis Ehrgefühl als Haus- und Gartenbesitzer zu appellieren,
    brauchte er sich keine Hoffnungen zu machen.
    Leo Magozzi blickte über seinen dürftigen Garten, der diesen
    Namen kaum verdiente – zwei Pfützen, die vom Regen der letzten
    Nacht übrig geblieben waren, einige tapfere Stängel Löwenzahn und ein paar Stechfichten in diversen Phasen des Absterbens.
    Gelegentlich überkam ihn eine flüchtige Erinnerung daran, wie es
    hier vor der Scheidung ausgesehen hatte. Überall Blumen,
    Wiesenrispengras in Hab-Acht-Stellung und Heather jeden Tag
    draußen mit scharfen Werkzeugen und so strenger Miene, dass sich
    die Pflanzen verschreckt unterwarfen. Sie hatte sich sehr gut darauf verstanden, ihre Umgebung bis zur Unterwerfung zu verschrecken –
    unbestreitbar hatte das auch bei ihm funktioniert, und er war
    bewaffnet gewesen.
    Er war bei seinem zweiten Becher Kaffee und hatte fast den
    Sportteil erreicht, als ein Volvo Kombi in die Auffahrt bog. Gino Rolseth sprang heraus. Er schleppte eine riesige Kühlbox und einen Beutel Kingsford-Grillkohle mit sich. Sein Bauchumfang stellte die großzügigen Maße eines Tommy-Bahama-Hemds auf eine harte
    Probe, und aus gruselig bunt karierten Bermudashorts ragten seine stämmigen Beine hervor.
    «He, Leo!» Schwerfällig erklomm er die Veranda und setzte die
    Kühlbox ab. «Die Geschenke, die ich bringe, sind Fleisch von
    Rindern und fermentiertes Getreide.»
    Magozzi hob eine dunkle Augenbraue. «Um acht Uhr morgens?
    Darf ich daraus schließen, dass Angela dich Versager endlich
    rausgeschmissen hat und ich sie anrufen kann, um ihr einen Antrag zu machen?»
    «Das hättest du wohl gerne. Ich bin aus reiner Wohltätigkeit hier.
    Angelas Verwandte haben sie und die Kinder zu irgend so 'ner
    Handwerkssache in der Maplewood Mall mitgenommen. Ich habe
    also einen freien Sonntag und mir gedacht, ich bringe ein bisschen Schwung in dein so genanntes Leben.»
    Magozzi stand auf und sah in die Kühlbox. «Was ist das, eine
    Handwerkssache?»
    «Du weißt schon, diese Buden und Stände, wo die Leute aus
    alten Einkaufsbeuteln Häuser basteln.»
    Magozzi kramte in der Kühlbox und zog eine Packung feister
    weißgrauer Würstchen hervor, die ziemlich fies aussahen. «Was sind denn das für Dinger? Die sehen aus wie deine Beine.»
    «Das sind frische Würstchen, extra aus Milwaukee importiert, du
    Banause. Wo steht dein Grill?»
    Magozzi deutete auf einen rostigen alten Weber-Grill, der in
    einer Ecke der Veranda stand.
    Gino stieß ihn leicht mit dem Fuß an. Der Grill brach in sich
    zusammen. «Da brauchen wir wohl Klebeband.»
    Magozzi hob ein dunkel orangefarbenes und dubios aussehendes
    Stück Käse aus der Box. «Zwölf Jahre alter Cheddar? Ist so was
    nicht verboten?»
    Gino grinste. «Bei dem werden dir die Freudentränen kommen,
    das verspreche ich dir. Habe ihn bei einem tollen kleinen Käsehöker in Door County bekommen. Jemand hat einen ganzen Laib im Keller
    vergessen und ihn erst zwölf Jahre später gefunden, bedeckt von gut dreißig Zentimeter Schimmel.
    Nirwana, mein Freund. Das reine Nirwana. Ist doch erstaunlich,
    was eine Kuh und ein paar Bakterien zustande bringen.»
    Magozzi schnupperte daran und verzog das Gesicht. «Ja, klar.
    Immer wenn ich eine Kuh sehe, denke ich: He, wär's nicht toll, ein paar Bakterien aufzutun und so richtig was aus ihr zu machen.
    Warum hast du denn einen Aktenordner in der Kühlbox?»
    «Ist 'n kalter Fall.»
    «Sehr witzig.»
    Gino hob den Grill an, und in einer Wolke aus Roststaub fiel ein
    weiteres Bein ab. «Dieser ist von vierundneunzig. Dachte, wir
    können nachher mal 'nen Blick drauf werfen. Damit wir, falls in
    dieser Stadt jemals wieder ein Mord verübt wird, nicht ganz aus der Übung sind. Kannst du dich erinnern, je von dem Valensky-Fall
    gehört zu haben?»
    Magozzi setzt sich auf die Liege und öffnete den Aktenordner.
    «Irgendwie ja. Der Klempner, stimmt's?»
    «Genau der. Von sieben Schüssen getroffen. Drei davon an
    Stellen, die ich mir gar nicht vorstellen mag.»
    «Klempner verlangen zu hohe Preise.»
    «Wem sagst du das? Aber davon abgesehen war dieser Typ so
    gut wie reif für eine Heiligsprechung. Ein Polacke, der es schaffte, den Krieg heil zu überstehen, dann in die guten, alten Vereinigten Staaten auswanderte, eine Firma gründete, heiratete und drei Kinder zeugte. Er war Diakon
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